Gebieterin der Finsternis
hast du gewusst, wo ich bin?«, fragte Mac.
»Na, aus deinem Fan-Blog natürlich. MacTracker. Der wird täglich aktualisiert, manchmal sogar zweimal am Tag.«
Mac blinzelte. »Dein Dorf ist online?«
»Jap. Wir haben uns letztes Frühjahr eine Uplink-Satellitenverbindung besorgt, damit wir deine Welttournee mitverfolgen können. Und gestern stand drin, dass du nach dem letzten Konzert zu Kalen gereist bist, mitsamt Wegbeschreibung und allem.«
Verdammter Mist. Das erklärte die campierenden Fans am Strand. Nur wie kam der Blogger an seine Informationen?
»Natürlich habe ich Kalen eine E-Mail geschrieben«, fuhr Gilraen fort, »aber ich weiß ja, dass der Mann so gut wie nie in seinen Mail-Eingang guckt. Deshalb habe ich sicherheitshalber noch den Falken losgeschickt.«
»Sehr klug von dir.« Mac verdrängte seinen Zorn auf die lästigen Fans und konzentrierte sich auf Gilraen. »Wie geht es den Kleinen jetzt, vor allem Tamika? Eure Heilerin kümmert sich doch um sie, oder?«
»Ja, das macht sie. Die größeren Kinder erholen sich auch langsam, aber die kleine …« Der Blätterhut war inzwischen übel zerkrumpelt, und eine Träne kullerte über Gilraens ledrige Wange. »Ihr geht es sehr schlecht, Mac Lir. Ich fürchte … ich fürchte, sie stirbt.«
Macs Magen krampfte sich zusammen. »Nein. Ich bringe sie sofort nach Annwyn. Da wird sie wieder gesund.«
Gilraen schüttelte den Kopf. »Wir hätten sie schon zu den Pforten gebracht, wenn das ginge. Ihr Herz flattert wie Hummelflügel, und ihr Atem ist ganz schwach. Sie kann nirgends hingebracht werden.«
»Warum seid ihr nicht gleich mit ihr nach Annwyn gegangen, sobald ihr gemerkt habt, was passiert war?«
»Bis dahin war es schon zu spät. Der Zauber wirkte sehr schnell und traf uns vollkommen unvorbereitet. Wir dachten, dass so was gar nicht mehr geschehen könnte. Der Clan hat seit über einem Jahr keinen einzigen Dämon oder Oger gesehen.« Seine Falten links und rechts des Mundes vertieften sich. »Du hast uns gesagt, dass es außerhalb der Stadt wieder sicher für uns ist, Mac Lir. Wir waren so voller Hoffnung, als wir aufs Land zurückgingen.«
Der Vorwurf verfehlte seine Wirkung nicht, denn Mac fühlte sich wie der letzte Heuler. Fast ein Jahr lang war er durch die Weltgeschichte gereist, war aufgetreten, hatte seinen finsteren Gedanken nachgehangen und leeren Vergnügungen gefrönt. Wäre er zu Hause in den Highlands geblieben, hätte auf seine Leute aufgepasst, dann hätte er das Böse abwehren können, bevor es zuschlug.
Gilraen sagte, dass der Angreifer keine Spuren hinterlassen hatte. Und dennoch … Mac runzelte die Stirn. Elfen waren sehr gut darin, Magie zu erspüren; und Macs Sinne waren noch um ein Vielfaches schärfer. Er atmete tief ein. Ja, es lag ein Hauch von verbrauchter Todesmagie in der Luft, ein winziger, doch er war da.
Mac erkannte den säuerlichen Geruch wie von Milch, die in der Sonne gestanden hatte. Dieser Gestank herrschte nur dort, wo Todesmagie gewirkt wurde. Was Mac allerdings überraschte, war eine weitere Komponente … süßlich wie Flieder im Frühling, wie Lachen. Wie Lebensmagie.
Also das war nun wirklich seltsam.
Zum ersten Mal seit Monaten wurde Macs Neugier geweckt.
»Was ist los, Mac Lir?« Gilraens Flügel hoben sich und flatterten leicht. »Was fühlst du? Dämonen? Dunkelfeen?«
»Weder noch. Ich spüre einen Rest Todesmagie, ja, aber es sind auch noch Spuren von einem lebensmagischen Zauber in der Luft.«
»Todes- und Lebensmagie zusammen? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!«
»Stimmt, tut es nicht«, murmelte Mac. »Aber hier wurden eindeutig beide Magien gewirkt, und zwar von ein und demselben Wesen.«
»Von wem?«
»Höchstwahrscheinlich von einem Menschen. Die wenigsten nichtmenschlichen Arten können mit beiden Magien umgehen.« Und soweit er wusste, taten sie es nie gleichzeitig.
Gilraen knetete seinen malträtierten Hut noch heftiger, worauf ein Blatt sich löste und zu Boden schwebte. »Welcher Mensch tut einem Elfenkind denn so was an? Elfen sind doch ihre Glücksbringer.«
Was stimmte und die Situation umso befremdlicher machte. Mac rieb sich übers Gesicht und war für einen kurzen Moment erschrocken, als er Bartstoppeln fühlte. Sechs Monate zuvor hatte sich nach siebenhundert Jahren erstmals Bartwuchs eingestellt, und nicht zu knapp. Daran hatte er sich noch nicht recht gewöhnt. Er kam sich wie ein verdammter Werwolf bei Vollmond vor.
Die Wut in seinem Innern war der eines
Weitere Kostenlose Bücher