Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gebrauchsanweisung für Südengland

Gebrauchsanweisung für Südengland

Titel: Gebrauchsanweisung für Südengland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Kößling
Vom Netzwerk:
(Luttrell’s Arms, Locke’s Tearoom), Allerford (Cross Lane House), Bossington (Kidnor’s Tea Garden), Selworthy und Luccombe, in denen Sie die strohgedeckten, oft bunt gestrichenen Cottages bewundern und sich an cream tea so richtig satt essen können.
    Ein großer Teil des Exmoor ist landwirtschaftlich erschlossen. Auf grünen, sanft gewellten Weiden grasen Schafe, deren Lämmer im Frühjahr zum Schutz vor der Nässe von oben und unten ein Regenmäntelchen aus Plastiktüten der örtlichen Supermärkte tragen.
    Aber es geht auch anders als lieblich: Das Hochmoor, allen voran die Chains genannte Gegend im Westen Exmoors, ist unwirtlich und auch gefährlich. Selbst Einheimische, die schon immer im Exmoor gelebt haben, haben hier ihr Leben gelassen, wenn sie bei der Überquerung des Moors keine Vorsicht walten ließen. Jim Winzer erzählt von mehreren Verwandten, die nach Einbruch der Dunkelheit und bei schlechtem Wetter die Orientierung im Moor verloren hatten und nie wieder gesehen wurden.
    Im Hochmoor jenseits der unzugänglichen, sumpfigen Chains treffen Sie auf wildlebende Ponys und begegnen Schafen, die sich mit Vorliebe mitten auf der Straße niederlassen. Wo Sie mit Ihrem Auto bleiben, ist dann Ihre Sache. Im Zweifelsfall haben Schafe hier sämtliche Privilegien. Irgendwann steht auch das faulste Schaf wieder auf, deshalb fahren Sie auf der Küstenstraße bei Ausweichmanövern bloß nicht zu weit an den Rand – lassen Sie sich einfach Zeit (davon gibt es im West Country mehr als genug) und genießen Sie den atemberaubenden Ausblick Richtung Lynmouth. Ein Absturz über den Rand der unbefestigten Straße die steilen Klippen hinunter ist weniger empfehlenswert.
    Der Anblick der blühenden Heide im Spätsommer ist spektakulär – wohin das Auge blickt, zieht sich lilafarbenes Heidekraut über die Hügel. Dazwischen blüht der quittengelbe Stechginster.
    Undurchdringliche Regenwälder zum Kanal hin zeugen von der hohen Luftfeuchtigkeit an der Küste. Mittendrin, in der Nähe von Porlock Weir, liegt Culbone Church, die angeblich kleinste Gemeindekirche Englands. Im Mittelalter befand sich in diesen unwirtlichen Wäldern eine Kolonie von Leprakranken, die als Köhler arbeiteten. Noch heute sehen Sie in den Wänden der Kirche ein spezielles Fenster, durch das die Leprakranken vom Friedhof aus dem Gottesdienst für einen für sie grausamen Gott folgen durften.
    Dramatische Fels- und Klippenformationen sind Heimat und Brutstätten von seltenen Seevögeln und Robben. In Combe Martin, der westlichen Grenze vom Exmoor, gibt es die längste Dorfstraße Englands. Weitere kleine Hafenstädtchen wie Lynmouth und Porlock Weir bieten Schutz vor dem Meer, das sich im Bristol Channel von seiner tückischsten Seite zeigen kann. Im Ship Inn in Porlock schrieb Coleridge einst seine Ballade vom »Ancient Mariner«, zu dem ihn der Anblick der auslaufenden Fischerboote aus dem Hafen von Watchet inspiriert hat. Sie brauchen sich das jetzt nicht zu merken – weder Watchet noch Porlock gibt Ihnen eine Chance, Coleridge zu vergessen. Dafür haben die für den Tourismus zuständigen Menschen gesorgt. Und noch eine literarische Gestalt wird Ihnen begegnen: Lorna Doone.
    Damit wären wir bei einer Geschichte angekommen, die dem Wilden Westen angemessen ist, die Geschichte der Räuberfamilie Doone, die sich wahrhaftig zugetragen hat. Vielleicht nicht ganz genau so wie in R. D. Blackmores romantischem Roman »Lorna Doone«, aber doch so ähnlich.
    Die Doones, angesiedelt in Bagworthy, nicht weit von Malsmead und Oare, waren eine blutrünstige Bande von outlaws, die, als King Charles I. in England herrschte, ihr Unwesen im Exmoor trieben, Frauen kidnappten und alle Welt in Angst und Schrecken versetzten.
    Um 1640 hatten die Doones, eine schottische Adelsfamilie, ihr Land verloren. Es traf vor allem Ensor Doone, den allein schon sein ungebändigtes Temperament zum Ausgestoßenen machte. Niemand wollte ihm helfen. So beschloß er schließlich, sich in einem Landesteil niederzulassen, in dem ihn keiner kannte. Zum Unglück der Menschen im Exmoor entschied er sich für ihre Gegend und siedelte in einem der unzugänglichsten Täler des Moors.
    Zunächst hieß man ihn in gewohnter Gastfreundschaft willkommen. Aber leider hielten es Ensor Doone und seine Mannen nicht genau mit Recht und Ordnung. Zur Konsternierung von John Ridd, Erzähler und männliche Hauptperson von »Lorna Doone« vermehrten sich die Doones auch noch wie die Karnickel: »Bald

Weitere Kostenlose Bücher