Gedrillt
den Füßen, ehe sie dann weiter durch den Schlamm patschte. Ängstlich und zögernd, denn der verstauchte Knöchel tat weh. Endlich stieg sie in den Wagen und ließ den Motor an. Nachdem sie sich kurz mit der Schaltung vertraut gemacht hatte, fuhr sie langsam ein Stück vorwärts und legte dann den Leerlauf ein.
»Jetzt schulden Sie mir was, Bernie«, rief Thurkettle.
»Grüßen Sie den Grafen Zeppelin von mir«, sagte ich. Noch war ich ihm einen Schritt voraus. Ich wußte, wo er war, aber er hatte mich noch nicht geortet. Ich kletterte zu Boden und schätzte, wie viele Schritte ich zur anderen Seite unseres Wagens machen mußte. Wenn Thurkettle zu schießen anfing, bot mir der Wagen Deckung. Ich wartete ein paar Minuten, damit Thurkettle schon mal anfinge, sich umzusehen und sich zu fragen, ob ich nicht schon davongekommen sei. Dann rannte ich zu unserem Wagen hinüber. Ein schwerer Lastzug kroch eben in diesem Augenblick um die Kurve, und seine Scheinwerfer packten mich. Ich lief weiter und warf mich in den Schlamm, als ich das Heck des Ford Transit erreichte. Ich blieb einen Augenblick lang dort liegen, um Atem zu schöpfen. Es fielen keine Schüsse. Ich bewegte mich zum vorderen Teil des Wagens und legte eine Hand an die Scheibe, um Fionas Aufmerksamkeit zu erregen. »Kannst du ihn sehen?« flüsterte ich. »Er ist hinter dem Wartburg.«
»Ist er einer von deinen Leuten?«
»Ich weiß nichts von ihm.«
»Ist er denn nicht mit euch gekommen?« fragte ich sie.
»Nein. Er kam auf einem Motorrad.«
»Kannst du fahren?«
»Ja, natürlich«, sagte sie. Ihre Stimme war fest und entschlossen. »Wir werden uns hier absetzen und ihn machen lassen. Rutsche tief in den Sitz für den Fall, daß er schießt. Ich werde einsteigen. Wenn ich sage: ›Los!‹, fahr los. Nicht zu schnell, sonst würgst du den Motor ab.«
Ich fingerte mit der Hand an der Türfassung entlang, bis ich den Lichtschalter fand, auf den ich dann drückte, um zu verhindern, daß sich die Innenbeleuchtung einschaltete. Dann öffnete ich die Tür und stieg ein. »Los«, sagte ich leise. Fiona gab Gas, und wir rumpelten vorwärts über unebenes Gelände. Es fielen keine Schüsse.
In der Dunkelheit rumpelte der Wagen über ein paar Bretter, und dann rollten wir über eine hohe Kante auf die Autobahn. Es war sehr dunkel. Kein Verkehr weit und breit in Sicht. Wir fuhren nach Westen. Als wir ungefähr eine halbe Meile weit gekommen waren, sahen wir hinter uns einen großen Lichtball. »Mein Gott!« sagte Fiona. »Was mag das sein?«
»Da geht dein Wartburg in Flammen auf, wenn ich mich nicht sehr irre.«
»In Flammen?«
»Irgend jemand zerstört das Beweismaterial.«
»Beweismaterial für was?«
»Laß uns nicht zurückfahren und danach fragen.« Das Feuer loderte sehr heftig. Man sah die Flammen noch aus vielen Meilen Entfernung. Dann, als wir über den Kamm eines Hügels fuhren, erlosch das Licht am Horizont plötzlich. Nach einem solchen Brand würden sehr wenig forensisch verwertbare Spuren zu sichern sein.
Ich fragte Fiona, ob ich fahren sollte. Sie schüttelte wortlos den Kopf. Ich versuchte, auf andere Weise eine Unterhaltung in Gang zu bringen, aber sie antwortete jedesmal einsilbig. Das Fahren auf der Autobahn gab ihr in dieser Nacht etwas, worauf sie sich konzentrieren konnte. Sie war entschlossen, nicht an das zu denken, was sie getan hatte, und nicht in der Stimmung, zu besprechen, was wir zu tun hatten.
Mein Arm schmerzte. Ich berührte ihn und fühlte meinen Ärmel klebrig von Blut. Eine der Kugeln war mir näher gekommen, als ich zunächst gemerkt hatte. Es war keine richtige Wunde, nur eine lange, schlimme Schramme mit enormer Prellung, wie Streifschüsse sie verursachen. Ich faltete ein Taschentuch und drückte es gegen meinen Arm, um die Blutung zu stillen. Es war keine Verletzung, deretwegen ich mich würde ins Krankenhaus legen müssen, aber sie war mehr als hinreichend, mir den Anzug zu versauen.
»Bist du in Ordnung?« Es war keine Zärtlichkeit in ihrer Stimme. Sie war ebenso mahnend wie besorgt, die Stimme einer Lehrerin, die eine Kinderschar über eine verkehrsreiche Straße geleitet.
»Ich bin in Ordnung.« Wir hätten reden sollen, uns umarmen, miteinander lachen und uns lieben. Wir waren wieder zusammen, und sie kam nach Hause zu mir und den Kindern. Aber so war es nicht. Wir waren nicht mehr das sorglose Paar, das sein Konto überzog, um in die Flitterwochen zu fahren, und auf dem Standesamt hysterisch beschwipst war von einer unter
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