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Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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hielt den Kopf gesenkt und beobachtete die dunklen Flecken, die seine Tränen auf seiner Lederhose verursachten. Er wollte Aria bitten, zu singen. Er erinnerte sich an ihre Stimme und daran, wie diese ihn mitgerissen und scheinbar an einen anderen Ort versetzt hatte. Aber er konnte die Worte nicht über die Lippen bringen. Dann setzte jedoch die Wirkung des Lusters ein und rettete ihn, dämpfte den Schmerz zumindest teilweise. Perry wischte sich die Tränen von der Wange, rappelte sich auf und stand schwankend auf unsicheren Beinen.
    Aria umwickelte sein Handgelenk mit dem langen Streifen Gaze und flocht diese dann um seine Hand und seine Finger. Ruhig und konzentriert. Er beobachtete sie, während er tiefer, immer tiefer in den betäubenden Nebel des Lusters versank.
    Sie berührte ihn. Er fragte sich, ob auch ihr das bewusst war.
    »Bist du schon mal jemandem wie ihm begegnet?«, fragte sie.
    »Nein, so was hab ich noch nie gesehen«, lallte Perry. Cinder. Ein Junge mit Äther im Blut. Er fragte sich, wie das überhaupt möglich war, aber es ließ sich schlecht leugnen: Der Beweis dafür überflutete ihn schließlich gerade in quälenden Wogen. Wie viele Male hatte er hinaufgeschaut und sich mit dem Himmel verbunden gefühlt? Als wäre dieser nicht nur eine weit entfernte Macht. Als ob seine eigenen Kräfte mit dem Äther anstiegen und abebbten. Er hätte seinem siebten Sinn trauen sollen: Cinder löste das gleiche Brennen in seiner Nase aus wie der Äther. Und er hatte gewusst, dass der Junge etwas verbarg.
    »Ich wollte doch nur helfen … Je mehr ich aufzuholen versuche, desto weiter falle ich zurück.« Die Worte rutschten ihm über die Lippen, schwerfällig, aber wahr.
    Aria schaute von seiner Hand auf. »Was hast du gesagt?«
    Ihr Gesicht verschwamm vor seinen Augen, bis es ihm endlich gelang, seinen Blick auf sie zu konzentrieren. »Nichts. Nichts. Nur Blödsinn.«
    Als Roar zurückkehrte, trug er Cinder im Jägergriff um den Hals, die Beine des Jungen zur einen Seite, die Arme zur anderen.
    »Ist er tot?«, stieß Perry hervor, wobei die Worte zu einem einzigen Laut miteinander verschmolzen.
    »Leider nicht«, erwiderte Roar außer Atem.
    In dem Moment, als Roar den Jungen absetzte, rollte der sich auch schon zusammen. Er zitterte noch heftiger als zuvor und drehte das Gesicht zu Boden. Perry erkannte runde, kahle Stellen auf seinem Kopf, wo die Haut vorher noch nicht zu sehen gewesen war, und seine stark verkohlte Kleidung fiel ihm fast vom Körper.
    »Wir müssen ihn zurücklassen, Perry. Er ist zu schwach.«
    »Das dürfen wir nicht.«
    »Schau ihn dir an, Peregrine. Er kann kaum den Kopf heben.«
    »Die Kräher werden hier vorbeikommen.« Perry biss die Zähne zusammen, während er Sterne vor den Augen sah. Nicht reden , ermahnte er sich. Kaum bewegen. Nur atmen.
    Aria hüllte Cinder in eine Decke. Sie beugte sich vor. »Liegt es am Äther?«
    Perry schaute hoch. Der Äther wirkte wieder weit entfernt und verblasst, zerstreute Wolkenfetzen, genau wie zu Beginn des Tages. Perry hatte solche Schmerzen, dass ihm dies nicht aufgefallen war. Dann bemerkte er, dass das Stechen in seiner Nase ebenfalls nachgelassen hatte, eigentlich kaum noch wahrzunehmen war. Cinder musste mit den Äthertiden verbunden sein.
    »Geht einfach weg«, krächzte Cinder.
    »Hör auf ihn, Perry. Es ist noch eine weite Strecke zu Marron, und wir haben zwanzig Krähenmänner auf den Fersen. Willst du wirklich unser Leben für diesen Feuerteufel aufs Spiel setzen?«
    Perry besaß nicht mehr die Kraft zum Streiten. Er rappelte sich auf und konzentrierte sich darauf, nicht allzu stark zu schwanken. »Ich werde ihn tragen.«
    »Du?« Roar schüttelte den Kopf und stieß ein trockenes Lachen aus. »Cinder ist nicht Talon, Perry!«
    Perry hätte ihn am liebsten geschlagen. Er versuchte auf Roar loszugehen, taumelte jedoch zur Seite. Aria sprang auf und machte einen Satz auf ihn zu, doch es gelang ihm, das Gleichgewicht zu bewahren. Einen Moment lang starrte er in ihre Augen. Sah ihre Sorge.
    Aria wandte sich Roar zu. »Er hat recht, Roar. Wir können ihn nicht einfach hier zurücklassen. Und je länger wir uns streiten, desto mehr Zeit vergeuden wir.«
    Roar schaute von Aria zu Perry. »Ich kann nicht glauben, dass ich das hier tue«, knurrte er, marschierte zu Cinder und hievte sich den Jungen unsanft auf die Schultern. Dann wandte er sich dem Berg zu und setzte sich in Bewegung, heftig fluchend.
    Sie hielten sich nun dicht beieinander.

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