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Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Titel: Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Gruberová , Helmut Zeller
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oder kalt ist, gehen sie in ein Tanzlokal oder sitzen beim «Schwantzer» und essen ihren Lieblingskuchen, eine köstliche Mischung aus karamellisiertem Zuckerguss und leckerer Creme. Aus Evas mädchenhafter Schwärmerei für den jungen Mann, der stets Anzug und Krawatte trägt, leidenschaftlich über seine sozialistischen Ideale spricht und ihr mit viel Geduld die ungarische Sprache beibringt, wird tiefe Zuneigung. Géza stellt Eva seinen Eltern vor, und sie schließen sie gleich in ihr Herz. Vor allem Gézas Vater ist von dem bescheidenen und fröhlichen Mädchen sehr angetan. Eva schreibt ihren Eltern, dass sie einen jungen Mann kennengelernt habe und ihn bald heiraten möchte. Herman Schwartz kann seinen künftigen Schwiegersohn und dessen Eltern vor der Hochzeit leider nicht besuchen, dafür fehlt das Reisegeld. So schickt er aus Brody ein Paket. In dem großen Karton liegen eine Flasche Sonnenblumenöl, Zucker und Gemüse, darunter, sorgfältig in Papier eingewickelt, handgefertigte Schuhe aus glänzendem schwarzen Leder für Gézas Vater. Eva ist glücklich. Der Krieg scheint weit weg zu sein, die gemeinsame Zukunft mit Géza greifbar nahe.

    Evas Mutter Zseni Schwartz, Brody am Irschau, 1930er-Jahre

    Evas Vater Herman Schwartz, Brody am Irschau, 1930er-Jahre
    Seit Juni 1941 kämpfte die ungarische Honvéd-Armee Seite an Seite mit der deutschen Wehrmacht im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. Die Ungarn wollten ihren Verbündeten in nichts nachstehen. Im Juli 1941 ließ die Budapester Regierung 16.000 für staatenlos erklärte Juden in die Nähe der ukrainischen Stadt Kamenec-Podolskij deportieren. Deutsche Polizei und SS-Einheiten warteten auf die Menschen und erschossen sie sofort nach ihrer Ankunft. Auch Gézas vier Jahre älterer Bruder Rezsö bekam die Folgen der ersten Verfolgungswelle zu spüren. Zusammen mit einigen Dutzend anderer Juden und sogenannten politisch Unzuverlässigen wurde Rezsö, der wie Géza Mitglied der linksgerichteten zionistischen Hashomer-Hatzair-Bewegung war und mit den Kommunisten sympathisierte, für einige Wochen in das Internierungslager Kistarcsa bei Budapest eingesperrt. Dann, im Frühjahr 1942, folgte neues Unheil. Der Einberufungsbefehl des Budapester Verteidigungsministeriums riss die jüdischen Familien in Dunajská Streda auseinander. Wie Tausende jüdische Männer aus dem ganzen Land und Hunderte Angehörige verschiedener nationaler Minderheiten mussten auch die männlichen Juden aus Dunajská Streda den waffenlosen Arbeitsdienst beim Militär antreten. Am schlimmsten war es an der Front. Verteidigungsminister Károly Bartha ordnete an, dass die jüdischen Zwangsarbeiter am Arm ihrer Zivilkleidung eine gelbe Binde und auf dem Kopf eine Soldatenmütze ohne Abzeichen tragen mussten. Sie wurden von den Soldaten verachtet und schlecht verpflegt. Offiziere trieben die entkräfteten Menschen in den Kugelhagel feindlicher Schüsse. In vorderster Kampflinie hoben die Juden Schützengräben aus, errichteten Panzersperren, bauten Bunker, bargen Leichen, entschärften Minen oder legten selbst welche. Gefahr drohte ihnen aber auch vom Wachpersonal und den Kommandanten der Arbeitskompanien. Der Antisemitismus war auch in der ungarischen Armee verbreitet. Wie aus Nachkriegsprotokollen und Berichten von Überlebenden hervorgeht, behandelten viele Offiziere und Soldaten die Juden grausam, schlugen sie brutal zusammen, ließen sie verhungern oder töteten sie sogar. Erst die Anordnungen des neuen Verteidigungsministers Vilmos Nagy, der im Herbst 1942 Bartha ablöste, brachten, wenn auch nicht überall, eine vorübergehende Besserung der Lage der Juden an der Ostfront und im Land. Der Minister ordnete eine bessere Behandlung der Zwangsarbeiter an und schickte jüdische Männer, die älter als 42 Jahre waren, nach Hause.
    Géza Steckler hatte Glück. Vor dem gefürchteten Arbeitsdienst retteten ihn seine geschickten Hände. Längst hatte es sich in der Stadt herumgesprochen, dass er jede Maschine, jedes kaputte Gerät zum Laufen bringen konnte. Auch die Offiziere des ungarischen Regiments, das seit Anfang November 1938 Dunajská Streda kontrollierte, ließen sich von Géza ihre Uhren reparieren. Und er konnte noch mehr. Nachdem er seine Aufträge erledigt hatte, widmete sich der junge Mann, der nie einen Beruf gelernt hatte, seiner großen Leidenschaft. In der Werkstatt im Haus seiner Eltern baute er winzige Dampfmaschinen, die er verkaufte oder an Freunde verschenkte. Obwohl

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