Gebieter der Träume
willst … mit Schokolade.«
Geary schüttelte den Kopf, als sie über alles nachdachte, was sie in den letzten vierundzwanzig Stunden erlebt hatte. Sie hätte eigentlich entsetzt sein müssen, und auf eine gewisse Weise war sie das auch. Aber auf eine andere Art war sie tatsächlich erleichtert, dass er ein Gott in der menschlichen Sphäre war. Zumindest verstand sie nun einen Teil von dem, was ihr zugestoßen war.
Obwohl es das nicht besser machte, trug die Erklärung doch einiges dazu bei, ihre geistige Gesundheit zu retten.
Sie trat einen Schritt von ihm weg. »Ich begreife das alles einfach nicht. Wie hast du mich das erste Mal in meinen Träumen gefunden?«
Er nahm ihre Hand und hielt sie fest, während er es ihr erklärte: »Dort, wo ich lebe, haben wir Räume, die wie Einstiegsschächte sind. Wir müssen sie nicht benutzen, aber sie machen uns die Verbindung zu den Menschen ein bisschen leichter – sie können unsere Kräfte verstärken, und es ist ein Ort, an dem wir ungestört ruhen können. Das einzige Manko ist, dass die Kräfte, die über uns wachen, es dadurch einfacher haben. Immer wenn wir im strobilos sind, schweben wir umher und gleiten in Träume hinein und wieder heraus. Wenn wir jemanden finden, der einen lebhaften Traum hat, werden wir zu ihm hingezogen.«
»Und du bist zu meinem Traum hingezogen worden.«
Er nickte.
Unglaublich. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie so etwas tun könnte – Leute auszuspionieren und in ihre Träume hineinzusehen. »Wie ist das, wenn man in einem Traum von jemand anderem ist?«
»Es ist, als ob man in Wackelpudding badet, irgendwie dick, und es kann manchmal überwältigend sein. Man weiß nie, was einem begegnen wird. Viele Skoti, die ich kenne, bevorzugen Albträume, weil sie davon einen Adrenalinstoß bekommen.«
Das klang nicht nach dem, was sie über die Oneroi gelesen hatte. »Nach allem, was ich weiß, heißt es, dass ihr euch einschaltet und die Träume beherrscht. Dass ihr sie verursacht.«
»Das war früher einmal so. Die Oneroi waren sehr gut darin, Träume zu erschaffen, und sie verwendeten sie, um sowohl die Götter als auch die Menschen zu manipulieren. Eines Tages hat einer von meinen Brüdern den Fehler begangen, Zeus eine Ziege begehren zu lassen … sexuell, meine ich. Es war als Scherz gedacht, er fand es lustig, er wollte den obersten Gott ein bisschen ärgern, da dieser ihn beleidigt hatte. Als Zeus wieder zur Besinnung gekommen war, war er so zornig, dass er uns von unseren hartnäckigen Freunden, den Dolophoni, verhaften und zu sich bringen ließ. Einige wenige von uns, darunter der Verantwortliche, wurden umgebracht. Eine andere Gruppe wurde schwer bestraft, und der Rest von uns wurde verflucht, sodass wir keine Gefühle irgendeiner Art mehr haben können.«
»Warum?«
»Ohne Ehrgeiz, Eifersucht, Humor und den Rest der emotionalen Klaviatur, dachte Zeus, würden wir uns nie wieder mit ihm oder einem der anderen Götter anlegen.«
Geary konnte diese Argumentation verstehen, aber es erschien ein bisschen zu grausam, jeden Einzelnen für die Handlungsweise eines Dummkopfs zu bestrafen. »Und, hat es funktioniert?«
»Nicht ganz. Ohne uns, die wir in den Träumen Regie geführt und Menschen inspiriert haben, fingen manche Menschen und andere Lebewesen an, den Verstand zu verlieren. Zeus begriff, dass wir gebraucht wurden, um aufgestaute Gefühle abzuleiten und um allen Lebewesen zu helfen, sodass sie entscheiden konnten, was sie sich in einer begrenzten Umgebung wünschten. Träume stellen ein notwendiges Ventil für jedermann dar. Also wurde den Oneroi auferlegt, anderen in deren Träumen zu helfen. Das funktionierte eine Zeit lang, bis wir merkten, dass wir im Zustand des Traumes wieder Emotionen hatten: Furcht, Liebe, Leidenschaft … sie waren alle da, und immer, wenn wir eine besondere Person fanden, waren die Gefühle besonders tief. Aber sobald wir die Welt des Traums verlassen, lösen sich die geborgten Gefühle in Luft auf, wir bleiben leer und kalt zurück.«
Sie konnte sehen, wohin das führte. »Also wurden manche von euch süchtig nach Emotionen. Wie bei einer Droge.«
Er nickte. »Diejenigen, die sie begehren, nennt man Skoti.«
Geary erinnerte sich, dass Zebulon Arik Skotos genannt hatte. »Ihr sagt das, als ob es etwas Schlechtes wäre.«
»In meiner Welt ist es das auch. Skoti gelten als unkontrollierbar, und wenn sie die Warnungen der Oneroi nicht befolgen, werden sie gejagt und schwer bestraft oder
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