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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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sagen kannst, alles sei wie geplant gelaufen. Ich weiß, wie der Bericht aussehen wird. Fünfzig Seiten mit dickem Lob für

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    einen Haufen Bürohengste für die wunderbare Arbeit, die sie geleistet haben. Ungewiß nur noch, wer geadelt und wer mit einem MBE oder einem CBE abgefunden wird.«
    »Du bist ein unverschämter Bastard, Bernard«, sagte er leise.
    »Ja, ich weiß. Das sagen mir alle. Nichtsdestoweniger sage ich die Wahrheit.«
    Er sah mich an und gab ein winziges Stückchen nach. »Sagt nicht Goethe irgendwo: ›Der Ausgang gibt den Taten ihre Titel‹? So sollte es doch wohl sein, oder nicht? Ehre, wem Ehre gebührt. Fiona hat einen großartigen Erfolg errungen. Nie wird sie die ihr gebührende Ehre erhalten, weil das nicht die Art und Weise ist, wie man diese Sachen beim Department handhabt.
    Das wissen wir alle. Was ihr jedoch niemand nehmen kann, ist der Bericht. Soll ich da nun vielleicht so was wie einen Pannenbericht machen, sagen, daß sie Scheiße gebaut hat?«
    »Nein«, sagte ich. Bret fand immer ein Argument, um seine Gegner ins Unrecht zu setzen.
    Fiona sagte nichts. Ihr Beitrag zu der Unterhaltung war minimal, doch sie verweigerte sich nicht: Sie war wie eine Schlafwandlerin. Sie wußte, daß ihre Schwester tot war, Bret hatte es ihr gesagt, aber sie vermied es, von Tessa zu sprechen.
    Es war, als wäre Tessa nie dagewesen, und Bret ließ es dabei.
    Es gab noch vieles, worüber Fiona nicht reden wollte, selbst die Kinder erwähnte sie nur selten. Ich beneidete Bret nicht um seine Aufgabe.
    Bret sah auf die Uhr. »Na schön, wenden wir uns ein paar lichteren Fragen zu. Wir werden uns ein paar von diesen Roastbeef-Sandwiches hereinschicken lassen und die Mittagspause ein bißchen früher machen. Was sagt ihr dazu?«
    Auch die Sandwiches waren miserabel.
    Ein paar Tage später kam Besuch. James Prettyman war ein amerikanisierter Engländer, mit dem ich früher mal zusammengearbeitet hatte. Seitdem hatte ihn die Londoner

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    Zentrale nach Washington geschickt, wo er so gut und gründlich getarnt für sie arbeitete, daß nicht mal seine besten Freunde im Department was davon wußten. In London waren wir einst sehr gut befreundet gewesen. Jetzt war ich mir dieser Freundschaft nicht mehr so sicher, obwohl ich ihm vermutlich den einen oder anderen Gefallen schuldig war.
    Jim war Anfang Dreißig. Er hatte die drahtige Konstitution und Geistesgegenwart eines Handelsvertreters, der immer rechtzeitig den Fuß in der Tür hat. Er wirkte blaß und blutleer.
    Sein Schädel war hochgewölbt und verlor sein seidiges Haar schon, aber manchmal fiel ihm eine Strähne in die Augen. Ich glaube, er freute sich dann, es zu sehen.
    Es war noch früh am Morgen, als er ankam. Er trug einen blauen Nadelstreifenanzug aus dem leichten Baumwollstoff, den man in dieser heißen Jahreszeit selbst in Washington, D.C.
    gerade noch ertragen kann. Ein gefaltetes Kavalierstaschentuch aus Seide mit Paisleymuster steckte in seiner Brusttasche, und die Hosen waren sehr zerknittert, als wäre er ein paar Stunden lang in seinem Sitz angeschnallt gewesen.
    »Schön, dich mal wiederzusehen, Bernie«, sagte er und schüttelte mir aufrichtig die Hand, indem er mich mit den Augen fixierte, wie es die Amerikaner tun, wenn sie sich zu erinnern versuchen, wie man heißt. »Ich bin mit drin.« Er sah auf seine Uhr. »Später am Vormittag. Du und ich und Bret.
    Okay?«
    »Gut«, sagte ich, ohne genau zu wissen, was man von mir erwartete. Ich dachte, er müsse eigentlich mit Fiona reden wollen, aber sie frühstückte im Bett, da sie den Vormittag »zur freien Verfügung« hatte.
    Bret Rensselaer setzte sich mit Jim Prettyman zur Geheimbesprechung zusammen, und mich riefen sie um zehn Uhr hinein. Die Reste ihres Frühstücks standen noch im Zimmer herum. Bret konnte nicht denken, ohne dabei herumzulaufen, und so standen überall Teller mit

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    halbverzehrten Mais-Muffins, halbgeleerte Kaffeetassen und Gläser mit Resten von Orangensaft. Ich schenkte mir aus einer Thermoskanne Kaffee ein und setzte mich. Ich griff auch nach dem Sahnekännchen, doch das gab nur noch ein paar Tropfen her.
    Bret Rensselaer sagte: »Jim würde gerne deine Version von den Ereignissen hören.«
    Ich sah Bret an, und er setzte hinzu: »Auf der Autobahn.«
    »Oh«, sagte ich. »Auf der Autobahn.«
    »Wer war dieser Mann auf dem Motorrad?« fragte
    Prettyman.
    »Das scheint niemand zu wissen«, sagte ich.
    »Ich habe Jim erzählt, daß du Theorien

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