Gebannt - Unter Fremdem Himmel
sich eigentlich gar nicht nach ihrem Zustand erkundigen. Natürlich ging es ihr nicht gut! Er wollte vielmehr wissen, ob das gemeinsam ihr noch etwas bedeutete. Denn egal wie verwirrt, bekümmert und wütend er auch sein mochte – für ihn bedeutete es immer noch sehr viel.
Aria schaute auf und nickte, und er begriff, dass sie genauso fühlte: Was auch immer ihnen bevorstand, sie würden es gemeinsam durchstehen.
Seine Hand besaß inzwischen wieder etwas Ähnlichkeit mit einer normalen Hand: Die Schwellung war zurückgegangen, die Blasen hatten sich geglättet. Am meisten Sorgen bereiteten ihm die Handflächen, die zerfurcht und dunkel aussahen, doch er konnte die Finger wieder bewegen, und das war die Hauptsache. Das kalte Gel, das Aria auf die verbrannte Haut auftrug, ließ ihn niesen, und die Kühle, die tief in seine Fingerknöchel drang, bewirkte, dass ihm erneut der Schweiß ausbrach. Es war seltsam, auf einem Satinsofa zu sitzen und dabei unkontrolliert zu schwitzen – ein Zustand, der ihm nicht behagte.
Während Aria seine Hand mit einem neuen weichen Verband versah, kam Marron zu ihnen herüber. Er machte Anstalten, ihm das Smarteye anzulegen, reichte es dann jedoch Aria. »Vielleicht solltest du das lieber übernehmen.«
Erst Rose. Jetzt Marron. Alle wussten offenbar, dass man ihn am besten über Aria erreichen konnte. Perry fragte sich, was er getan hatte, dass diese Botschaft so deutlich im Raum stand. Nachdem er sein Leben lang die Gefühle anderer Menschen wahrnahm – wie konnte er selbst so schlecht darin sein, seine eigenen zu verbergen?
Aria nahm das Gerät an sich. »Als Erstes machen wir die Biotech … legen dir das Smarteye an. Du wirst einen Druck verspüren, so als sauge es deine Haut an. Aber dann lässt der Druck nach, und die innere Membran wird weicher. Wenn das geschieht, kannst du wieder ganz normal blinzeln.«
Perry nickte knapp. »Okay. Druck. Kann ja nicht so schlimm sein.«
Oder doch?
Als Aria die durchsichtige Klappe vor sein linkes Auge führte, hielt er den Atem an und grub seine Finger in die weiche Armlehne des Sofas, bemüht nicht zu blinzeln.
»Du kannst die Augen zumachen. Dann ist es wahrscheinlich leichter«, erklärte Aria.
Als er die Lider schloss, sah er Sterne vor den Augen und wusste, dass er jeden Moment das Bewusstsein verlieren würde.
»Peregrine.« Aria legte ihm die Hand auf den Unterarm. »Ist schon in Ordnung.«
Er konzentrierte sich auf die Berührung ihrer kühlen Haut, stellte sich ihre feingliedrigen, blassen Finger vor. Als der Druck einsetzte, hielt Perry den Atem an. Die Kraft erinnerte ihn an einen Sog, der sich zunächst erträglich anfühlte, dann aber immer stärker wurde, bis man fürchten musste, mitgerissen zu werden. Kurz vor der Schmerzgrenze ließ der Druck jedoch plötzlich nach, und Perry schnappte keuchend nach Luft.
Langsam öffnete er die Lider und blinzelte ein paarmal. Das Smarteye auf seinem Auge fühlte sich an, als würde er mit nur einem Schuh laufen: Empfindung und Beweglichkeit auf der einen Seite, während die andere Seite unter einem schweren Schutzschild lag. Zwar konnte er durch die Augenklappe deutlich sehen, bemerkte aber Unterschiede: Die Farben waren zu leuchtend. Den Gegenständen schien die Tiefe zu fehlen. Er schüttelte den Kopf und biss die Zähne zusammen – das zusätzliche Gewicht auf seinem Gesicht war unangenehm. »Und was jetzt?«
»Einen Moment noch.« Marron klapperte auf der Tastatur herum, während Roar ihm über die Schulter schaute.
»Als Erstes besuchen wir eine Wald-Welt«, erklärte Aria ihm. »Dort wird niemand sein außer uns, und du hast etwas Zeit zur Eingewöhnung. Wenn du erst einmal in den Forschungs-Welten des ZGB bist, darfst du keine Aufmerksamkeit auf dich lenken, und wir werden schnell sein müssen. Während du dich an die Bilokalisation gewöhnst, wird Marron überprüfen, ob die Verbindung mit Bliss wieder steht. Er wird die Navigation für dich übernehmen. Alles, was du siehst, sehen wir auch hier auf dem Wandbildschirm.«
Perry schossen zehn Fragen gleichzeitig durch den Kopf, doch er vergaß sie allesamt, als Aria lächelte und meinte: »Hübsch siehst du aus.«
»Was?« Über eine Bemerkung wie diese konnte er jetzt nicht nachdenken.
»Fertig, Peregrine?«, fragte Marron.
»Ja«, erwiderte er, obwohl alles in ihm Nein schrie.
Ein heißes Brennen lief ihm das Rückgrat hinauf, dann über die Kopfhaut und endete mit einer Explosion in seiner Nase. Zu seiner
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