Gebrauchsanweisung fuer Amerika
falsch, sondern als anders begreifen, ergibt sich etwas Paradoxes. Es erweist sich dann, daß, von Trivialitäten abgesehen, das Anderssein nicht mehr ins Gewicht fällt, daß wir alle Geschwister sind oder, wenn Sie es vorziehen, Geschöpfe Gottes.
Tutto il mondo è paese – die ganze Welt ist ein Dorf – sagt die Weisheit des italienischen Sprichworts. Amerika – Traum oder nichts? Mit dieser Frage begann mein Brevier. Indem sie sich als falsche Frage herausstellt, hoffe ich, sie hiermit beantwortet zu haben.
Fußnoten
[1] Außerdem haben sie für amerikanische Begriffe sehr nebelhafte Ideen über die Vereinigten Staaten. Wie der amerikanische Journalist Karnow, der Frankreich gut zu kennen behauptet, im San Francisco Chronicle vom 30. 1. 1979 schreibt, bilden sich die Franzosen ernsthaft ein, die USA wären ein viel vernünftigeres Land, wenn sie sich die Vorteile französischer Logik zunutze machten. Und Karnow wundert sich darüber, daß verschiedene seiner französischen Freunde und Bekannten von ihm erklärt haben wollten, warum Präsident Nixon gehen mußte, »nur« weil er »ein paar Fehler begangen hatte«. !
[2] Der grimmige Ernst der Vorschriften des Immigration and Naturalisation Service hat gelegentlich aber auch gewisse (zweifellos unbeabsichtigt) spaßige Seiten. So sind Sie zum Beispiel verpflichtet, dem Konsulatsbeamten anzugeben, ob u. a. folgende Probleme, Kategorien, Tätigkeiten, Absichten oder Krankheiten auf Sie zutreffen: Geistesschwäche; Wahnsinn (sowohl derzeit wie irgendwann in der Vergangenheit); Geisteskrankheit oder Homosexualität; Rauschgift oder Alkoholismus; gefährliche Ansteckungskrankheiten (TB, Aussatz, Syphilis, AIDS); ob Sie Betteln, Polygamie, Prostitution oder unmoralische Sexakte betreiben, für ein schweres Verbrechen verurteilt wurden oder ein solches begingen; ob Sie blinder Passagier, Rauschgifthändler, Analphabet, Kommunist, Anarchist sind oder die Vereinigten Staaten zum Zwecke der Verübung gewalttätiger oder extrem gewalttätiger Akte besuchen wollen. Dieser insgesamt 33 Punkte enthaltenden Liste folgt der tröstliche Hinweis darauf, daß für eine Reihe dieser Komplikationen Ausnahmen gemacht werden können.
[3] Die Liste der Dinge, deren Einfuhr verboten ist, ist allerdings wesentlich länger und entbehrt nicht eines gewissen exotischen Reizes: Absinth, biologisches Material, im Ausland hergestellte Raubdrucke amerikanischer Autoren, Likörbonbons, nicht vorschriftsgemäß als solche bezeichnete Nachprägungen von Goldmünzen, den Strahlungsbestimmungen unterworfene elektronische Geräte, viele Arten von Medikamenten, Feuerwaffen und Munition (außer Jagd- und Sportwaffen, die bei Einreise angegeben und wieder ausgeführt werden müssen), präkolumbianische Kunstgegenstände aus Zentral- und Südamerika, Waren aus Nordkorea, Vietnam, Kambodscha und Kuba, gefährliche Gegenstände (Feuerwerkskörper, gefährliches Spielzeug, Giftstoffe), Lotterielose, Betäubungsmittel und andere gefährliche Drogen. Haustiere, pornographische Gegenstände und Veröffentlichungen, im Ausland von Strafgefangenen hergestellte Gegenstände, aufrührerisches und hochverräterisches Material, Springmesser, gewisse gesetzlich geschützte Fabrikate (z. B. bestimmte Marken von Fotoapparaten, Uhren, Parfüms, Musikinstrumenten, Schmuckstücken und Eßbestecken), Fahrzeuge und Motorräder, die den amerikanischen Zulassungsbestimmungen nicht entsprechen (aber nur, falls der Besucher länger als ein Jahr in den Staaten zu bleiben beabsichtigt), wilde Tiere (Vögel, Fische, Säugetiere), gefährdete Tiergattungen (z. B. Fasane) oder aus solchen hergestellte Waren (z. B. Gegenstände aus Reptilhäuten oder Fischbein, ausgestopfte Tiere oder Trophäen, Federn und Häute wilder Vögel). Auch diese Angaben sind selbstverständlich unverbindlich, da die Vorschriften häufig wechseln.
[4] Wie schwer es ist, eine so einfache Gewohnheit abzulegen, beweist folgende wahre Geschichte: In den vom deutschen Militär besetzten Gebieten Westeuropas bestanden Fluchthelferorganisationen, die die Besatzungsmitglieder abgeschossener alliierter Flugzeuge versteckten, mit Zivilkleidung versorgten und nach Großbritannien zurückschmuggelten. Obwohl den amerikanischen Fliegern immer wieder eingeprägt wurde, Messer und Gabel nach europäischer Manier zu verwenden, wurde so mancher dieser Flüchtlinge vom deutschen Sicherheitsdienst deswegen erwischt, weil er in der Öffentlichkeit eben doch
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