Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln
die Zahl der Elektronen, die in einer bestimmten Zeit durch den Querschnitt des Metalls geleitet werden. Man kann sich das so vorstellen:
Der Minuspol ist eine Wasserquelle, der Pluspol ist das Meer und das Flussbett ist das Stück Metall. Je höher die Quelle gelegen ist (je höher die Spannung), umso schneller wird sich das Wasser bewegen, und je größer der Durchmesser des Flussbettes ist, umso mehr Wasser wird strömen. Beides steigert die Wassermenge, die in einer bestimmten Zeit durch den Querschnitt des Flussbettes fließt (also den Strom). Wird das Flussbett schmaler gemacht oder eine Staustufe dazwischengeschaltet, dann vergrößert sich der Widerstand, den es dem Wasserfluss entgegensetzt, und es fließt weniger Wasser hindurch. Soll trotzdem dieselbe Wassermenge hindurch, muss das Wasser schneller fließen, und dazu muss die Quelle höher gelegt, also die Spannung erhöht werden. Und das ist es schon, das berühmte ohmsche Gesetz, das das Zusammenspiel von Stromstärke, Spannung und Widerstand regelt.
Aber was ist eigentlich eine tödliche Stromdosis? Wie weiß man, dass es so weit ist? Das lässt sich leider nicht so einfach sagen, es hängt ganz davon ab. Wechselstrom mit 60 Hertz kann schon bei einer Stromstärke von zehn Milliampere und bei einer Einwirkdauer von länger als zwei Sekunden zum Tode durch Herzstillstand führen. Bei Unfällen mit Gleichstrom können demgegenüber noch Stromstärken von 300 Milliampere überlebt werden. Beim Defibrillator, den man einsetzt, um das Leben zu verlängern, beträgt die Spannung bis zu 750 Volt und dauert zwischen einer und 20 Millisekunden an. Die Stromstärke erreicht bei einem angenommenen durchschnittlichen Körperwiderstand von 50 Ohm bis zu etwa 15 Ampere. Die Größe von Strom, Spannung und Widerstand hängt mit dem Gesetz zusammen, das sich viele Menschen über den Physikunterricht hinaus merken, weil es so klingt wie ein Schweizer Kanton, der im Kreuzworträtsel gerne vorkommt. Das ohmsche Gesetz, nach dem deutschen Physiker Georg Simon Ohm benannt, lautet nämlich U = R ∙ I . U ist die Spannung, R der Widerstand und I die Stromstärke. Je höher die Spannung, desto größer ist also die Stromstärke oder der Widerstand. Wenn der Strom allerdings nur sehr kurz wirkt, beispielsweise unter einer Millisekunde, dann können wir Menschen auch Spannungsspitzen von 10.000 Volt aushalten. Derartige Werte werden in Elektrozaungeräten erzeugt. Wenn Sie auf einem Wandertag unbedingt auf einen Weidezaun urinieren wollen, machen Sie aber trotzdem keinen Fehler, wenn Sie gleichzeitig Ihrem Nebenmann die Hand auf die Schulter legen. Das schmälert zwar Ihren Schmerz nicht, aber der andere hat auch was davon. Und gemeinsame Erlebnisse stärken die Freundschaft.
Was vielfach unterschätzt wird, ist hingegen die besondere Gefahr, die von Stromleitungen bei der Bahn ausgeht. Jedes Jahr kommt es ein paarmal vor, dass Kinder oder Erwachsene auf einen abgestellten Waggon klettern und dort herumspielen und tanzen. Diese Menschen wissen sehr gut, dass sie nicht an die Stromleitung kommen dürfen. Sie wissen aber oft sehr schlecht, dass sie das auch nicht brauchen. Denn stromführende Oberleitungen der Bahn verfügen über 15.000 Volt, was bedeutet, dass es reicht, wenn ein Gegenstand rund 80 Zentimeter entfernt ist, damit ein Blitz entsteht. Die Elektronen wandern dann äußerst rasch von der Stromleitung über die Luft direkt in den Körper, auch wenn der fast einen Meter entfernt ist. Ob die Elektronen sich vorher hochputschen mit „Schaffst du nie!“, ist nicht bekannt. Der Nachteil für Menschen, denen das passiert: Ihr Leben ist umgehend zu Ende, und es gibt nur eine sehr schlechte Evidenz, dass es danach weitergeht. Die Prognosen, wie ein Dasein nach solch intensivem Kontakt mit Bahneigentum ausschaut, lassen zumindest keine Vorfreude aufkommen. Der Vorteil: Man spürt nichts. Eigentlich verdampft der wesentliche Teil des Oberkörpers binnen Sekundenbruchteilen. Vom Satz „Schau, gar nicht so gefährlich, wie alle immer sagen, wenn man nur aufpasst“ könnten sie keinen einzigen Buchstaben auch nur halb denken.
Oha! Die durchgestrichene Ameise, die habe ich jetzt ganz aus den Augen verloren. Jetzt hätten diejenigen, die nichts vom Inhalt von Phase IV wissen haben wollen, eigentlich auch weiterlesen können, weil gar nichts verraten wurde. Falls Sie die Passage davor übersprungen haben, fasse ich kurz zusammen, es ging ums Milgram-Experiment und um
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