Gebrauchsanweisung für Mecklenburg-Vorpommern und die Ostseebäder
Abende meiner Jugend zwischen dem Klabautermann , dem Anker und der Fähre hin und her. Ich bestellte Fährwasser ( Kümmel ) , Stralsunder Pils oder Störtebeker-Schwarzbier . Meistens das Schwarzbier. Ich bin Hanseatin, und der legendäre Pirat Klaus Stürzdenbecher (Störtebeker) ist mein Vorfahre. Er soll ein sehr trinkfester Bursche gewesen sein. Und so wie ich, wird er in den Hafenkneipen das Glas gehoben und gefordert haben: Nich lang schnacken, Kopp in Nacken ! Geschnackt wird nicht lang. Als eine Freundin in der Fähre fragte: Darf man hier rauchen?, erhielt sie die Antwort: Swiensteern achtern ! Hilflos sah sie zu mir. Schweinschwanz hinten , übersetzte ich. Alles o.
k. !
Während in anderen Regionen jetzt eine Diskussion über Sinn und Unsinn des Rauchverbots aufgekommen wäre, war in der Fähre mit Swiensteern achtern nicht nur die Erlaubnis zum Anzünden der Zigarette gegeben worden, sondern auch alles zum Thema Rauchen in öffentlichen Einrichtungen gesagt. Zu den klar gesprochenen Worten bekommt man ebenso wat Klares wie Korn serviert, lauscht der Stimme von Hans Albers, wenn er den Jungen bittet, bald wiederzukommen, schunkelt etwas mit dem Kopf und fertig ist das Amüsement à la Mecklenburg-Vorpommern. Zünftige Wirtshäuser mit rappelvollen Bierbänken und -tischen, auf die Weizen zwischen angeregte Gesprächsrunden gestellt werden, gab es hier zu keiner Zeit. Denn es lebe die Devise: Tu hus is immer am schönsten.
Statistisches : Sind es nun die Seefahrergene, die es nach Rum gelüstet, oder doch die wirtschaftlichen Missstände des Landes, die dazu führen, dass in Mecklenburg-Vorpommern durchschnittlich 2,5 Männer mehr an Trunksucht und deren Folgen sterben als im Rest der Republik?
Statistisch gesehen hatten diese 2,5 Männer wenigstens mehr Sonne als die Trunksüchtigen in allen anderen Bundesländern. Zudem atmeten sie bessere Luft, denn die Emissionswerte in Mecklenburg-Vorpommern liegen bei gerade mal einem Drittel der Bundesdurchschnittswerte. In das Land der (mit Abstand) meisten Alkohol- und auch Verkehrstoten reisen in guten Jahren die meisten Touristen, die sich gerne im Inland erholen, in weniger guten Jahren reisen immerhin noch fast die meisten dorthin. Wahrscheinlich waren die 2,5 Männer mehr keine Bauern, denn die Bauern sind mit ihren Kühen und Feldern doch ganz gut beschäftigt. Fast zwei Drittel der Fläche Mecklenburg-Vorpommerns wird von Landwirten bewirtschaftet. Die Produktivität der landwirtschaftlichen Betriebe liegt weit über dem bundesdeutschen Niveau. Vielmehr werden in einem Bundesland, in dem zwar am häufigsten die Sonne scheint, aber trotzdem sehr viele Männer und Frauen mehr als anderswo keine Arbeit haben, wohl auch Perspektivlosigkeit und Langeweile den Weg zur Buddel weisen.
Außerdem : Neben dem Schweineschwanz kann Ihnen in Mecklenburg-Vorpommern auch der Heringsschwanz über den Weg laufen. Er übernimmt hier in der Redewendung Da kräht kein Hahn nach die Rolle des Hahns.
Die langsamen Mühlen
Hätte sich Bismarck ein bisschen schlaugemacht, hätte er sich vielleicht seine schnippische Bemerkung verkniffen: Wenn die Welt untergeht, gehe ich nach Mecklenburg, denn da passiert alles fünfzig Jahre später. Richtiger hätte es heißen müssen: Was in Mecklenburg-Vorpommern längst erfunden ist, erlangt woanders erst später Bekanntheit. Der Taucheranzug zum Beispiel wurde vom Mecklenburger Peter Kreeft bereits um 1800 erfunden. Nur weil er, was die Patentanmeldung betraf, etwas tranbüttelig (so das hiesige Fachwort für die meck-pommersche Langsamkeit) war, heimste die Anerkennung ein anderer ein. Ähnlich erging es auch dem Stralsunder Carl Wilhelm Scheele. Der entdeckte den Sauerstoff. Sein Bericht erschien bezeichnenderweise erst schlappe vier Jahre später, also machte sich im Zusammenhang mit der Entdeckung des Sauerstoffs ein Engländer einen Namen. Langsamer mahlen die Mühlen, aber schnell drehen sich die modernen Windräder auf Mecklenburg-Vorpommerns weiten Feldern. Man weiß eben, worauf es ankommt, deshalb fuhr auch eines der ersten Benzinautos auf den Straßen Mecklenburg-Vorpommerns, die erste Galopprennbahn Europas öffnete die Tore in Bad Doberan, und die erste künstliche Leber wurde von einem Rostocker Forscherteam geschaffen – und all das trotz der ständigen Induktion: Arbeit is keen Has, de löppt uns nich wech. Oder: Jo, jo, door hebben wi schon een Katt mit dootfodert (Da haben wir schon eine Katze mit
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