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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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buntgefärbtem Plastik, die Füße in transparenten Überschuhen, die Kapuzen fest um ihre grimmigen, roten Gesichter zugeschnürt, stapften sie vorbei wie kampfgehärtete Veteranen auf dem Weg zur Front. Ich holte ein Glas aus dem Badezimmer und goß mir

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    einen zollfreien Scotch ein. Ich hatte Gloria versprochen, diesmal während meiner Abwesenheit keine harten Sachen anzurühren, aber da hatte ich noch nicht mit dem Fiasko bei der Auktion und der Notwendigkeit, mein Versagen erklären zu müssen, gerechnet.
    Ich streifte die Schuhe ab, streckte mich auf dem Bett aus und döste. Schon seit dem Morgen wollte – wie ein an der Leine zerrender Pudel – mein Geist irgendeine andere Zeit, irgendeinen anderen Ort erforschen. Doch die flüchtigen Erinnerungen, die er verfolgte, blieben verschwommen, grau und unscharf. Jetzt, als ich die Augen schloß und mich entspannte, kam mir, was mich schon den ganzen Tag über beunruhigte. »Deuce« Thurkettle! Jesus Christus, wie hatte ich je Deuce Thurkettle vergessen können, selbst wenn er es jetzt vorzog, sich Ronnie zu nennen? Persönlich war er mir nie begegnet, aber seine Akte war unvergeßlich.
    »Deuce« nannte man ihn nicht, weil er immer der zweite, der Verlierer war oder Glück beim Pokern hatte, sondern wegen des barbarischen Doppelmords, der ihn ins Gefängnis gebracht hatte. Deuce Thurkettle kam nach Berlin nach seiner Entlassung aus dem Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses in Arizona, wo er nach seiner Verurteilung zu lebenslänglicher Haft einsaß. Vielleicht war es ein langer, langweiliger Nachmittag nach zu reichlichem Genuß von Hühnchen nach Südstaatenart, als ein aufgeweckter junger Bursche hinter einem Schreibtisch in Langley, Virginia, die glänzende Idee hatte, einen verurteilten Mörder mit einem Touristenvisum nach Berlin zu schicken, um einen störenden KGB-Agenten zu beseitigen, der bisher nicht zu fassen gewesen war.
    Ich erinnerte mich der Akte Deuce Thurkettles und wie ich sie in einem Zug durchlas. Ich nehme an, ich las sie zum Teil deshalb, weil ich sie eigentlich gar nicht zu sehen kriegen sollte. Es war ein CIA-Dokument, das ganz unten an dem feuchten, dunklen Ort begraben lag, wo die CIA ihre

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    Geheimnisse vergräbt. Und da hätte es auch bleiben sollen.
    Aber der arme alte Peter Underlet hatte es mit nach Hause genommen. Er hatte es mir eines Abends gezeigt, nachdem wir in seiner Wohnung zu Abend gegessen – und zwei Flaschen wunderbaren Chateau Beychevelle geleert hatten. Ich erinnerte mich jetzt aller Einzelheiten jener bizarren Einsicht in die beschränkte Denkungsart des Verwaltungsmannes: »… und Thurkettles Kenntnis elektronischer
    Zeitbestimmungsapparaturen, komplizierter Schlösser, moderner Handfeuerwaffen und Sprengstoffe sowie seine erprobte körperliche Tüchtigkeit qualifizieren ihn als ausgezeichneten Geheimagenten für den praktischen Einsatz.«
    Underlet hatte die Akte an dieser Stelle eines langen Berichts aus Langley geöffnet, ehe er mir das ganze Ding auf die Knie knallte. »Sehen Sie sich das an«, sagte Underlet bitter. »Da erfährt man, was diese Scheißköpfe in Washington von Geheimagenten für den praktischen Einsatz halten. Ohne irgendeine Ausbildung oder Erfahrung wird dieser mordende Bastard über Nacht zum Agenten, zum ausgezeichneten sogar, wie es da heißt.« Ich weiß noch, wie Underlet sich in seinen Sessel zurücklehnte und seinen Wein trank und schwieg, während ich die Akte durchlas. »Deuce« Thurkettle. Wie hatte ich ihn vergessen können, den ersten eines Trios von Killern, die unerbeten und unwillkommen die Niederlassungen der CIA in Europa heimsuchten zu jener unseligen Zeit?
    Später, Wochen später kamen wir noch mal darauf zu sprechen. Zu der Zeit war ich schon entrüsteter über die Moral von Washington, D.C. als über die Vorstellung eines Bürohengsts von den Qualifikationen eines Agenten, die bei dieser Gelegenheit ans Licht kam.
    Ich lag nicht mehr, ich saß im Bett und war mir voll des rasenden Pulsschlags und der Anspannung bewußt, die immer ankündigen, daß man an die Schwelle eines wichtigen Erinnerns kommt. Was war schließlich aus den drei

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    Galgenvögeln geworden? Alle drei erhielten die komplett ausgestatteten neuen Identitäten, mit denen man später Mafiosi belohnte, die Kronzeugen geworden waren. Thurkettle: Thurkettle. Es gab Vermutungen, daß er den Chef einer Supermarktkette in Köln umgebracht habe. Den Mann, mit dessen Frau Thurkettle eine

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