Geburtstag in Florenz
ihm auf den Kopf zu, daß ich über seine Avancen bei anderen Frauen Bescheid wisse und die Absicht hätte, Celia endlich die Augen zu öffnen. Er war außer sich vor Angst. Dann wurde zu Tisch gebeten, aber noch bevor wir beim Hauptgericht angelangt waren, entschuldigte er sich und verschwand, angeblich ins Bad. Doch er kam nicht zurück, und Celia fand ihn schließlich besinnungslos auf dem Bett unserer Gastgeber. Soviel konnte er aber gar nicht getrunken haben, verstehen Sie, und … Was ist?«
Der Maresciallo drehte sich um und sah das junge Mädchen, das ihnen den Schlüssel heruntergeworfen hatte, in der Küchentür stehen. Sie sagte etwas zu ihrer Mutter, das Guarnaccia nicht verstand.
»Sprich bitte italienisch«, ermahnte die Mutter sie sanft und wies auf den Maresciallo.
»Entschuldigen Sie.« Das Mädchen streckte ihm die Hand hin.
»Ich bin Katy. Kommen Sie wegen Jennys Mutter?«
»Die beiden sind befreundet«, erklärte Mary, »oder zumindest studieren sie zusammen. Katy hat sie heimgebracht, wissen Sie. Daher die Verzögerung – Katy hatte nämlich noch eine Prüfung. Aber wir dachten, Jenny solle besser nicht allein reisen. Ach, ich wünschte, wir hätten sie überreden können, hier zu bleiben.«
»Du hättest drauf bestehen sollen, Mami. Sie sollte jetzt wirklich nicht bei dieser verrückten alten Sissi sein, finde ich. Jenny wird sich dort nur unglücklich fühlen!«
»Aber ich konnte sie schließlich nicht zwingen, oder? … Sag mal, wie viele Pullover hast du eigentlich an, du Clown?«
»Fünf!« Lachend zog das Mädchen den weitesten Pulli bis über ihre wollbestrumpften Knie hinunter. »Und Legwarmer! In meinem Zimmer ist es nämlich eiskalt!«
Ihre Mutter reckte sich und legte den Arm um sie. »Ach, du Armes, dann setz dich doch her zu uns. Du kannst dem Maresciallo von Jenny erzählen.«
»Da gibt’s nicht viel zu erzählen! Aber ich hatte dich was gefragt, Mami, und du hast mir wie üblich nicht geantwortet.«
»Oh, ich hab ganz vergessen, worum’s ging …«
»Auch wie üblich! Soll ich das Nudelwasser aufsetzen?«
»Ach so, ja.« Mary sah auf ihre Uhr. »Der Boss kommt in zehn Minuten. Nicht mein Mann«, erklärte sie dem Maresciallo, »der kommt zum Mittagessen nicht nach Hause. Unser Boss, das ist meine Jüngste – wir haben noch einen siebzehnjährigen Sohn –, Lizzy dagegen ist erst sechs.«
»Sie ist Mamis Ausrutscher!« Katy, die eben einen großen Topf auf den Herd wuchtete, wollte sich ausschütten vor Lachen.
»Halt den Mund und setz dich hin. Das kommt in den besten Familien vor.«
Katy setzte sich zu ihnen an den Tisch und zog ihre fünffachen Ärmellagen über die klammen Hände.
»Sag, Mami, was sollen wir nur tun wegen Jenny? Ob ich sie überrede, heute abend mit uns auszugehen, und dann schauen wir, daß es recht spät wird, damit sie bei uns übernachten muß?«
Mary machte ein skeptisches Gesicht. »Ich würde bis morgen warten. Gleich am Tag der Beerdigung gehört sich das nicht, finde ich. Oder was meinen Sie?«
Es schmeichelte dem Maresciallo, daß sie ihn um seine Meinung fragte. »Ich würde auch sagen, lieber morgen. Seid ihr zwei gut befreundet?«
»Ach, na ja … Wir studieren an derselben Uni, und unsere Eltern verkehren miteinander, da müssen wir uns schon vertragen.«
»Heißt das, du magst sie nicht?«
»Nein, nein. Sie tut mir wohl eher leid. Jenny ist intelligenter als ich, glaub ich wenigstens, aber trotzdem braucht sie eine Woche für ein Referat, das ich in ein paar Stunden schreibe. Und sie geht nirgends hin, sondern hockt immerfort nur zu Hause und hämmert auf dem Klavier rum.«
»Nicht jedem macht es Spaß, so ein Party-Schmetterling zu sein wie du«, warf Mary ein.
»Party-Schmetterling! Ach, Mami, du bist so was von altmodisch – und ich sehe nicht ein, warum man trotz Klavierspielens nicht auch mal weggehen oder einen Freund haben kann. Aber Jenny hat noch nie einen gehabt. Die Jungs laden sie ein, weil sie so hübsch ist, aber nur einmal, denn sie kriegt ja den Mund nicht auf. Ehrlich, ohne Flachs, sie sitzt stundenlang rum wie ein Stockfisch, und wenn man sie was fragt, dann antwortet sie bloß mit Ja oder Nein.«
»Demnach vertraut sie sich dir also nicht an?« fragte der Maresciallo, der seine letzte Hoffnung schwinden sah. »Sie hat dir nicht zum Beispiel erzählt, daß sie Weihnachten Ärger mit ihrer Mutter hatte?«
»Nein … aber wir haben die Carters an Weihnachten auch gar nicht gesehen, oder,
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