Gebieter der Dunkelheit
damit gemeint waren, stand zweifelsohne fest. Welchen Zweck erfüllte die Namensverfremdung? Damit niemand außer ihm wusste, wer damit gemeint war?
Der Text darunter war nicht weniger suspekt. Sam hatte begonnen, das erotische Spiel zwischen Naomis Cousin und seiner Freundin aufzuschreiben, so lange die Erinnerung noch frisch war, und zwar en detail. Er hatte sich dabei nicht nur auf die erotischen Komponenten beschränkt, sondern hatte sich sogar Notizen zu den Reaktionen der beiden gemacht und somit sowohl die sexuelle Handlung als auch die Gefühle seziert. Wie ein Wissenschaftler, der seine Probanden mit messerscharfem Blick beobachtet und eine Verhaltensanalyse erstellt. Oder wie ein Reporter, für den jede schockierende Einzelheit mehr Dollars bedeutet.
Die ersten Seiten des Ringblocks waren herausgerissen worden, die restlichen Seiten leer. Doch als sie den Block drehte und wendete, fiel ein Klebezettel heraus. Nervös hob sie ihn auf. Mit jeder Zeile, die sie las, zitterte ihre Hand mehr:
Carol und William in eindeutiger Pose ablichten
Jillian verführen, wertvolle Interna preiszugeben
Chad dazu bringen, die Hosen runterzulassen.
Bohren, bis die ganze Wahrheit auf dem Tisch liegt!
Schockiert starrte Naomi auf die Vermerke. Diesmal waren keine Namen verfremdet. Samuel hatte eindeutig ihre Verwandten auf dem Kieker, daran gab es keinen Zweifel. Und es ging jedes Mal um Sex. Ihre Tante und ihren Onkel wollte er in flagranti erwischen und bei ihrer Cousine und ihrem Cousin plante er, nachzuhelfen.
Dieser Schweinehund hatte vor, die Familie Brookstone ans Messer zu liefern!
Wahrscheinlich hatte er auf den herausgerissenen Seiten die erotischen Eskapaden anderer Familienmitglieder notiert und versteckte sie irgendwo. Naomi erinnerte sich an seine Abwesenheit beim Dinner, angeblich weil er einen Termin in der Stadt gehabt hatte. Hatte er seine Berichte einem Verleger geschickt oder sogar bei einem Anwalt hinterlegt?
Angewidert rümpfte Naomi die Nase. Und sie dumme Kuh war noch eifersüchtig gewesen, weil sie vermutet hatte, er würde den roten Tanga seiner Besitzerin zurückbringen. Aber Rachel wohnte auf Maroon und hatte ihr Höschen erst in dieser Nacht wieder an sich genommen. War Naomi hinter den wahren Grund von Sams Termin gekommen?
»Mir würde so einiges einfallen, was ich mit einer Spionin anstellen könnte.«
Erschrocken drehte sich Naomi um. Samuel stand in der Terrassentür und schwenkte ein Glas Weißwein. Über den Rand des Weinglases hinweg taxierte er sie mit einem düsteren Blick.
Das lüsterne Funkeln musste sie sich einbilden. Wie selbstherrlich er aussah! Aufbrausend warf sie ihm den Block vor die Füße. Der Klebezettel schwebte zu Boden und landete im Blumenbeet. »Das Spiel ist aus! Ich habe Ihre Machenschaften aufgedeckt.«
Er trank einen Schluck und hob den Spiralblock auf. »Klingt interessant, auch wenn ich nicht weiß, wovon Sie sprechen.«
»Sie schreiben an einem Enthüllungsbericht über meine Familie … oder … oder sogar ein ganzes Buch. Ist es ein Buch? Nun reden Sie schon!« Seine Gelassenheit war der Zündstoff für ihre Wut. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper. Wie abgebrüht er war!
In Seelenruhe ging er an ihr vorbei – ein amüsiertes Lächeln huschte über sein Gesicht, als sie vor ihm zurückwich – und legte den Block auf den Tisch.
»Wer mit Raquel und Chase gemeint ist, liegt auf der Hand. Ich habe sie beo…« Sie errötete heftig und schluckte den Rest des Satzes herunter. »Wo sind die Seiten, die Sie herausgerissen haben? Da stehen doch sicher die …«, sie zögerte und schluckte schwer, »die Sexeskapaden der anderen drauf. Ich will sie haben!«
»Der anderen?« Er horchte auf. »Wen meinen Sie genau? Erzählen Sie mir mehr.«
Plappermaul, schimpfte Naomi mit sich selbst, aber sie konnte nicht verhindern, dass die Worte aufgeregt aus ihr heraussprudelten: »Ich weiß längst, dass Sie ein schmieriger Reporter der Regenbogenpresse sind. Aber ich lasse nicht zu, dass Sie meine Verwandten zerstören, nur um sich zu bereichern. Die Familie Brookstone gehört zu den Gründungsfamilien des Napa Valleys und hat einen Ruf zu verlieren. Ein Sexskandal würde die Maroon Winery empfindlich schädigen, eventuell sogar ruinieren.«
»Und das werden Sie nicht zulassen?«
»Auf keinen Fall!«
»Wenn das so ist«, er lehnte sich gegen den Tisch und nippte an seinem Wein. »Wie wollen Sie mein Stillschweigen erreichen? Was sind Sie bereit dafür zu tun,
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