Gedrillt
einem bequemen Gästehaus abseits der Hauptgebäude untergebracht. Wir hatten dort eine Küche und ein Speisezimmer und eine junge Mexikanerin, die uns das Frühstück zubereitete und den Hausputz machte. Fiona verbrachte fast täglich vier, manchmal fünf Stunden mit Bret. Sie unterbrachen diese Sitzungen nicht, um anständig zu Mittag zu essen, vielmehr ließen sie sich Sandwiches, Früchte und Kaffee hereinschicken und redeten weiter. Bret hatte eine Teilzeitsekretärin, aber diese war während der Sitzungen nicht bei ihnen. Sein großes und sehr bequemes Büro mit Fenstergittern und Sicherheitsschlössern enthielt Landkarten und Nachschlagewerke und einen Computer, der ausdrucken oder auf seinem Bildschirm präsentieren würde, was immer man aus irgendeiner Datenbank rief. Was Fiona sagte, wurde auf Tonband aufgenommen und in einem großen Safe verschlossen. Schriftliche Protokolle gab es einstweilen nicht. Dafür würde später noch Zeit sein. Dies war der erste Durchgang, damit Bret London und Washington umgehend von allem Dringlichen in Kenntnis setzen konnte. Anfänglich saß ich manchmal bei ihnen und hörte zu, aber nach ein paar Tagen bat mich Fiona, diesen Sitzungen fernzubleiben. Sie fühlte sich in meiner Gegenwart gehemmt, sagte sie. Das verletzte und beleidigte mich zwar damals, aber für gewöhnlich fanden diese Verhöre unter vier Augen statt, und ich war nie begeistert, einen Beisitzer zu haben, wenn es an mir war, tiefenanalytische Schaustücke zu zeigen.
So schwamm ich in dem blauen Swimmingpool unter freiem Himmel, las Bücher, für die man gewöhnlich keine Zeit hat, und hörte klassische Musik von KSCA-FM, dem Sender, der vierundzwanzig Stunden täglich klassische Musik sendet, oder von Kassetten über die große Hi-Fi-Anlage. An den meisten Tagen schwamm ich mit Mrs. O’Raffety, der künstlerisch begabten alten Dame, der das Anwesen gehörte und die wegen ihres Rückens schwimmen mußte. An den meisten Tagen aßen wir auch gemeinsam zu Mittag.
Ich wäre gerne nach Los Angeles gefahren oder wenigstens auf ein Bier hinunter nach Santa Barbara, das ganz in der Nähe lag. Eine Strandwanderung, eine Autotour auf dem Pacific Coast Highway, eine Besichtigung des Hauses des Zeitungskönigs Hearst – alles, was versprochen hätte, meinen eintönigen Alltag aufzulockern, wäre mir recht gewesen. Aber Bret war unerbittlich. Wir beide hatten in La Buona Nova zu bleiben, umgeben von Maschendrahtzäunen, Hunden und schwerbewaffneten mexikanischen Wächtern. Es war ein Gefängnis, ein nettes, bequemes Gefängnis, aber wir waren verurteilt, dort auszuharren, solange es dem Department gefiel. Ich hatte das ungemütliche Gefühl, daß wir die Freiheit so bald nicht wiedersehen sollten. Aber was konnte ich tun? Nur so war Fionas Sicherheit zu garantieren, sagte Bret. Und dagegen gab es keine Argumente.
Eines Abends, bald nach unserer Ankunft, hatte ich versucht, mit Fiona über ihre Zeit bei Stinnes und seinen Spießgesellen zu sprechen. Es war, als wir schlafen gingen. Anfänglich antwortete sie normal, aber dann wurden ihre Antworten immer kürzer und abgehackter, und ich merkte, daß sie sich sehr aufregte. Sie weinte nicht, es kam überhaupt zu keinem Gefühlsausbruch. Wäre das geschehen, wäre es wahrscheinlich für alle Beteiligten besser gewesen. Es hätte ihr vielleicht geholfen. Aber sie weinte nicht; sie legte sich ins Bett, machte sich ganz klein und zog das Laken über den Kopf.
Allabendlich beim Dinner saßen wir zusammen mit Bret, unserer Gastgeberin und deren Schwiegersohn, einem umgänglichen Rechtsanwalt. Diese Mahlzeiten waren sterbenslangweilig, die mexikanischen Dienstboten ließen uns dabei keinen Augenblick allein, und wir tauschten Belanglosigkeiten aus. Manchmal sah ich Bret Rensselaer am Schwimmbecken, und dann scherzten wir miteinander. Meiner Besorgnis um Fionas Gesundheitszustand entgegnete er mit freundlichen Beschwichtigungen. Der Arzt hatte sie am Tage nach ihrer Ankunft hier gründlich untersucht und ihr, für den Fall, daß sie sie brauchte, Vitaminpillen und Schlaftabletten gegeben. Und er wies mich darauf hin, daß sie eine schwierige Zeit hinter sich habe, und behandelte mich wie eine neurotische Mutter, die sich um ein Kind mit abgeschürftem Knie sorgt. Aber die Veränderungen, die ich an Fiona bemerkte, waren vielleicht nicht sichtbar für Leute, die sie nicht so gut kannten. Es waren durchweg geringfügige Veränderungen. Sie schien irgendwie eingeschrumpft, ihr
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