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Gebrochene Schwingen

Gebrochene Schwingen

Titel: Gebrochene Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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kennst du ja. So«, sagte er, begierig, das Thema zu wechseln, »wie geht es dem Kleinen? Ich bin sicher, daß – «
    »Ich möchte alles wissen, Tony. Ich möchte die ganze Geschichte aus deinem Mund hören, und ich möchte wissen, warum du es getan hast«, wiederholte ich, meine Augen kalt auf ihn gerichtet. Ich wußte, wenn ich wollte, konnte ich mich durchaus mit ihm messen. Ich hatte nicht nur seinen Blick geerbt, sondern auch sein Rückgrat. Wir saßen einander gegenüber, Tatterton gegen Tatterton. Er schien eine Ewigkeit lang ruhig und ausdruckslos dazusitzen.
    »Was meinst du?« fragte er endlich. »Ich habe dir erklärt, warum ich es getan habe.«
    »Du hast mir nicht die Wahrheit gesagt, Tony.« Ich fragte mich, ob er seine Geschichte selbst schon glaubte. Die Bewohner von Farthinggale Manor lebten seit so langer Zeit in Illusionen… vielleicht war er gar nicht mehr in der Lage, Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Manchmal konnte man so intensiv träumen, daß man hinterher nicht mehr wußte, ob es Phantasie oder Erinnerung war.
    »Was ist nicht wahr?« fragte er.
    »Die Begründung, warum du den Zirkus gekauft und ihn an Luke übergeben hast.«
    »Was ich sagte, ist die Wahrheit«, beharrte er. »Ich tat es für dich.«
    »Das meine ich nicht, Tony. Auf eine verrückte Weise hast du wohl geglaubt, mich damit zurückzugewinnen. Aber ich möchte die ganze Geschichte hören. Wie hat Luke reagiert, als du ihm den Zirkus geschenkt hast.«
    »Wie sollte er schon reagieren? Er war dankbar«, sagte Tony und zuckte die Achseln. »Zuerst dachte er, es käme von dir.
    Ich mußte ihm erklären, daß du nichts damit zu tun hattest. Ich habe ihn gebeten, nicht bei dir nachzufragen oder mit dir darüber zu sprechen. Das verwirrte ihn zwar, aber er hat eingewilligt. Und dann, wie ich schon sagte, habe ich das alles vergessen. Deshalb…«
    »Was hast du noch von ihm verlangt?« fragte ich. Es war, als hätte ich ihm mit meinem scharfen Ton mitten ins Herz geschossen. Er wurde blaß.
    »Wie kommst du darauf, daß ich noch etwas von ihm verlangt habe? Hat J. Arthur Steine etwas erzählt?«
    »Nein, Tony. Mr. Steine ist dir vom Scheitel bis zur Sohle treu ergeben. Aber nachdem ich erfahren hatte, was du getan hast, wie sehr du dich um Lukes Angelegenheiten gekümmert hast, wurde ich hellhörig. Als Logan und ich zurückkamen, hoffte ich von dir eine Antwort zu erhalten auf all die offenen Fragen, aber du warst nicht da. Deswegen konnte ich letzte Nacht nicht schlafen. Also ging ich in dein Büro und suchte mir die Antwort selbst heraus.«
    »Was hast du getan?« Man konnte ihm die Unruhe anmerken, sein Blick schweifte zu den Akten und wieder zurück.
    »Ja, Tony, ich habe deine Akten durchsucht und die schriftliche Übereinkunft zwischen dir und Luke gefunden. Ich will wissen, ich verlange zu wissen, warum du etwas so Schreckliches getan hast«, sagte ich. Mein Körper zitterte vor Anstrengung, stark und entschlossen zu wirken. Ich fühlte, wie mein Herz klopfte und wie mir die Tränen in die Augen schossen.
    Vor Verblüffung verschlug es Tony einen Moment lang die Sprache. Er schaute mich an, dann lehnte er sich in seinem Sessel zurück und blickte nach unten: er war nicht mehr fähig, meinen kalten, bohrenden Blick auszuhalten.
    »Ja, es war etwas ganz Schreckliches.« Er sprach so langsam wie ein Mensch, der all seine Träume verloren hat. »Die ganze Zeit über mußte ich damit leben. Ich habe mir immer vorgenommen, es demnächst rückgängig zu machen. Doch als dann das Telegramm kam, als ich erkannte, daß ich das Unrecht nie wiedergutmachen konnte, da…« Er schaute auf.
    »Ich war nicht geschäftlich unterwegs. Ich bin einfach ein paar Tage fortgelaufen… ich wollte nicht da sein… nachdem du jetzt mit J. Arthur Steine gesprochen hattest. Ich hatte gehofft, daß du dir über all das keine Gedanken machen würdest, aber das war natürlich ein frommer Wunsch. Du willst ja immer alles ganz genau wissen, selbst wenn die Wahrheit nur unangenehm ist.
    Es stimmt schon, was du gesagt hast; ich habe Jillian nicht richtig behandelt – ich habe zu sehr in Illusionen gelebt. Bei dir habe ich dasselbe versucht. Ich hätte erkennen müssen, daß du viel zu sehr eine Tatterton bist, um es nicht zu bemerken.«
    »Warum hast du es getan?« fragte ich hartnäckig. »Warum hast du Luke verboten, mit mir Kontakt aufzunehmen?«
    Eine Zeitlang blickte er an mir vorbei: Offensichtlich mußte er erst Mut schöpfen, bevor er

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