Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
Vom Netzwerk:
gern sehen, wenn man Dicky die Deutschland-Abteilung wegnähme. Der Deputy Europa zum Beispiel. Er verabscheut Dicky. Wenn er zugleich mit mir Dicky loswerden könnte, täte Gus Stowe das sofort und würde eine Party geben, es zu feiern.«
Gloria lachte. Eine zur Feier von was auch immer von Gus Stowe gegebene Party war nicht leicht vorstellbar. »Laß mich das Essen in den Mikrowellenherd stellen«, sagte sie. Daß sie mich bat, das zuzulassen, anstatt ihre Absicht in bestimmterer Syntax kundzutun, charakterisierte das Wesen unserer Beziehung. Wenn auch andere das vermuten mochten, war doch meine Liebe zu ihr nicht im mindesten väterlich. Aber von welcher Art war ihre Liebe zu mir? »Und ich werde dir ein Glas Wein bringen.«
»Ich hol’s mir. Du bleib ruhig da sitzen und mach’s dir gemütlich.«
»Wenn das Essen fertig ist, erzähle ich dir das Neueste von Dicky. Da wirst du Augen machen.«
»Über Dicky wundere ich mich schon lange nicht mehr«, sagte ich.
Sie brachte mir ein Glas gekühlten Wein. Scotch war nicht im Haus. Kein Gin, Wodka oder dergleichen. Alles war ausgegangen, und sie hatte nichts nachgekauft. Sie wollte mir die harten Sachen abgewöhnen. Ich lehnte mich zurück, trank den Wein und lauschte dem Quieken des elektronischen Zeitgebers am Mikrowellenherd. Dieser Ofen war Glorias neuestes Spielzeug. Ich hatte sie mit der Raumpflegerin davon reden hören. Mit der leckeren gedünsteten Leber, die sie darin zubereitet habe, hat sie sich gebrüstet, tatsächlich aber war die Leber explodiert und hatte das Innere des Herds mit einem Knoblauchfilm aus pulverisiertem Schleim bedeckt. Gloria war in Tränen ausgebrochen.
Aber jetzt hörte ich sie leise vor sich hin singen und wußte, daß es richtig gewesen war, mich für die ungarische Küche ihrer Mutter, zubereitet von Gloria in ihrer neuen Maschine, zu entscheiden. Das gab ihr eine Gelegenheit, die Hausfrau zu spielen. Das besondere Vergnügen, das sie daran hatte, war auch dem Aufwand anzumerken, mit dem sie für dieses Mahl zu zweit den Tisch deckte. Es gab Kerzen und sogar eine langstielige Rose, wenn diese auch künstlich war.
»Wie wunderbar du bist«, sagte ich, als ich zum Essen in die Küche kommen durfte.
»Ich habe die Pfeffermühle vergessen«, sagte sie und griff eilig danach. Es war Nervosität in ihrer Stimme, Besorgnis, so daß ihr eifriges Bemühen, es mir recht zu machen, mir manchmal unbehaglich war, weil ich mir dann wie ein Tyrann vorkam.
»Erzähle mir deine Neuigkeiten von Dicky.«
»Ich weiß nicht, wie Daphne es mit ihm aushält«, sagte Gloria. Sie fing gerne mit einer einstimmenden Vorrede an. »Daphne ist eine so patente Frau. Weißt du, daß sie Lederjacken bemalt?«
»Lederjacken bemalt, Daphne?«
»Sie ist Malerin, Bernard.«
»Ich weiß, daß sie die Kunstschule besucht hat.«
»Na bitte.«
»Auf Lederjacken?«
»Drachen und psychedelische Akte. Hast du noch keine gesehen? Ich weiß, du würdest auch gerne eine haben, Liebling.«
»Ein psychedelischer Akt, und sei’s auch nur auf einer Lederjacke, würde mir, fürchte ich, dieser Tage etwas zuviel abverlangen.«
»Man braucht Stunden dafür.«
»Kann ich mir vorstellen.«
»Hör auf!«
»Was?«
»Das ist nicht komisch. Daphne arbeitet sehr hart, und Dicky versteht sie nicht.«
»Hat er dir das gesagt?«
»Natürlich nicht. Ich wünschte, du würdest zuhören, anstatt zu versuchen, so schlau zu sein.«
»Mir schmeckt dieses Schweinefleisch mit Kohl. Ein bißchen sehr salzig, aber sonst hervorragend.«
»Letztesmal war es dir zu fad. Ich habe es extra ein bißchen mehr gesalzen.«
»Es ist köstlich. Was ist also mit Dicky?«
»Er fliegt Freitag nach Berlin. Er hat eine Suite im Kempinski reserviert; er nimmt ein Mädchen mit. Arme Daphne. Wenn sie das je erfährt …«
»Was für ein Mädchen? Jemand aus dem Büro?«
»Weiß ich nicht«, sagte sie. »Wo hast du dieses Gerücht aufgeschnappt?«
»Das ist nicht nur ein Gerücht. Die Suite ist wirklich reserviert.«
»Hat Dickys Sekretärin dir das erzählt?«
Gloria machte eine Pause, um ihren Kohl zu schlucken, und trank dann auch noch einen Schluck Wein. Das gab ihr Zeit, sich ihre Antwort zu überlegen. »Nein, natürlich nicht.«
»Sie hat kein Recht, solche Sachen herumzuerzählen.«
»Wirst du’s Dicky sagen?«
»Nein«, sagte ich, »natürlich nicht. Aber es ist dumm von ihr, so herumzutratschen.«
»Sei nicht so spießig, Teddybär«, sagte sie und goß Wein nach.
»Nimm mal an, da wäre gar keine Frau«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher