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Gedenke deiner Taten

Gedenke deiner Taten

Titel: Gedenke deiner Taten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Hand zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte langsam und betrübt den Kopf.
    »Mein Gott.«
    »Komm«, sagte Dean, der plötzlich im Türrahmen stand. Emily hielt das für unglaublich dumm. Sollte er nicht lieber so tun, als kenne er sie nicht? Was sollte sie jetzt machen, die Flucht ergreifen?
    Und dann fiel ihr zu ihrem Schrecken auf, dass sich keiner Gedanken gemacht hatte – weder Brad noch Dean noch sie. Brad und Dean waren Junkies. Sie brauchten Geld. Nichts hatten sie geplant, sich keine Gedanken über die Konsequenzen gemacht. Sie hatten Emily benutzt – ihr Auto, ihre Ortskenntnis, ihre Freundschaft mit Carol. Und Emily war so dumm gewesen, sich ausnutzen zu lassen. Und jetzt war sie geliefert. Sie musste an die Eiswassergläser denken, die ihr am Morgen vom Tablett gerutscht und in tausend Stücke zersprungen waren. Das Gleiche passierte nun mit ihrem Herzen. Ihr Leben war vorbei.
    Angelo beobachtete sie gespannt.
    »Du musst ihm nicht gehorchen.«
    »Halt’s Maul«, sagte Dean. »Komm jetzt.«
    »Wenn du jetzt mit ihnen gehst«, sagte Carol, »zerstörst du dein Leben. Dann hast du deine Zukunft verspielt. Noch ist es nicht zu spät.«
    Emily sah Carols ernsten, bekümmerten Blick. Ihre Hände zitterten. Bestimmt dachte sie gerade an ihre Kinder, die zwar schon aufs College gingen, sie aber oft besuchten. Bestimmt dachte sie auch, dass Emily sie verraten und ihr Vertrauen missbraucht hatte.
    »Klappe!«, rief Dean. Seine Stimme klang auf einmal schrill. »Komm schon.«
    »Lass sie«, sagte Brad, der hinter Dean auftauchte, »wir müssen abhauen.«
    Aber Emily wusste, die beiden konnten sie nicht einfach hier zurücklassen. Die Polizei würde sie verhören. Wenn Emily blieb, mussten sie, Carol und Angelo sterben.
    Brad hielt die Pistole in der einen, das Geld in der anderen Hand.
    Emily stand auf. Angelo tat es ihr gleich. Sie sah ihn entsetzt an und formte mit den Lippen ein stummes Nein. Sei nicht dumm,dachte sie, lass mich gehen. Aber dann entdeckte sie so etwas wie Mitleid in seinem Blick. Nicht Angelo war dumm, sondern sie. Brad und Dean versuchten bloß, sie aus der Schusslinie zu holen, bevor sie das Feuer eröffneten.
    Angelo drehte sich um, zog den Revolver und schoss aus der Hüfte. Seine Miene war grimmig, und er kniff die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn, seine schwarzen Augen glühten vor Angst, um seinen Hals baumelte ein goldenes Kruzifix. Nein, bitte nicht.
    Dann verschwamm alles, alle klaren Details wirbelten durcheinander wie bei einer wilden, lärmenden Karussellfahrt. Emily wusste nicht, wer das Feuer eröffnet hatte, aber der Knall – ohrenbetäubend laut – durchzuckte ihren ganzen Körper. Sie legte sich die Hände auf die Ohren und krümmte sich zusammen. Am liebsten wäre sie zu einer kleinen, festen Kugel zusammengeschrumpft und verschwunden. Die Schüsse und das Geschrei hörten nicht auf.
    Als es endlich wieder still wurde, hatte Emily einen hohen Summton im Ohr. Sie schlug die Augen auf und sah, wie ein dunkelroter Fleck über Angelos weiße Kochschürze kroch. Mit ausdruckslosem Gesicht taumelte die schockierte Carol gegen einen Tisch, stürzte, riss ein paar Stühle um. Das passiert nicht wirklich, dachte Emily, als Carol fiel und reglos liegen blieb.
    Brad und Dean verschwanden durch den Türrahmen. Emily hörte ihre schweren Schritte. Der verletzte Angelo schleppte sich hinterher. Emily kroch zu Carol hinüber, berührte ihre Hand. »Bitte, steh auf « , flehte sie sie an. Ihre Ohren klingelten immer noch. »Bitte, Carol, es tut mir so leid!«
    Blut war an Emilys Hemd, an ihren Händen, auf dem Fußboden, an der Wand. So viel Blut. Wie war das möglich? Das Blut roch süßlich und metallisch. Oh Gott. Oh bitte, mach, dass das nicht wahr ist. Emily hörte drei weitere Schüsse, dann wurde es still.
    Emily schloss die Augen. Würde das viele Blut doch nur aus ihrem Körper laufen und die Welt sich auflösen.
    »Los, Em.«
    Dean war zurückgekommen und zog sie hoch. Emily klammerte sich an Carols reglosem, schwerem Körper fest. Wenigstens war es nun still, wenigstens musste Emily diesen langgezogenen, gellenden Angstschrei nicht mehr ertragen. Wer hatte nur so geschrien? Sie war es gewesen.
    Dean nahm sie über die Schulter und trug sie hinaus, während sie boxte und strampelte und schrie. Der reinste Horrorfilm. Carol blieb liegen, wo sie gestürzt war. Angelo saß zusammengesackt im Flur, den

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