Gedenke deiner Taten
nicht einverstanden bist, sollen sie sich einen anderen Makler suchen.«
Das meinte er auch noch ernst. Wenn sie es wollte, ließ er den Auftrag sausen, ohne mit der Wimper zu zucken. So war er. Und genau aus diesem Grund konnte sie ihn nicht darum bitten, so sehr sie es auch wollte. Sie würde ihn nicht dazu zwingen, den Helden zu spielen.
»Ich dachte, du bist urlaubsreif?«, fragte sie, »und brauchst eine Pause.«
»Ja«, sagte er, »aber …«
Kate drückte seinen Arm.
»Nein, schon gut«, sagte sie, »du willst diesen Auftrag.«
So sehr hatte er sich lange nicht mehr für ein Haus begeistert. In letzter Zeit hatte er vor allem Zwangsversteigerungen und Notverkäufe organisiert und heruntergekommene Häuser verkauft. Manche Leute konnten sich die nötigen Instandhaltungsarbeiten nicht leisten und nahmen beim Auszug mit, was nicht niet- und nagelfest war. Einbauküchen, Türklinken, manchmal sogar Bäume und Stauden aus dem Garten. Zu Zeiten des Aufschwungs hatte Sean ausschließlich Traumvillen verkauft. Nun bestand seine Aufgabe hauptsächlich darin, geplatzte Träume zusammenzukratzen und meistbietend zu verscherbeln.
»Im Ernst?«, fragte er.
»Im Ernst.«
Er beugte sich vor und küsste sie. Wie könnte sie nein sagen? Besuche auf der Insel waren eine Qual für ihn, nur ihr zuliebe plagte er sich mit ihren Eltern herum. Ein Immobilienmakler? Der säuerliche Tonfall ihrer Mutter hatte praktisch ausgereicht, um die Tapeten von den Wänden zu lösen. In Birdies Augen war der Job des Verkäufers noch ehrloser als der einer Putzkraft. Zu putzen war nach Kates Meinung nichts Anrüchiges. Arbeit war Arbeit. Schließlich hatte Bir dies Vater, Grandpa Jack, sein Vermögen nicht zuletzt mit Immobilien gemacht. Er hat Häuser erworben , hatte Birdie Kates Einwand korrigiert, und weitervermietet . Kate sah den Unterschied nicht. Ihre Mutter brauchte anscheinend einen Grund, sich überlegen zu fühlen. Wozu sollte das gut sein?
»Auf der Insel haben wir Handyempfang«, sagte Sean plötzlich. In Gedanken plante er schon. »Ich kann mit Interessenten in Kontakt bleiben. Falls jemand das Haus in meiner Abwesenheit sehen möchte, kann Jane mich vertreten. Und zur zweiten Besichtigung am nächsten Sonntag bin ich wieder zurück.«
»Ja«, sagte sie, »genau. Perfekt.«
Er erzählte von dem Haus, von den hohen, gewölbten Decken und der atemberaubenden Poollandschaft. Er schwärmte vom Badezimmer, dem Dampfbad, der Profiküche. Vier riesige Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad. Offenbar hatte er schon vor längerer Zeit Erkundigungen über das Haus eingeholt. Er lobte das Dach aus Tonziegeln, die Dreiergarage, den Kinosaal und die Wasserspeierfigur aus Messing, die als Türklopfer diente. Bei der ersten Begegnung hatte er Kate ihr jetziges Haus gezeigt. »Man muss etwas Arbeit hineinstecken, aber es hat was«, hatte er gesagt. Das Gleiche hatte sie über ihn gedacht. Während der Besichtigung hatte sie ihn für einen netten Trottel gehalten, aber schon nach einer Stunde hatte sie begriffen, dass er ein grundanständiger Typ war.
»Vielleicht sollten wir es kaufen«, sagte Kate.
Sean starrte sie an. Vor der Ehe hatten sie sich darauf geeinigt, dass Kates Vermögen den Kindern zugutekommen sollte. Sie sollten eine gute Ausbildung erhalten; beide wussten bislang nichts von dem Geld. Es sollte nur im Notfall oder im Alter angetastet werden. Kate und Sean wollten den Kindern so viel wie möglich hinterlassen, auch wenn ein Teil der Summe an gemeinnützige Organisationen floss. Ich will mir mit dir zusammen etwas aufbauen. Das Geld deiner Eltern brauche ich nicht. Dafür liebte sie Sean. Sebastian hatte nie so gedacht. Ihm rann das Geld nur so durch die Finger. Er ließ sich davon durchs Leben tragen, aber es bedeutete ihm nichts.
Während der letzten Jahre hatten Sean und Kate tatsächlich etwas von Kates Geld gebraucht. Seans Einkommen schwankte, die Privatschule der Kinder war teuer. Sean war darüber sehr unglücklich gewesen. Zum ersten Mal im Leben hatte sie ihn mürrisch und betrübt erlebt.
»Nicht mit dem Geld aus dem Fonds«, fügte sie hinzu. »Wir verkaufen unser Haus und benutzen den Erlös und meinen Verlagsvorschuss, um eine große Anzahlung zu leisten.«
Sean nickte langsam, so als dächte er ernsthaft darüber nach. Was er, Kate wusste es genau, nicht tat.
»Die Grundsteuer würde sich verdreifachen«, gab er zu bedenken. Mit solchen Details nahm er es sehr genau, anders als Sebastian, für den Geld
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