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Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

Titel: Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gruber
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ein Lichtteilchen. In der Welt des Allerkleinsten, da sind Sie nicht an einem bestimmten Ort, sondern Sie haben eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Klingt wie eine Vertröstung der Asylbehörde, ist aber Physik. Und Ihre Aufenthaltswahrscheinlichkeit hat die Form einer Glockenkurve. Das bedeutet, dass es einen Bereich gibt, in dem Sie am wahrscheinlichsten sind, aber Sie könnten bei einer neuen Messung theoretisch und für kurze Zeit auch ganz woanders sein. Weil die Glockenkurve einen Bereich beschreibt, der nicht abgeschlossen und eigentlich unendlich ist, könnten Sie als Lichtteilchen theoretisch auch mal schnell in der Andromeda-Galaxie vorbeischauen.
    Wie weit weg wäre das?
    Circa eine Dreiviertelmillion Parsec.
    Gern geschehen, Sie haben gefragt.
    Könnten Sie dort hin- und dann zurückkommen und sagen: Die Andromeda-Galaxie ist sehr malerisch? Leider nein. Aber nicht weil die Andromeda-Galaxie hässlich ist, sondern weil Sie so kurz dort sind, dass es nicht einmal auffallen würde. Wenn Sie jetzt sagen: „Gut, dann war ich jetzt dort“, dann wäre das zwar nicht auszuschließen, aber sehr unwahrscheinlich. Die Lebensdauer unseres Universums wäre bei Weitem zu kurz, als dass Ihnen als Mensch das einmal passieren könnte.
    Ende des Crashkurses.
    Jetzt wissen Sie, wo Sie sein könnten, wenn sie ein Lichtteilchen wären, aber das ist noch nicht der Tunneleffekt, das war nur eine minimale Einführung in Quantenmechanik, damit Sie den Tunneleffekt verstehen können. Alles so weit klar? Gut. Dann nehmen wir uns den Tunneleffekt vor. Mein Kommando wird lauten: Auf die Plätze, fertig, los! Also, mein Kommando gilt: Auf die Plätze, fertig, und off we go. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit, die im Rahmen der Quantenmechanik für sehr, sehr kleine Teilchen gilt und die die Form einer Glockenkurve hat, diese Aufenthaltswahrscheinlichkeit für Lichtteilchen kann man sozusagen teilen.
    Und wie?



Nehmen wir wieder ein Lichtteilchen. Wenn man in die Glockenkurve, die die Aufenthaltswahrscheinlichkeit beschreibt, einen Spiegel
     postiert, dann erhält man vor und hinter dem Spiegel eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit für das Lichtteilchen.

    Das Lichtteilchen kann jetzt theoretisch auf beiden Seiten des Spiegels sein. Und um die Seiten zu wechseln, geht es durch den Spiegel durch. Das macht es in sehr seltenen Fällen. Und zwar indem es durch den Spiegel hindurchtunnelt. Das ist der Tunneleffekt. Das Lichtteilchen hört auf zu existieren, springt durch den Spiegel und beginnt seine Existenz wieder hinter dem Spiegel. Das Coole daran ist: Das ist kein mathematisches Modell, das kann man nicht nur berechnen, sondern das ist x-mal experimentell nachgewiesen. Auch schon mit größeren Objekten, etwa mit großen Molekülen. Quantenmechanik ist nämlich ein Konzept, das funktioniert, und nicht irgendein esoterisches Wischiwaschi. Und die Wissenschaft bekommt auch nicht vor Staunen den Mund nicht mehr zu, nur weil Teilchen über große Distanzen „springen“ können oder über viele Millionen Kilometer verschränkt bleiben. Ist halt so. Nur weil es in der Quantenphysik Vorgänge gibt, die ungewöhnlich erscheinen, heißt das nicht, dass man sie nicht genau beschreiben, experimentell überprüfen und für technischen Fortschritt verwenden kann. Wenn Ihnen aber wieder einmal wer mit Quantenmedizin und ähnlichem Unfug kommt, dann haben Sie jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder Sie sagen umgehend: „Völliger Quatsch!“ Oder Sie verlangen, dass der Quantenmedizin-Fan Ihnen den Tunneleffekt erklärt, und sagen, falls er es überraschenderweise schafft: „Quantenmedizin ist trotzdem völliger Quatsch!“ Das können Sie von Ihrer Tagesverfassung abhängig machen.
    Kann ein Mensch auch tunneln oder nur kleine Teilchen? Etwa durch eine Wand? Grundsätzlich könnte ein Mensch das, aber es wäre ein Generationenprojekt. Wenn Sie anfingen, jede Minute zehnmal gegen die Wand zu laufen, und ihre Kinder und Kindeskinder und so weiter den Betrieb übernähmen, so könnte es bis zum Ende unseres Universums vielleicht einmal klappen. Der Vorteil für die Kinder wäre: nie wieder Berufsberatungsmesse, nie wieder von Verwandten gefragt werden, ob man schon wisse, was man werden will. Der Nachteil: geringe Aufstiegschancen. Man kann natürlich die Wahrscheinlichkeit zu tunneln erhöhen, indem nicht ein großer Teil gegen eine dicke Wand läuft, sondern sehr viele kleine Teilchen gegen eine sehr dünne Wand. Wenn man unter diesen

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