Gebieter des Sturms (German Edition)
grimmiges Lächeln in die von Halogenlampen erhellte Nacht. »Pia, du bist ein Miststück. Danke!«
Im Hintergrund rief Dragos: »Hey!«
»Beruhig dich, mein Großer«, sagte Pia mit gedämpfter Stimme. »Es war ein Kompliment. Jedenfalls glaube ich, dass es eins war.« Ihre Stimme war wieder ganz da. »Sonst noch was, Tiago?«
Er richtete den Blick wieder auf die Moteltür. »Nein.«
»Bitte ruf an, wenn wir noch irgendetwas tun können.«
»Natürlich.« Er legte auf und steckte das Handy in die Tasche.
Wenige Augenblicke später ging er vorsichtig ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich ab. Zu still. Hielt sie den Atem an? Er reckte den Hals, um die angespannten Muskeln zu lockern. Tolle Art, die Sache zu versemmeln, Dr. Tod.
Seine raubtierhaften Wyr-Augen gewöhnten sich schnell an die tiefere Dunkelheit, die drinnen herrschte. Das Zimmer war mit einem Kingsize-Bett und dem langweiligen, beigefarbenen Dekor ausgestattet, das sich in Motelzimmern im ganzen Land wiederholte. Außerdem war es ein Nichtraucherzimmer. Das hatte er ausdrücklich gewünscht. Niniane hatte sich mit dem Gesicht zur Wand unter der Bettdecke zusammengerollt, ihre kleine Gestalt war so nah an die Bettkannte gerutscht, dass sie so gerade nicht hinunterfiel. Fast war es, als wollte sie so weit wie möglich weg von ihm.
Er schüttelte den Kopf und verpasste sich einen kleinen mentalen Arschtritt. Dann ging er zum Bett hinüber, nahm seine auffälligsten Waffen ab und legte sie auf den Nachttisch, wobei er darauf achtete, seine Glock griffbereit zu haben. Die ganze Zeit über lauschte er.
Ja, Scheiße! Sie hielt definitiv den Atem an.
Seufzend ließ er sich auf der Bettdecke nieder. Sie lag auf ihrer gesunden Seite und schonte die linke, die mit der Stichwunde.
Sie fragte: »Hast du zu Hau… in New York angerufen?«
»Ja. Ich habe kurz mit Dragos und Pia gesprochen.«
Sie wandte den Kopf leicht in seine Richtung. »Ich mag Pia. Wir hatten nicht viel Zeit, uns kennenzulernen, aber ich werde sie trotzdem vermissen.«
»Sie mag dich auch«, sagte er. Vorsichtig rollte er sich um ihren kleinen, angespannten Körper und legte einen Arm um sie. Sie fing wieder an zu atmen. Es klang abgehackt und ungleichmäßig. Er bettete den Kopf auf seinen angewinkelten Arm und zog ihren Rücken an seine Brust.
Sie flüsterte: »Sei nicht nett zu mir.«
»Warum nicht?«, fragte er verwirrt. Hatte Pia ihm nicht gerade gesagt, er solle netter sein? Er steckte die Nase in ihr Haar. Sie hatte diese lächerlichen Rattenschwänzchen gelöst, und ihre Haare waren flaumig weich und offen. Sie rochen nach Zigaretten, Kräutershampoo und dem einzigartigen, femininen Duft, der so typisch für sie war, typisch Tricks. Niniane. Wie auch immer. Niniane war ein hübscher Name, fiel ihm auf. Er passte zu ihr.
»Wenn du nett bist, macht es das nur schwerer.«
Er dachte an ihren tränenreichen Abschied vor einigen Tagen und an die Runde inniger Umarmungen, mit denen sie jeden, ihn eingeschlossen, bedacht hatte, bevor sie zum Flughafen aufgebrochen war. Er dachte an die Siebzehnjährige, die alles verloren hatte, was ihr auf der Welt etwas bedeutete, und an die vielen Hindernisse, auf die ein kleines, verfolgtes Feenmädchen im Jahr 1809 gestoßen sein musste, das versuchte, von Adriyel sicher in sein Asyl im Wyr-Reich in New York zu gelangen.
Er dachte an das jüngste Attentat und daran, dass sie trotzdem bei den Dunklen Fae leben wollte, von denen einige womöglich immer noch vorhatten, sie zu töten. Und das alles nur, weil ein guter Machthaber um so vieles besser war, als zu riskieren, dass ein neuer Urien den Thron bestieg.
Am liebsten hätte er Urien noch einmal in Stücke gerissen.
Ihre Hand zuckte immer wieder. Er hob den Kopf. Nach einem Augenblick erkannte er, dass sie an den Ecken des Bettüberwurfs zupfte. Vorsichtig legte er seine Hand auf ihre, um die nervöse Bewegung zur Ruhe zu bringen. Ihre Finger fühlten sich klein und zierlich und kalt an. Sie versuchte, sich seiner Berührung zu entziehen, doch er ließ sie nicht los.
»Wie betrunken bist du jetzt?«, fragte er.
»Weiß nicht.« Sie schniefte. »Ich spüre meine Füße wieder. Meine Rippen tun weh. Ich glaube, nicht allzu sehr.«
Sie musste erschöpft sein. Er fand es schrecklich, dass sie Schmerzen hatte, und wollte ihr Medikamente geben, wusste aber nicht, was sie vertragen würde, nachdem sie so viel Wodka gekippt hatte. Er sagte: »Alles wird wieder in Ordnung kommen.«
Ihr Kopf
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