Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder
Zusammenhang ebenfalls eine Frage der Interpretation, das Wort Extraklasse. Extraklasse zum Beispiel das Genuschele unseres Landwirtschaftsministers Till Backhaus in der Tagesschau , als die Vogelgrippe über Mecklenburg-Vorpommern hereinbrach. Klasse der Kommentar des Bauherrn der neuen Rügenbrücke, auf die Frage nach dem Tierschutz: Wir haben 500
000 Euro in die Forschung gesteckt und herausgefunden, dass die Vögel nicht gegen die Drahtseile der Brücke, sondern einfach über sie hinwegfliegen. Dafür weniger extra, das Rahmenprogramm zur Einweihung selbiger, auch wenn man mir weismachen wollte, dass Gottlieb Wendehals, die Puhdys und Ute Freudenberg sehr wohl Showacts der Extraklasse sind.
Ich habe in meiner Jugend außer einem Programmkino nicht sehr viel vermisst, dennoch fieberte ich dem Tag entgegen, das Bundesland zu verlassen, um in Clubs zu gehen und in Secondhandläden nach einer abgewrackten Lederjacke zu suchen. Ich wollte laute Nachbarn und frisches Thaibasilikum kaufen können, wünschte mich zwischen Menschenmassen und Autohupen, wollte auf Vernissagen und Konzerten sein, ins Kabarett gehen und in große Antiquariate. Ich wollte etwas, das dem Rostocker Mau-Club zeigt, was eine Harke ist.
Clubs, laute Nachbarn, Lederjacken und auch Vernissagen interessierten mich recht schnell nicht mehr, dafür vermisste ich Auftritte der Shantychöre, Kranichbeobachtungsstationen, einen kurzen Anfahrtsweg, bevor ich mich in die Ostseewellen stürzen konnte, und ich vermisste vor allem die meck-pommerschen Veranstaltungen der Extraklasse, deren Geheimnis ich mittlerweile gelüftet habe: Extraklasse ist an den Veranstaltungen in Mecklenburg-Vorpommern immer das Drumherum. Als das Stralsunder Theater 2008 nach langer Umbauphase wiedereröffnete, war das allein klasse, aber wie Angela Merkel zur ersten Vorstellung erschien und den davor protestierenden Demonstranten gegen das geplante Kohlekraftwerk in Greifswald/Lubmin fröhlich euphorisiert zuwinkte, das war wieder ein schönes Extra.
Als beim internationalen Modepreis Usedomer Baltic Fashion Award , um den seit 2002 Designer aus den Anrainerstaaten der Ostsee wetteifern, Germany’s next Topmodel 2007, die rothaarige bayerische Barbara, in einem weißen Monsterkleid die Seebrücke entlangstakste, erklärte eine Dame neben mir extra für mich: Dat die sich so’n Quatsch anziehen und hier lang laufen, als wären sie Herr und Frau Professor. Nur weil die im Fernsehen war. Deshalb ist dat trotzdem albern, wat se an hat. Und dat is auch kein Kattwock ( Catwalk ), sondern eine Seebrücke.
Liebe Touristen, um im Dschungel der unzähligen Veranstaltungen nicht die Orientierung zu verlieren, solltet ihr euch zu den Eisbadepartys, BeachvolleyballTurnieren und Hafenfesten folgende der zweitausend Veranstaltungen notieren. Hier wird sich auch für das ungeübte Auge die Extraklasse zu erkennen geben. Uneingeschränkt empfehlenswert:
Für Musikbegeisterte :
Festspiele Mecklenburg-Vorpommern
Eldenaer Jazz
Stralsunder Brauereihoffest
Greifswalder Bachwochen
Für Boot- und Hafenfans :
Warnemünder Woche
Müritz Sail
Zeesbootregatta auf Fischland-Darß-Zingst
Wiecker Fischerfest Gaffelrigg bei Greifswald
Hanse Sail in Rostock
Schweriner Drachenbootsaison
Für alle :
Stralsunder Sundschwimmen
Stralsunder Wallensteintage
Störtebeker Festspiele in Ralswiek
Bad Doberaner Ostseemeeting auf der Galopprennbahn
Der Nackedei am Ostseestrand
No, ihr geht jo olle da naksch ins Wasso, ge ?
Oh , w ir sprechen da oben kein Sächsisch, antwortete ich irritiert.
Aber nackig macht ihr euch trotzdem so gern wie die da um Dresden rum , konterte der Herr, der es offensichtlich sehr genau wissen wollte. Es war einer derer, die sich im Anschluss an eine Lesung zu Autor und Veranstalter gesellen. So stand ich in einer Essener Buchhandlung und musste diese seltsame Unterhaltung führen. Zum Glück eilte mir die Dame vom Büchertisch zu Hilfe.
FKK ist nicht zu uns rübergeschwappt , wusste sie. Der erste Verein entstand nämlich hier in Essen.
Oh, da kennt sich jemand aus , schlussfolgerte der Herr.
Sie nickte und schob die Brille hoch. Auch den ersten Nacktbadestrand gab es bei uns, also auf Sylt.
Es folgte eine kleine Pause, in der sich niemand nach weiteren Details erkundigte, auch nicht der Herr. Dennoch fuhr sie fort: DAS FKK-Land überhaupt ist übrigens Frankreich und nicht die DDR. Wir verbringen unseren Urlaub dort, also in Frankreich. An der Ostsee fühlen
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