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Geburtstag in Florenz

Geburtstag in Florenz

Titel: Geburtstag in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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in der schwarzen Uniform sperrten fast das ganze Licht aus. Stumm starrte er nach draußen. Fara war unten im Hof, auf seinem alten Stammplatz im Auto. In Gegenwart des Capitanos und des Staatsanwalts war das nicht anders möglich. Die Sonne wärmte die Plastikhüllen um die Zitronenbäumchen direkt unter dem Fenster, das unebene Hofpflaster, das rote Dach der kleinen Scheune.
    Für das Mandelbäumchen kam sie freilich zu spät. Dessen winzige, kaum geöffnete Knospen rieselten nach und nach zu Boden, und die zarten rosa Blütenblätter, die daraus hervorlugten, hatte der eisige Wind braun gefärbt. Jenseits des noch ganz kahlen Weinbergs lag ein Olivenhain, dessen silbrige Blätter sich hell flimmernd von den speckig braunen Furchen eines frischgepflügten Ackers abhoben. Und weiter drunten, vor dem Hintergrund der blauen Hügelkette, ragten die Terrakottadächer und Marmortürme von Florenz empor, ein Panorama, das zu bestaunen der Maresciallo auch nach all den Jahren noch nicht müde war. Verdreckte Gehsteige, ungeleerte Müllcontainer, Verkehrsstaus und der Gestank von Kanalisation und Abgasen – all das existierte auf die Distanz nicht mehr. Aus dieser Entfernung war die Stadt ein von milder Sonnenwärme und beschaulicher Ruhe gesegnetes Paradies. Nur das arme Mandelbäumchen … »Das ist das Fax von ihrem Anwalt – hier bitte, Ihre Kopie, Maestrangelo –, und dann sollte auch noch eine mit angehefteter Übersetzung für Guarnaccia dabei sein, der aber anscheinend lieber die Aussicht bewundert …«
    Bäume … ein Feldweg … Vittorio. Aber nein, die Erinnerung wollte immer noch nicht aufsteigen, zumindest nicht bis in seinen Kopf. Sie kam bis zum Bauch und weckte Furcht und Übelkeit, Gefühle, die der Maresciallo tunlichst unterdrückte. Kein Zweifel, er wollte sich nicht erinnern, und doch forderte Forbes ihn dazu heraus. Lächerlich! Wie sollte da wohl ein Zusammenhang bestehen?
    »Es handelt sich um eine beträchtliche Summe, und natürlich gilt es noch anderes zu berücksichtigen, in erster Linie ihren Entschluß, ihn zu verlassen, und so, wie ich Forbes einschätze … Darf ich Ihnen einen Zigarillo anbieten?«
    »Nein, danke.«
    »Hoffentlich stört es Sie nicht, wenn ich rauche. Was nun diesen Forbes angeht … Da gab’s einen Vaterschaftsprozeß, aber die Eltern des Mädchens waren strikt dagegen, daß er sie heiratet. Die Alimente zahlen Forbes’ Eltern, aber ansonsten wollen sie nichts mehr mit ihm zu tun haben und waren ganz froh, daß Celia Carter ihn mit nach Italien genommen hat. Also ich finde, das paßt alles ganz gut ins Bild.«
    Wie, wenn der Zusammenhang nicht in Fakten, sondern nur in Empfindungen bestand? Der Maresciallo mußte sich, wenn auch widerstrebend, eingestehen, daß diese Mischung aus Furcht und Übelkeit schon seit längerem in ihm gärte und daß er sie beharrlich verdrängt, ja sich ihrer Ursache ebenso verschlossen hatte wie der Erinnerung an Vittorio – Bäume, ein Feldweg … Seit wann hatte er dieses merkwürdige Gefühl schon? Er wußte es nicht genau. Vielleicht seit dem Gespräch mit Father Jameson … Ein jäher Hustenanfall unterbrach seinen Gedankengang. Der Maresciallo fand sich eingehüllt in eine Wolke von Fusarris Zigarrenrauch.
    »Schon gut, Guarnaccia, ich habe verstanden. Will versuchen, zehn Minuten ohne meinen Zigarillo auszukommen. Wenn Sie wollen, machen Sie ruhig das Fenster auf – Eugenia hat bestimmt nichts dagegen –, aber dann kommen Sie in Gottes Namen her und setzen Sie sich.«
    Der Maresciallo tat wie geheißen und öffnete das Fenster. Das Geräusch erschreckte einen kleinen Vogel, der aus den Weinreben, die sich an der Hausfront emporrankten, herausgeschossen kam und unter wütendem Getschilpe davonflog. Und der Maresciallo hatte seine Erinnerung wieder.
    »Mein Vorschlag wäre, daß wir, sobald wir uns abgesprochen haben, rübergehen und ihn in die Zange nehmen. Denn ein Geständnis ist doch wohl unsere einzige Hoffnung. Es sei denn, jemand hätte einen Geistesblitz und könnte uns sagen, wie er’s gemacht hat. Wie wär’s mit Ihnen, Guarnaccia?«
    Als er keine Antwort bekam, sah Fusarri fragend den Capitano an, der seinen Maresciallo ziemlich gereizt zur Ordnung rief.
    »Mir scheint, wir erfreuen uns im Moment nicht Ihrer vollen Aufmerksamkeit, Guarnaccia … Guarnaccia, ist Ihnen nicht gut?«
    »Doch, Capitano.«
    »Also dann! Ich für meinen Teil möchte erst mal die Position etwas klarer abstecken. Womit wir noch im dunkeln

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