Gedrillt
da hinten im Saal«, sagte er. Ich nickte. »Drei acht, hier vorn.«
Irgendwo hinter mir hörte ich eine deutsche Stimme sagen:
»Drei neun.« Und dann sagte eine andere deutsche Stimme:
»Viertausend am Telefon.«
»Viertausendeinhundert da hinten im Saal«, sagte der Auktionator. Und sofort danach: »Vier zwei …, drei …, fünf.«
Selbst der Auktionator war überrascht.
»Viertausendsechshundert da hinten im Saal.«
Er sah mich an. Ich nickte. Er blickte auf und sagte: »Vier
…« und dann: »Fünftausendeinhundert Schilling da hinten.«
Ich drehte mich um, in der Hoffnung, den Mann zu entdecken, der da gegen mich bot, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie der Mann am Telefon abwinkte. Der Bieter am Telefon stieg also aus.
»Zum zweitenmal: fünftausendeinhundert Schilling«, sagte der Auktionator und sah mich forschend an. Ich hob die numerierte Karte. »Fünf zwei da vorne.« Für einen Augenblick glaubte ich, daß mehr nicht geboten würde. Ich war erleichtert.
Wenn ich alle meine Taschen auskehrte und das Hotel zur Annahme eines englischen Schecks überredete, konnte ich diese Summe gerade noch in bar zusammenkratzen. Dann sagte der Auktionator: »Fünf drei …« und dann, ohne in meine Richtung zu schauen: »Fünf vier …, fünf fünf …«
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Irgend jemand anders hatte angefangen mitzubieten, und ehe ich Atem holen konnte, war der Preis bei sechstausend österreichischen Schillingen.
Der Auktionator pochte wieder mit dem Hammer: »Zum dritten …« Ich schüttelte den Kopf. »Verkauft.« Wieder einmal hatte das Department seine Anordnungen gegeben und es dann so eingerichtet, daß der Mann im Einsatz diese nicht durchführen konnte. Ich steckte die Karte mit der Nummer als Souvenir in die Tasche und erhob mich. Ich wollte den Mann sehen, der nun besaß, was zu kaufen man mich hergeschickt hatte.
Er versuchte nicht, sich zu verbergen. Er mochte um die sechzig sein, welliges Haar, ein bißchen Übergewicht, aber sonst körperlich gut in Form. Er trug ein Jackett mit Schottenkaro, dunkle Hosen und eine gepunktete Fliege. Der sauber gestutzte graue Bart und die eingeschliffene Brille mit Goldrand paßten zu der Erscheinung eines amerikanischen College-Professors während eines Studienurlaubs. Er stand an eine Tischkante gelehnt, und als er mich sah, lächelte er und bahnte sich seinen Weg an den anderen vorbei zu mir. Ich erwartete ihn. »Mannomann! Ich habe mich gefragt, wo das noch hinführen würde«, sagte er in englisch mit weichem amerikanischem Akzent. »Ich dachte, Sie hätten vielleicht auch Kauforder.«
»Nein«, sagte ich. »Ich hatte ein Limit.«
»Und ich bin froh darum. Wir hätten durch die Decke gehen können. Kann ich Ihnen einen ausgeben?«
»Danke«, sagte ich.
»Ich glaube nicht, daß wir uns schon mal begegnet sind.«
»Ich arbeite in London«, sagte ich.
An der Tür fragte er einen Angestellten des Auktionshauses, wo er sich seinen Kauf abholen könne, und hörte, daß er sich ins Büro des Kassierers begeben möchte, das im Erdgeschoß an der Rückseite des Hotels gelegen sei. Alles war sichtlich
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vorzüglich organisiert, und zweifellos hielt die Firma hier häufig Auktionen ab.
»Jesus, sehen Sie sich den Regen an, und gleich wird es hageln«, sagte er, als wir an dem Bücherstand vorbei den Korridor entlanggingen.
Vor dem Büro des Kassierers wartete eine Schlange. Wir stellten uns dazu. »Es war ein schönes Stück, aber ich habe schon bessere gesehen«, setzte der Mann unsere Unterhaltung fort. »Mein Name ist Johnson, Bart Johnson. Ich arbeite in Frankfurt, aber ich komme aus Chicago. Sind Sie Zeppelin-Post-Experte?«
»Nein«, sagte ich. Er sah mich an und nickte. »Na ja, für mich ist Graf Zeppelin eine Art Held. Meine verrückte Begeisterung für Luftschiffe war schon immer vorhanden. Das fing an, als ich noch ein kleiner Junge war und jemand mir ein Stück von der Stoffhülle des Shenandoah schenkte, das 1925 in Ohio abstürzte. Ich habe es noch immer, gerahmt an der Wand.
Ja, zu Hause in meinem Büro habe ich eine Akte über alles, was damit zusammenhängt. Und ich habe in Berezowskis Handbuch der Luftpostkunde nachgeschlagen … Natürlich kennen Sie es.«
»Ich bin mir nicht sicher.«
»Jesus, auf Berezowski verlasse ich mich noch mehr als auf den Sieger-Katalog.« Er hielt einen Katalog und eine blaue Mappe mit Zeitungsausschnitten und handschriftlichen Notizen. Er schlug diese auf und suchte etwas darin.
Ich spürte, daß
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