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Gebrauchsanweisung für Südengland

Gebrauchsanweisung für Südengland

Titel: Gebrauchsanweisung für Südengland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Kößling
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vermehrten sie sich in ganz erstaunlicher Weise. Ob es am Hirsch lag, den wir für kräftigende Nahrung halten, oder am Exmoor-Hammel, oder an der kalten, aber sanften Luft der Moorlandschaft – jedenfalls wuchs die Familie der Doones weit schneller als ihre Ehrenhaftigkeit.« Und das Dumme an der Geschichte war, daß die Kerle zudem so groß und kräftig waren, daß die Farmerstöchter gar nicht mal so böse waren, wenn sie von ihnen gekidnappt wurden: »Denn Frauen, will mir scheinen, mögen starke Männer lieber als schwache, denn sie spüren, daß sie Zuverlässigkeit brauchen, etwas, an dem sie sich festhalten können«, stellt John Ridd mit Bedauern fest.
    Da ich nicht die ganze Geschichte nacherzählen möchte, die in der Penguin-Ausgabe immerhin 630 Seiten lang ist, sei nur so viel gesagt: Von Malmsmead aus können Sie noch heute das romantische Doone Valley entlang des Badgworthy Water durchwandern, das die Grenze zwischen Somerset und Devon bildet. Zuvor sollten Sie sich noch die Kirche im nahegelegenen Oare ansehen – hier fiel der Schuß, von dem eifersüchtigen Carver Doone abgegeben, der Lorna Doone vor dem Altar traf, als sie John Ridd ehelichen wollte.
    Ob die Geschichte letztendlich gut ausgeht, sollten Sie selber nachlesen. In der Kirche erinnert eine Plakette an den Autor, R. D. Blackmore, dem entlang des Wanderpfades im Doone Valley auch ein Gedenkstein gesetzt wurde. Lorna Doones Denkmal steht in Dulverton – außerdem gibt es farbenfrohe Postkarten, Teller, Becher und Geschirrtücher zu ihrem Gedenken.
    Wenn Sie genug von Literatur, Räubergeschichten und den Tälern vom Exmoor haben, dann begeben Sie sich auf Exmoor Safari. Mit dem Jeep geht es querfeldein, immer auf der Suche nach dem berühmten Rotwild und den noch berühmteren Exmoor Ponys.
    Fangen wir mit dem Rotwild an, das sich gerne im Farnkraut versteckt und aufgrund der Fellfärbung nur vom geübten Auge zu erkennen ist. Aber dafür haben Sie ja Ihren Safari-Führer dabei. Jim Winzer zum Beispiel. Er verteilt erst einmal Ferngläser an alle Greenhorns, die meinten, die Wildnis auch mit bloßem Auge ergründen zu können. Dann fährt er über Stock und Stein, entlang steiler Schluchten und kommt kurz vorm Abgrund zum Stehen. Bald schon wird er erklären: »Da drüben liegt ein Hirsch im Farnkraut«. Das können Sie nun glauben oder auch nicht. Sehen tun Sie den Hirsch wahrscheinlich erst einmal nicht. Das Geweih, das im Frühjahr abgeworfen wird und erst Ende August wieder völlig runderneuert ist, ragt, wenn Sie Glück haben, über das Farnkraut hinaus. Wenn der Hirsch dann noch die Güte besitzt, sich zu bewegen, dann erkennen auch Sie, daß Sie nicht auf einen vertrockneten Baumstamm, sondern tatsächlich auf einen kapitalen Bock geschaut haben.
    Die Geschichte des Exmoors ist eng mit dem Rotwild verknüpft: Die Normannischen Könige wandelten das Hochmoor in einen Royal Forest um – der königliche Wald hatte zwar keine Bäume, dafür aber besagtes Wild, das ab diesem Zeitpunkt der königlichen Tafel vorbehalten war.
    Die Verwaltung der harten Forstgesetze oblag einem Aufseher und seinen Beamten. Die Position des Aufsehers wurde von einem Höfling besetzt und war erblich. Sein Einkommen erhielt er (bzw. sie – in ein oder zwei Fällen war der Aufseher eine Frau) dadurch, daß er die Stellen seiner Beamten meistbietend verkaufte. Diese wiederum verdienten ihr Geld durch Mieten, Strafen, Korruption und zögerten nicht, ihren Forderungen durch Erpressung Nachdruck zu verleihen. Dagegen vorgehen konnte man nicht – auch das »Rechtssystem« wurde von den Beamten kontrolliert.
    1819 verkaufte die Krone schließlich ihre Interessen an Exmoor an einen Industriellen namens John Knight. Zu diesem Zeitpunkt war Exmoor praktisch unbesiedelt, abgesehen von einer kleinen Farm bei Simonsbath.
    Knight und sein Sohn Frederic, der die Ländereien 1840 von seinem Vater übernahm, bauten eine 46 Kilometer lange Mauer um ihr Gebiet sowie ein 35 Kilometer langes Straßennetz, das Simonsbath mit dem Rest der Welt verband. Ab 1842 errichteten sie Farmhäuser im Moor und verpachteten sie – aber es sollte bis 1880 dauern, bis die erste Farm einen Profit abwarf.
    Viel spannender als das Rotwild sind für Touristen die Ponys, die im Hochmoor leben. Sie gehören zu den Ureinwohnern des Exmoors, stammen direkt von den prähistorischen Wildpferden ab und sind ungeheuer widerstandsfähig. Kein Wetter, das ihnen etwas anhaben kann, dabei kann es auf den

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