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Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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seiner Frau zu, wie sie bedächtig ihre Nudeln aß. Auf seinem Teller war nur noch eine braune Soßenpfütze übrig, darin lag eine zerknüllte Papierserviette. Keiner von beiden sagte ein Wort. Alex nahm sich vor, nie so zu enden.
    Es war schon seltsam, er wusste immer, wie er nicht werden wollte. Nicht wie die beiden, nicht wie sein Vater, nicht wie Salle, nicht wie dieser und jener. Wenn ihn jemand nach Vorbildern fragte, fielen ihm keine ein, nur abschreckende Beispiele. Seine Mutter nannte ihn deshalb ziellos, aber er war überzeugt, dass man seinen Weg durchs Leben auch gut finden konnte, indem man sich an denen orientierte, deren Beispiel einem Angst machte. So wie das Foto eines Raucherbeins auf der Zigarettenschachtel. Na gut, immer half das auch nicht, dachte er und tastete nach seinem Tabak. Nur um zu prüfen, dass er ihn nicht vergessen hatte.
    Kurz darauf tauchte Lisa auf, wieder hatte sie die Haare hochgesteckt, große silberne Kreolen baumelten neben ihrem Hals. Sie trug einen schmal geschnittenen schwarzen Rock mit Schlitz, der eine Handbreit über dem Knie endete, und ein enges schwarzes Top. Ein Kribbeln überlief Alex, Glück und Erregung, er hätte am liebsten jubelnd die Faust geballt. So zog sich eine Frau nicht an, wenn sie jemanden traf, den sie nur gut leiden konnte. Grinsend stand Alex auf und hob die Hand.
    Lisa lächelte und kam zu ihm herüber, ihre Lippen waren dunkelrot.
    »Hi«, sagte sie, und eine halbe Sekunde lang sahen sie sich zögernd an. Die Hand geben war albern, zu distanziert, aber eine kumpelhafte Umarmung auch nicht besser. Jetzt hatte er hier fast eine halbe Stunde gesessen, hatte gewartet, an sie gedacht, und wusste doch nicht, wie er sie begrüßen sollte. Sie beugte sich vor und küsste ihn auf beide Wangen. Dabei kam ihm ihr Hals furchtbar nahe, er müsste nur den Kopf drehen und zuschnappen.
    Unbeholfen erwiderte er die Küsschen und atmete ihren Geruch ein.
    »Hi«, sagte auch Alex.
    »Wartest du schon lange?«
    »Nein, kein Problem.«
    »Gut.« Sie strich mit den Händen über ihren Rock, wirkte viel nervöser als bei ihrem Date vorgestern. Fast durcheinander, als wäre irgendwas nicht in Ordnung. Sie machte keine Anstalten, sich zu setzen.
    »Alles okay?«, fragte Alex.
    »Ja, klar«, sagte sie, aber ihre Augen flackerten unruhig. Dann fragte sie, ob sie nicht ein wenig spazieren könnten, einfach um die Häuser laufen. »Hab heute zu viel gesessen.«
    »Klar, können wir.« Alex kippte den Rest seiner Cola runter und legte drei Euro auf den Tisch. »Beim nächsten Mal weiß ich dann auch Bescheid, dass man mit dir jedes Mal mehr durch die Straßen läuft als in der Bar zu sitzen, dann trage ich Turnschuhe.«
    »Du trägst Turnschuhe.« Grinsend deutete Lisa auf seine Chucks.
    »Verdammt, ja.« Die Schlappen hatte er ja wieder ausgezogen, weil sie zu uncool waren. »Du solltest wirklich aufpassen, mit wem du dich verabredest. Ich weiß nicht, ob du dich mit Männern abgeben solltest, die nicht bis zu den eigenen Füßen denken können.«
    Im Gehen nickte Alex der Bedienung zu, dann schlenderte er mit Lisa die schmale Simplonstraße entlang, dort war immer wenig los, kaum Autos, kaum Fußgänger, und sie war der kürzeste Weg zur Modersohnbrücke. Plaudernd spazierten sie zur Brücke, die sanft ansteigende Straße zu ihr hinauf und vorbei an der improvisierten Strandbar mit voll besetzten Bierbänken und gefüllten Beachvolleyballfeldern, aber ohne das geringste Gewässer. Die Brücke führte über ein Dutzend Gleise, nicht über einen Fluss.
    Auf der Modersohnbrücke, die von zwei dunkelgrauen Stahlbögen rechts und links der Straße überspannt wurde, hatten sich schon die ersten jungen Leute eingefunden, alle auf der anderen Straßenseite. Nebeneinander aufgereiht saßen sie auf den runden Streben, die wie Leitplanken unter den Bögen zwischen Fahrbahn und Fuß- und Radweg entlang verliefen, den Rücken zu ihnen, und blickten in Richtung Warschauer Straße, Ostbahnhof, Fernsehturm und der neuen Arena. Hinter all dem würde die Sonne in einer knappen Stunde versinken.
    Alex erzählte Lisa, dass es noch viel mehr werden würden. Es hatte wohl vor zwei oder drei Jahren angefangen, seitdem traf man sich hier, um gemeinsam den Sonnenuntergang zu beobachten.
    »Schon komisch, dass sich Menschen versammeln und darauf warten, dass es Nacht wird«, sagte Lisa. Es klang nicht romantisch. Trotzdem blieb sie stehen und blickte über die anderen hinweg. »Aber ist sicher

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