Gebieter der Träume
getötet.«
Sie runzelte die Stirn. »Warum?«
»Die Götter fürchten uns, und daher wollen sie uns in jeder Weise kontrollieren.«
»Aber wenn ihr keine Gefühle habt, wie können euch die Strafen dann etwas anhaben?«
»Weil das die einzige Emotion ist, die uns geblieben ist.«
»Nein«, verbesserte sie ihn, »körperlicher Schmerz ist keine Emotion. Es ist eine biologische Antwort auf einen negativen Stimulus. Kein Wunder, dass ihr ihn noch immer habt.«
»Weißt du, die rationale Erklärung dafür hilft uns wirklich nicht weiter. Es ist verdammt beschissen, einer von uns zu sein.«
»Entschuldigung.« Geary streckte die Hand aus und strich ihm eine Locke aus der Stirn. Es war einfach unvorstellbar, dass er hier bei ihr und real war. Dass er aus Fleisch und Blut bestand und im Grunde genommen menschlich war. Wie merkwürdig!
Sie wusste nicht, ob sie ärgerlich sein oder sich geschmeichelt fühlen sollte oder beides, weil er hergekommen war, einzig und allein aus dem Grund, um sie zu treffen.
Sie fasste seine Hand fester. »Und was ist mit Solin? Ist er wirklich mit dir verwandt?«
»Ja. Er ist mein Cousin, aber wir Traumgötter betrachten uns als Brüder und Schwestern, egal, ob wir die gleichen Eltern haben oder nicht. Solins Vater war Phobetor, und seine Mutter war eine Menschenfrau. Bis er in die Pubertät kam und sich seine Kräfte zeigten, hat er nicht gewusst, dass er ein Halbgott ist. Dann hat seine Mutter ihn hinausgeworfen, und die Oneroi haben angefangen, Jagd auf ihn zu machen. Seitdem hasst er uns alle.«
Allmählich fing sie an, das Ganze zu verstehen. »Und deshalb hat er ursprünglich gesagt, er hätte keinen Bruder.«
»Ganz genau.«
Geary schwieg. Mein Gott, war das alles kompliziert. Wie konnte eine Frau, die einzig und allein ihren Familiennamen reinwaschen wollte, sich in einer solchen Situation wiederfinden? Es war wirklich unglaublich. »Und was bringt uns jetzt das Ganze?«
»Verwirrung?«
Sie lachte. »Du hast gar keine Ahnung, wie sehr.«
»Das ist richtig, ich habe nicht gewusst, was Verwirrung ist, bis ich zu Bewusstsein kam und im tiefen Wasser trieb.«
Sie lachte bei seiner Erinnerung daran, wie sie einander begegnet waren. »Weil du gerade so ehrlich bist – wie bist du eigentlich dorthin gekommen?«
»Durch Hades. Nachdem er mich zum Menschen gemacht hatte, warf er mich raus und hat mich dir in den Weg gelegt. Ich sollte wahrscheinlich dankbar sein, dass er mich nicht irgendwo auf einer stark befahrenen Straße unter einen LKW geworfen hat.«
Geary schüttelte über seinen Humor den Kopf. »Hades.« Sie wurde von bitterer Belustigung erfüllt. »Wenn ich daran denke, dass ich mich über meinen Vater lustig gemacht habe, weil er daran glaubte, dass die antiken Götter real waren! Ich dachte, er wäre verrückt, und habe ihm das mehr als ein Mal gesagt. Aber er hat immer darauf bestanden, dass sie gelebt haben mussten.« Sie seufzte, als sie sich daran erinnerte, wie ihr Vater die Götter und ihre Eigenarten beschrieben hatte. »Wie ist denn der alte Hades so?«
»Er ist ein mürrischer Mistkerl, der jeden hasst – mit Ausnahme von Persephone.«
Das ergab einen Sinn, sie war schließlich seine Frau. »Und wie ist sie?«
Ariks Gesichtszüge wurden weich. »Sie ist liebenswürdig und zierlich, klein und schüchtern. Sehr bescheiden. Sie erinnert mich tatsächlich sehr an deine Cousine Tory.«
»Ach wirklich?«
»Ja – und Thia gleicht der Göttin Artemis, bis hin zu ihrem roten Haar, ihrer Körpergröße, ihrer Eigensucht und ihrem zickigen Verhalten.«
Aus irgendeinem Grund überraschte das Geary nicht. »Aha. Und bin ich auch wie irgendeine Göttin?«
Er kniff die Augen zusammen, als ob er es sich durch den Kopf gehen ließe, bevor er eine Antwort gab. »Athene – aber sie hat schwarzes Haar und trägt normalerweise ihre kleine Eule auf der Schulter. Aber deine Eigenarten sind den ihren sehr ähnlich, und genau wie du lebt sie ein zölibatäres Leben.«
»Oh, vielen Dank!«
Er gab ihr einen Handkuss. Trotz ihres Ärgers wurde ihr bei dieser Geste warm ums Herz. »Es ist wahr, aber es ist schon in Ordnung so. Das mag ich an dir.«
»Ich bin sicher, du magst es nicht.«
Er umschloss ihr Gesicht mit den Händen und starrte sie an. »Megeara, an dir ist absolut gar nichts, was ich nicht leiden kann.«
»Kannst du das ehrlich so sagen?«
Er strich ihr mit den Daumen über die Wangen. »Na gut, es gefällt mir nicht, wenn du von mir weggehst, aber sonst
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