Gauts Geister 4 - Ehrengarde
war immer noch
da.
Er schob seine zitternde Hand
in die Jackentasche, um sie zu verbergen, und stieg auf den Chimäre.
Über Bhavnager graute der
Morgen, während strömender Regen in Trauer auf das rauchende Schlachtfeld
niederging.
Gaunt, der früh in seinem Zelt
aufwachte, sprang plötzlich auf und erinnerte sich dann, dass die Schlacht
vorbei war. Er setzte sich auf die lohfarbene Zeltleinwand seines Klappstuhls
und seufzte.
Eine halb leere Flasche Amasec stand
auf dem Kartentisch in der Nähe. Er griff danach, besann sich dann aber eines
Besseren.
Hinter seinem Zelt hörte er das
Röhren von Panzermotoren, die von den Techpriestern überholt wurden. Er hörte
das Scheppern der Tanker, da die Transporter mit Treibstoff versorgt wurden. Er
hörte das Jaulen von Winden, da die Magazine der Panzer aufgefüllt wurden. Und er
hörte das Stöhnen der Verwundeten in Curths provisorischem Lazarett. Kom-Offizier
Beltayn schob vorsichtig den Kopf durch die Zeltflügel. »Null fünfhundert,
Kommissar«, sagte er.
Gaunt nickte zerstreut. Er
stand auf, zog sich die mit Blut, Öl und Ruß verschmierte Weste aus und
ersetzte sie durch eine frische. Die Hosenträger seiner Uniformhose baumelten
locker um die Hüften, während er sich mit einer Hand voll Wasser aus dem Krug
das Gesicht wusch und dann die Träger hochstreifte, ein Hemd anzog und sich
seine schwarze Husarenjacke mit den Goldknopfreihen und Schnürverschlüssen
überwarf.
Bhavnager. Was für ein Sieg.
Was für ein Verlust.
Er war immer noch zittrig vom
Kampf, vom abebben den Adrenalin und von der Erschöpfung.
Er hatte ungefähr drei Stunden
geschlafen, und das unruhig.
Verrückte Träume, verwirrte
Träume, Träume, die durch extreme Erschöpfung und die Erinnerungen an das
Durchgemachte zustande kamen.
Er hatte sich auf einem
schmalen Grat aus Eis gesehen, die Welt tief unter sich, wo er sich
festgekrallt hatte, kurz vor dem Absturz, während rings um ihn Feuerstürme tobten.
Sergeant Baffels war aufgetaucht,
lebendig und unversehrt. Er hatte auf dem Eisgrat gestanden und Gaunts Hände
gepackt. Dann hatte er Gaunt auf festen Boden gezogen.
»Baffels ...«, hatte er bis ins
Mark erstarrt herausgebracht.
Baffels hatte gelächelt, kurz
bevor er verschwand.
»Sabbatmärtyrer«, hatte er
gesagt.
Gaunt nahm die Flasche und goss
einen ordentlichen Schluck in sein schmutziges Schnapsglas. Er stürzte das
Getränk herunter.
»Jetzt werde ich schon von den
Geistern der Geister heimgesucht«, murmelte er bei sich.
Unter Koleas Aufsicht begrub
die Ehrengarde ihre Toten fast zweihundert in einem Massengrab neben dem Tempel
in Bhavnager. Die Trojaner hätten die Grube ausheben können, aber diese
ehrenvolle Aufgabe übernahmen die Pardus-Eroberer Altes Strontium , Blast
zum Rückzug , P48J und Herz der Zerstörung mit ihren
Räumschaufeln, obwohl die Besatzungen halb tot vor Erschöpfung waren. Ayatani
Zweil konnte dazu bewegt werden, die Totenmesse zu lesen. Die Geister pflanzten
pflichtgemäß kleine Kreuze aus Ghylumholz in Reihen in die aufgeworfene Erde,
eines für jeden Toten, der darunter schlief.
Der Tag begann warm, schwül und
vollkommen verregnet. Gaunt wusste, dass eine Einheit Wochen brauchte, um sich
vom Schock eines derart brutalen Gefechts zu erholen, aber er hatte keine
Wochen.
Er hatte kaum Tage.
Um neun Uhr früh rief er die
Ehrengarde für eine einstündige Ansprache zusammen und schickte dann die Vorausabteilung
in den Regenwald oberhalb der Stadt. Obschon müde, schienen die Männer unter
seinem Kommando generell in guter Stimmung zu sein. Das war die Folge des
klaren Sieges unter schlechten Bedingungen, ungeachtet der Toten. Die Pardus
waren ernster als die Geister. Sie schienen mehr den Verlust der geliebten
Panzer zu betrauern als die Männer.
Gaunt schritt über den
Marktplatz und blieb vor einem kleinen Holzgeschäft stehen, wo die Soldaten
Cocoer, Waed und Garond den Infardi-Offizier bewachten, den Bonins Trupp in der
Nacht zuvor gefangen genommen hatte. Kein anderer Infardi war lebendig gefangen
worden. Gaunt nahm an, es lag daran, dass die Infardi ihre Verwundeten
mitnahmen oder töteten.
Das widerliche tätowierte Wesen
war im hinteren Teil des Schuppens angekettet wie ein wildes Tier. »Haben wir
irgendwas von ihm erfahren?«
»Nein, Kommissar«, sagte Waed.
Rawne und Feygor hatten noch in
der Nacht, gleich nach dem Kampf, einen ersten Verhörversuch unternommen, aber
der Gefangene hatte nichts
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