Gebannt: Band 3 (German Edition)
was man hat, wenn man es verliert.«
Ich musste meinen Blick abwenden. Ich spürte die Spur eines intensiven Gefühls, von dem ich mir sicher war, dass er es nicht hatte preisgeben wollen.
» Jedenfalls«, sagte er und kam zurück von wo immer er gerade gewesen war und schloss was immer für eine Tür da gerade aufgeweht worden war. » Ich war damals ein anderer Verbannter. Verwirrt. Ich stelle meinen Platz nicht länger in Frage.«
» Ein wenig spät im Leben, um Mamas Anerkennung zu suchen, nicht wahr?«
» Vorsicht …«, flüsterte mir Lincoln ins Ohr.
Phoenix’ Gesicht wurde hart – es zeigte eine Furcht einflößende Entschlossenheit, die jeden Zweifel bei mir ausschloss. Er würde vor nichts haltmachen, wenn es darum ging, Lilith zurückzuholen.
Mein Blick huschte zu Steph, die angefangen hatte zu sabbern. Ich fragte mich, ob der Schlafzustand, in den Phoenix sie versetzt hatte, ihr schaden würde, wenn sie noch länger darin verharrte.
» Lass es uns hinter uns bringen«, sagte ich.
Er machte eine Kopfbewegung in Richtung meines Rucksacks. » Ist sie da drin?« Er war jetzt angespannt.
Ich schüttelte den Kopf. » Sie ist in meiner Jacke.«
Ich begann, den Reißverschluss aufzumachen, aber er ergrif f meine Handgelenke.
» Au!«, sagte ich, noch bevor ich mich zurückhalten konnte. Aber ich erholte mich rasch, drehte meine Hände, um sie seinem Grif f zu entwinden, konnte aber nur eine frei bekommen. Mein rechtes Handgelenk – das, das in Jordanien in den Kelch geblutet hatte – umklammerte er weiterhin. Dann schob er meine Armreifen nach oben und fuhr mit dem Daumen fest über die schwache Narbe, die dort zurückgeblieben war. Ich wusste nicht, warum sie nicht vollständig verheilt war – vielleicht wollte ich das gar nicht wirklich. Sie war eine Art Mahnung. Ich zog meinen Arm wieder von ihm weg, und dieses Mal ließ er mich frei, sodass ich aufstehen konnte.
» Violet? Ist alles okay?« Lincoln sprach mir eindringlich ins Ohr.
» Was zum Teufel soll das?«, fauchte ich Phoenix an, wobei ich die Stimme senkte. Die Leute schauten schon her.
» Setz dich«, sagte er mit distanzierter Stimme.
Ich setzte mich, schob aber den Stuhl zurück, um den Abstand zwischen uns zu vergrößern.
» Ich bin nicht dumm, Violet. Ich lasse dich nicht in deinen Mantel greifen, um etwas herauszuholen, was ich nicht sehen kann. Ich habe um das Café herum Verbannte postiert. Einer ist au f dem Dach und der andere beobachtet uns durch das hintere Fenster.«
Das war beides nicht gelogen.
Er seufzte, aber ich konnte sehen, dass er alles in allem nicht besonders beunruhigt war. » Wenn du etwas aus deiner Jacke ziehst, werden sie hereinkommen. Wenn dieser Austausch stattfinden soll, dann öffne ich deine Jacke und hole die Schrift heraus.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
Himmel.
» Violet, hör mir zu, er spielt mit dir. Wenn er dich erst mal berührt, hat er die ganze Macht. Lass das nicht zu«, sagte Lincoln hastig.
» Versprich mir, dass du sie frei lässt und dass sie gehen darf, sobald du die Schrift hast«, stieß ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. » In dieser Reihenfolge, und dann verschwindest du durch die Hintertür«, fügte ich hinzu, weil ich Lincoln einen Hinweis darau f geben wollte, welchen Bereich wir abdecken mussten. Mit ein wenig Glück würden sie ihn ausschalten, wenn er hinausging.
» Ganz wie du willst.«
» Wie schön, dass du au f mich hörst«, sagte Lincoln, er klang wütend.
Oh, na ja, mit ihm würde ich mich später herumschlagen.
Phoenix beugte sich vor. » Du wirst ein bisschen näher kommen müssen, Liebling.«
Ich konnte fast hören, wie Lincoln am anderen Ende vor Wut schäumte.
Unbedingt merken: Nächstes Mal Griffin mithören lassen.
Ich rückte au f meinem Stuhl näher.
» Hände au f den Tisch«, sagte Phoenix, der es sichtlich genoss.
» Beeil dich einfach«, sagte ich, weil ich mir ins Gedächtnis rief, dass ich das konnte, weil ich es für Steph tat. Ich machte meinen Kop f frei und konzentrierte mich darauf, meine Schutzfunktionen aufrecht zu erhalten.
Phoenix machte langsam den Reißverschluss meiner Jacke auf.
» Ich erinnere mich daran, dass du es nicht magst, wenn es zu schnell geht.«
Ich erwiderte nichts. Ich sah ihn nicht einmal an. Was er nicht wusste: Dieses Verhalten rie f nur Erinnerungen hervor, die meinen Hass ihm gegenüber nährten. Das heißt, bis seine Hände in meine Jacke glitten und ich die vertrauten
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