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Gedenke deiner Taten

Gedenke deiner Taten

Titel: Gedenke deiner Taten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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seine Hosentasche. Ein Blitz zuckte über den fernen Berggipfeln, und Emily schwankte zwischen Angst und Hoffnung.
    »Das Reden übernehme ich«, sagte Dean und kletterte zurück auf den Anleger. Er winkte wie selbstverständlich. Emily war vor Angst wie gelähmt. Das Boot schaukelte. Bitte komm nicht näher,dachte sie.
    Ein Mann mit Kapuze über dem Kopf stand vor ihnen.
    »Was geht hier vor?«
    »Hallo«, sagte Dean, »wir sind Anne und Rob Glass. Wir haben mit den Besitzern von Heart Island die Häuser getauscht.«
    Emily konnte das Gesicht des Mannes nicht erkennen, aber sie war überzeugt, dass er misstrauisch die Stirn runzelte.
    »Davon weiß ich nichts. Ich glaube, die Burkes sind immer noch auf der Insel. Und es ist mitten in der Nacht.«
    Er klang mürrisch und unfreundlich, aber Emily horchte auf. Bedeutete das, dass Joe hier war? Wie gern würde sie sich in seine Arme werfen und sich von ihm wärmen lassen! Meine kleine Em! Sie fing zu zittern an. Sie war klatschnass.
    »Ich weiß.« Dean lachte. Er war ein geschickter Lügner. Selbst Emily hätte ihm geglaubt. »Das Wetter war so schlecht, und wir haben uns verfahren … diese verdammten Navigationsgeräte. Leiten einen ständig in die Irre, nicht wahr?«
    Der Mann schwieg. Hatte er gesehen, dass Deans Hand in der Hosentasche steckte? Lass uns gehen, betete Emily. Wie viel verdienst du hier als Nachtwächter? Lass uns gehen.
    »Und das ist nicht das Boot der Burkes.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Dean. »Sie haben gesagt, wir sollten nach der Serendipity Ausschau halten, der Schlüssel liege unter dem Kapitänssitz. Ich habe ihn schon gefunden.« Er hielt den Schlüssel in die Höhe. Der Mann überlegte. Dean trat so gelassen und überzeugend auf, der Mann musste sie gehen lassen.
    »Ich muss das überprüfen«, sagte er.
    »Nein, lassen Sie das lieber«, sagte Dean, »es ist schon spät. Das haben Sie selbst gesagt.«
    Seine Stimme klang nicht mehr freundlich, sondern bedrohlich. Eine Nuance, die kaum herauszuhören war; dennoch fing Emilys Herz zu klopfen an, und das Blut rauschte in ihren Ohren.
    Der Mann wich zurück, und Dean zog die Pistole. »Keine Bewegung, Mann«, sagte er. »Stehen bleiben!«
    Der Mann riss beide Arme hoch, und der Lichtschein der Taschenlampe schoss in den Nachthimmel hinauf. Nun standen sie im Dunkeln.
    »Gib mir die Leine«, sagte Dean.
    »Was?«, flüsterte Emily, woraufhin er sie böse ansah.
    »Die Leine, verdammt nochmal«, fuhr er sie an. »Bist du blöd?«
    Der Mann nutzte den Moment, um sich umzudrehen und zu fliehen. Er humpelte und kam nur langsam voran. Dean nahm die Verfolgung auf, und Emily schaute ihm hinterher, durch ihre schweren Schritte schaukelte der Anleger hin und her.
    Als der Mann das Festland fast erreicht hatte, holte Dean ihn ein. Emily sah beide zu Boden gehen, wie auf einem kleinen Bildschirm. Sie sah einen merkwürdigen Stummfilm in Zeitlupe.
    Im richtigen Leben wirkten Schlägereien so unbeholfen und langsam. Wenn Haut auf Haut trifft, erzeugt es kaum ein Geräusch, dachte sie und hörte im selben Moment einen spitzen Schrei. Er fuhr ihr durch Mark und Bein; instinktiv deutete sie ihn als Schmerzensschrei. Sie schreckte aus ihrer Trance hoch und rannte los. Sie stolperte über den schwankenden Anleger, der sich endlos in die Länge zu ziehen schien.
    »Dean, hör auf!«, schrie sie, obwohl sie selbst nicht wusste, womit genau er aufhören sollte. Sie konnte ihn nicht einmal sehen. Sie wusste nur, dass er Unrecht tat.
    Als sie ihr Ziel erreicht hatte, löste sich ein Schuss. Ein krachendes Geräusch, das ein weites Echo warf und im Regen unterging. Emily verlangsamte ihre Schritte. Als sie näher kam, sah sie Dean auf dem anderen Mann sitzen.
    »Du blödes Arschloch«, schrie Dean, »warum bist du weggerannt? Ich wollte dich nur fesseln.«
    Er klang so traurig und verzweifelt wie ein kleiner Junge, aber in diesem Moment hasste Emily ihn.
    »Was hast du getan?«, keuchte sie, »was hast du getan?«
    Ihre schrille Stimme zerschnitt die Dunkelheit. Dean fuhr erschreckt herum. Der Mann lag reglos und mit seltsam verdrehten Beinen da, so als humpele er immer noch.
    »Was sollte ich denn machen?«, fragte Dean.
    Er stand auf und kam näher.
    »Er wollte die Polizei rufen, ich musste ihn aufhalten!«
    Emily holte aus und schlug ihm mit voller Kraft ins Gesicht. Er starrte sie fassungslos an, hielt sich die Wange.
    »Sieh dir an, was du aus uns gemacht hast«, kreischte sie. Die Worte sprudelten nur so aus

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