Gebrochene Schwingen
Gästeliste machten. Seine Gründe waren offensichtlich, und ich wollte einfach keine weitere Konfrontation mit ihr.
»Meinst du wirklich?« fragte er skeptisch.
»Sie brauchte lediglich vorbeizufahren und ihn zu sehen. Sie mußte nur anhalten, mit ihm sprechen und ihn dazu überreden, zu ihr ins Auto zu steigen. Sie konnte versprechen, ihn gleich zurückzubringen. Ich weiß, er ist klug für sein Alter, aber er ist doch nur ein kleiner Junge, und er weiß, daß Fanny seine Schwester ist.«
»Sie könnte es getan haben«, sagte auch Logan nachdenklich.
Ich sah zu dem Halbmond auf, der halb hinter dunklen Wolken versteckt war. Ein Omen für etwas Schreckliches, dachte ich.
»Ich fahre zu ihrem Haus hinauf«, sagte ich und ging schnell auf das Auto zu.
»Sollte ich nicht mitkommen?« fragte er sanft.
»Nein. Du bleibst besser hier, für den Fall, daß Jimmy Otis recht hatte und Drake zu jemandem nach Hause gegangen ist.
Ich werde bald zurück sein«, sagte ich. Logan blieb bei der Fabrik, und ich stieg ins Auto und fuhr zu Fanny. Als ich die Auffahrt entlang fuhr, stürmten ihre schmutzigen Wachhunde heraus, umzingelten mein Auto und bellten wie verrückt, wie Jagdhunde, die einen Fuchs in einem Loch gefangen hielten.
Fannys Haus war hell erleuchtet, und ich konnte sehen, daß sie einen Gast hatte. Ein weiteres Auto stand da. Meine Wut und meine Angst um Drake überstiegen meine Angst vor den Hunden.
Ich schlug die Autotür zu und stand aufrecht, als die Hunde näher kamen und nach mir schnappten. Aber ich wich keinen Zentimeter zurück, und so blieben sie auf Abstand, bellten nur noch etwas hysterischer, als ich zur Tür von Fannys Haus ging.
Als ich auf die Klingel drückte, bellten die Hunde noch lauter, blieben aber einige Schritte hinter mir. Ich mußte die Klingel noch einmal drücken, bevor Fanny die Türe öffnete. Sie stand dort, die Arme unter der Brust verschränkt, das Gesicht verzogen, ihre Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammengepreßt, ihre blauen Augen leuchteten.
»Was wünschen Ihre Hoheit?« fragte sie, ohne einen Schritt zurückzutreten und mich ins Haus zu lassen. Die Hunde schnappten noch immer nach mir.
Obwohl Fanny ein wütendes Gesicht aufgesetzt hatte, konnte ich durch ihre Maske hindurchsehen und wußte, daß ich recht gehabt hatte. »Laß mich hinein, Fanny«, sagte ich. »Ich werde nicht hier draußen stehenbleiben zwischen diesen bellenden Hunden und mit dir reden.«
»Oh, mein Heim ist also gut genug für dich, aber ich bin nicht gut genug, um auf euer Fest eingeladen zu werden, wie?«
»Laß mich hinein, Fanny«, wiederholte ich hartnäckig. Sie starrte mich einen Moment lang an und wich dann zurück, so daß ich hineingehen und die Türe zwischen mir und den Hunden schließen konnte. Als ich das getan hatte, wandte ich mich nach links und sah Randall auf der Schwelle zum Wohnzimmer stehen. Er sah gequält aus, wie ein Mann, der von einem unnachgiebigen Gewissen verfolgt wurde. Seine Augen waren gesenkt. Sein Kopf war gebeugt, und er ließ die Schultern hängen.
»Was willst du?« fuhr Fanny mich an. Ich sah an der Art, wie sie Randall einen Blick zugeworfen hatte, daß sie ihm etwas vorspielen wollte.
»Fanny, Drake ist verlorengegangen«, sagte ich mit so viel Selbstbeherrschung wie möglich. Ich wußte, wie wichtig es war, keine Schwäche zu zeigen. Sie würde sich darauf stürzen wie eine Katze auf eine hilflose Maus. »Ist er hier bei dir?«
Fanny antwortete nicht gleich. Sie lächelte strahlend, ihre weißen Zähne leuchteten dabei. Es war ein boshaftes, haßerfülltes Lächeln, aber auch ein Lächeln, das Selbstsicherheit und Selbstvertrauen vermittelte. Etwas in Randalls Ausdruck zeigte mir, daß sie ihn überredet hatte, ihr zu helfen. Sie hatte gewußt, daß ich hier auftauchen würde, und hatte es ihm gesagt.
»Was wäre, wenn er hier wäre? Er ist auch mein Bruder. Ich habe ein Recht, ihn in meinem Haus zu haben. Er gehört mehr hierher als zu dir und deinem Zuckerknaben.«
»Fanny, hast du ihn mitgenommen?« wollte ich wissen, meine Stimme warf die Zurückhaltung ab und bekam einen Klang von Hysterie.
»Er ist, wo er hingehört«, sagte sie und gab es damit zu.
Ich ging auf sie zu. Meine Wut, meine Angst und mein Haß ballten sich zusammen und verdickten sich wie eine Kugel aus Stacheldraht. Ihre Augen weiteten sich überrascht, als ich nach vorne sprang, sie am Kragen ihrer dünnen Baumwollbluse packte und sie roh zu mir her zog.
»Wo, verdammt
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