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Gedenke deiner Taten

Gedenke deiner Taten

Titel: Gedenke deiner Taten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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hindern.
    Eigentlich hatte er die junge Frau am Straßenrand auf den ersten Blick erkannt. Er hatte die Geschichte mitverfolgt und den Polizeifunk mitgehört und wusste, dass das Trio auf dem Weg nach Norden war; er hatte sogar damit gerechnet, dass es an The Hollows vorbeikam. Und nun musste er sich zu allem Überfluss noch den Fragen einer FBI -Agentin stellen, die halb so alt war wie er und sich dabei für umso klüger hielt. Ihr freches, selbstgerechtes Auftreten würde ihr noch Ärger einbringen. Alle jungen Polizisten benahmen sich so; in gewisser Hinsicht war Jones früher nicht anders gewesen. Aber das war lange her.
    »Aber er hat die Schusswaffe gehalten, richtig?« Sie starrte auf ihren Block.
    »Richtig.«
    »Und ihr Gesicht war geschwollen, so als wäre sie geschlagen worden?«
    Die Agentin hatte die Angewohnheit, ihren dicken Pferdeschwanz nach vorn zu ziehen und um den Finger zu wickeln.
    Jones nickte zustimmend. Er hätte gern geglaubt, die junge Frau sei eine Geisel, so unschuldig wie sie ausgesehen hatte. Vielleicht war sie bedroht worden, ohne dass er es bemerkt hatte. Aber nein, das war unwahrscheinlich. Sie war wirklich verzweifelt gewesen. Ihr Leben war aus den Fugen geraten, und jetzt fiel sie ins Bodenlose.
    »Also stand sie unter Zwang.« Die Agentin rückte ihre schwarz gerahmte Brille zurecht. Heutzutage trugen die meisten jungen Frauen Kontaktlinsen oder ließen sich die Augen lasern. Warum Eliza Griffin sich wohl dagegen entschieden hatte? Das Brillengestell dominierte ihr Gesicht; sah man sie an, bemerkte man zuerst die Brille. Vielleicht wollte Eliza es so.
    »Na ja«, räumte Jones ein, »gewissermaßen. Ich glaube nicht, dass sie das Schlamassel selbst angerichtet hat. Aber jetzt steckt sie mittendrin. Sie liebt ihn. Sie will ihn retten.«
    Seine Kollegin warf ihm einen unverhohlen skeptischen Blick zu.
    »Und woher wissen Sie das?«
    Jones zuckte die Achseln.
    »Erfahrung. Bauchgefühl. Es ist doch immer die alte Geschichte.«
    Eliza versuchte es mit einem höflichen Lächeln, das sehr herablassend wirkte.
    »Ein Bekannter von Dean Freeman hat ausgesagt, Freeman habe den Raub seit Langem geplant. Er habe seinen Freund Brad Campbell in Florida angerufen, der ihm bei der Umsetzung helfen sollte.«
    Das klang für Jones nicht stimmig. Er kannte Typen wie Dean Freeman, sie machten ständig Ärger, waren aber im Grunde Schwächlinge – und nicht besonders clever. Solche Leute heckten keine Raubüberfälle aus. Vielleicht hatte er ursprünglich die Idee gehabt; aber ohne einen Komplizen, der ihm sagte, wo’s langging, war er für die Tat zu feige und zu faul.
    »Er hat auf mich nicht gerade wie ein Intelligenzbolzen gewirkt«, gab Jones zu bedenken. »Er war fahrig und nervös. Ich bin mir nicht sicher, aber möglicherweise stand er unter Drogen.«
    »Die Videoüberwachung des Restaurants zeigt, wie zwei Männer durch den Hintereingang hereinkommen und später das Mädchen nach draußen schleppen. Und Sie haben nur zwei Personen gesehen?«
    »Ja«, sagte Jones.
    »Das Trio wurde in einem Motel südlich von The Hollows gesehen«, fuhr Agent Griffin fort. »Den Zeugenaussagen zufolge sind Emily Burke und Dean Freeman allein weitergefahren. Als wir vor Ort eintrafen, konnten wir Spuren eines Kampfes sicherstellen: umgestürzte Möbel, Blut an Teppich und Wänden. Wir haben aber niemanden angetroffen.«
    Jones fragte sich, warum sie ihm das erzählte. Wollte sie seine Meinung erfahren, ohne ihn direkt darum zu bitten?
    »Möglicherweise ein Streit um die Beute«, sagte er. »Immer ist einer der Meinung, ihm stünde mehr zu als den anderen.«
    Die junge Agentin lächelte kurz, so als fände sie Jones amüsant.
    »Das habe ich auch gedacht. Oder es ging um das Mädchen. Ein Streit um das Mädchen.«
    »Kann sein«, gab Jones zu. Emily Burke war wirklich hübsch.
    »Welchen Eindruck hat sie auf Sie gemacht?«, fragte sie.
    »Sie war nüchtern. Relativ gefasst. Wie ich schon sagte, sie hat nicht wie eine Geisel ausgesehen. Sie hatte die Situation besser unter Kontrolle als er. Er schien kurz vorm Durchdrehen zu sein.«
    Die Agentin setzte sich auf und warf einen Blick in die Akte, die zwischen ihnen auf dem Tisch lag. Polizeifotos von Freeman.
    »Etwas Schlimmeres hat er bis jetzt nicht verbrochen«, erklärte sie. »Als Jugendlicher wurde er in Florida wegen Raub verurteilt, aber er war damals unbewaffnet. Vor ein paar Jahren dann Drogenbesitz und Dealerei, das war in New Jersey. Jetzt bewegt

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