Geburtstag in Florenz
Beinen vorgab, in der offiziellen Carabinieri-Zeitschrift zu lesen, die er freilich auf Armeslänge von sich hielt und auf die eher sein Bart als das Auge gerichtet war. Lorenzini trat zurück, um den Maresciallo vorbeizulassen.
»Setzen Sie sich mit der Polizei in Verbindung«, wies Guarnaccia ihn rasch an. »Die haben ihn doch letzte Nacht aufgegriffen, also lassen Sie sich ihre Version erzählen. Und dann verwarnen Sie die Signorina und schicken sie heim.«
»Gewiß … aber meinen Sie nicht, es wäre wirksamer, wenn’s von Ihnen kommt? Ich finde …«
»Sie würde den Unterschied nicht erkennen. Die Signorina ist doch neu bei uns. Ach ja, sie werden englisch mit ihr reden müssen.« Der Maresciallo gab Forbes einen Wink, der stand auf, sagte etwas zu dem Mädchen und stakste, den Kopf ein wenig zu hoch erhoben, in Guarnaccias Büro.
»Setzen Sie sich.« Diesmal schenkte sich der Maresciallo das höfliche Beiwerk. »Sie werden langsam richtig prominent«, fuhr er fort und nahm seinerseits wieder hinter dem Schreibtisch Platz. »Von überall her kommen Informationen über Sie rein. Ich höre, Sie haben sich ein Motorrad gekauft?«
»Ja, das war schon immer mein Traum – und zwar einer, den man sich tunlichst in jungen Jahren erfüllen sollte. Sie wissen ja wohl inzwischen, daß meine Frau ein gutes Stück älter war als ich. Wir lebten sehr zurückgezogen.«
Es war ein Glück, daß der Maresciallo sich auf sein sizilianisches Blut verlassen konnte. Sein Gesicht verriet nichts von seiner Reaktion auf diese Bemerkung.
»Ich bin sicher, Sie werden mir die Frage verzeihen – Sie wissen ja, wie das geht: einmal Polizist, immer Polizist, sogar in einer ganz normalen Unterhaltung – also, wie haben Sie das Motorrad bezahlt? Per Scheck? Bar? Oder vielleicht durch Schuldschein?«
»Ich … ich habe eine Anzahlung geleistet und … eine Schuldverschreibung hinterlegt, ja, warum auch nicht?«
»Natürlich, warum nicht! Das Gesetz versteht zwar keinen Spaß, wenn … Aber wer ein regelmäßiges Einkommen hat, der kann ja entsprechend kalkulieren …«
Daß es Forbes just an diesem regelmäßigen Einkommen mangelte, schwang unausgesprochen in Guarnaccias Worten mit. Es war eine gewagte Vermutung, denn Celia Carter mochte hier durchaus mit einem Dauerauftrag für Abhilfe gesorgt haben, der immer noch gültig war. Allein, Forbes’ Schweigen ließ auf etwas anderes schließen.
»Nun ja«, fuhr der Maresciallo leutselig fort, »Sie werden wohl auch einen schönen Batzen Geld geerbt haben.«
»Es reicht.« Forbes’ Miene war über die Maßen arrogant, aber er konnte dem Maresciallo noch immer nicht in die Augen sehen. Guarnaccia dagegen behielt den bibbernden Mann vor sich unverwandt im Visier.
»Braucht allerdings etwa ein halbes Jahr, bis so ein Testament in Kraft tritt, oder? Ich bin freilich kein Experte. Mir hat noch nie einer was vermacht, außer den Bestattungskosten und seiner Verwandtschaft.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Tja … Sei’s drum, ein halbes Jahr vergeht schnell – und ich höre, die Anwälte lassen in der Regel mit sich reden und schießen schon mal ein bißchen was vor, und sei’s nur für die Beerdigungskosten …. Da könnten unsere Ermittlungen allerdings ein bißchen quergeschossen haben. Ja, wenn ich’s recht bedenke, hat der Staatsanwalt sicher Kontakt aufgenommen zu … Andererseits ist da ja noch die Signorina, Ihre Stieftochter. Ich sehe keinen Grund, warum man ihr nicht einen Vorschuß gewähren sollte. Und dann kann sie das Begräbnis übernehmen.«
»Hat sie bereits getan. Warum auch nicht?«
»Gewiß. Und Sie werden der Signorina ihre Auslagen ja auch zurückerstatten können, sobald alles geklärt ist …«
»Was gibt’s denn da noch zu klären?«
Der Maresciallo überging die Frage. »Und was haben Sie nun für Pläne?«
»Wie bitte?«
»Verzeihen Sie, aber wo Sie schon so freundlich waren, mich zu besuchen, da dachte ich … Ich hatte nicht die Absicht, neugierig zu sein und mich in Ihre Angelegenheiten zu mischen. Es war nur … wie man halt so fragt, Sie wissen schon. Ich dachte, Sie haben vielleicht vor, sich ein eigenes Haus zu kaufen …«
Für einen Sekundenbruchteil trafen die wäßrigen Augen die seinen, schweiften aber gleich wieder ab. Nein, Fara hatte sich nicht geirrt, der Mann hatte einen fiebrigen Blick.
»Zufällig habe ich tatsächlich was im Auge, aber bevor das Geschäft nicht spruchreif ist, möchte ich lieber nicht darüber
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