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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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nehme an, ich hätte alles sagen sollen, was ich in mir verschlossen hielt. Ich hätte ihr sagen sollen, daß sie so schön war wie immer. Daß sie so tapfer wie nur irgend jemand war. Daß ich stolz auf sie war. Doch ich sagte: »Paß auf dich auf. Jetzt, wo alles bald vorbei ist.«
    »Mir wird schon nichts passieren. Mach dir keine Sorgen, Liebling.« Ich hörte ihrer Stimme an, daß sie in Gedanken schon nicht mehr bei mir oder bei den Kindern war. Sie dachte schon an die nächste Stufe. So machten es Professionelle. Die einzige Chance, zu überleben.
    Das Geräusch eines großen V-8-Motors wurde hörbar.
    Durch das Fenster sah ich ihren Wagen aus der Scheune fahren, in der man ihn abgestellt hatte. Einen schwarzen Dienstwagen. Ein derartig großes, glänzendes Fahrzeug mit amtlichen Kennzeichen und Motorrad-Eskorte mußte Aufmerksamkeit erregen. Und sicherlich war es unmöglich, das Ding durch die enge Hofeinfahrt zu bugsieren und über diesen Karrenweg voller Schlaglöcher zu fahren.
    Aber Fiona hatte ein Talent dafür, das Unmögliche zu

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    vollbringen. Das hatte sie nun schon mehr als einmal bewiesen.

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11
    Kaum war ich wieder in London, kam es mir vor, als hätte ich meinen Ausflug nach Mitteleuropa nur geträumt. Tatsächlich verdrängte ich jeden Gedanken an meine Begegnung mit Fiona. Jedenfalls versuchte ich das nach Kräften. Als Gloria mich am Flughafen wiedersah, stieß sie einen Freudenschrei aus, der über das ganze Rollfeld zu hören war. Sie packte mich und küßte mich und hielt mich fest in den Armen. Erst in diesem Augenblick wurde mir das ganze Ausmaß des schrecklichen emotionalen Dilemmas bewußt, das ich geschaffen hatte. Oder sollte ich sagen des Dilemmas, das Fiona für mich geschaffen hatte? Gloria hatte ihren neuen Wagen – einen orangefarbenen Metro – vor dem Terminal Nummer 2 in der zweiten Spur geparkt, an einer Stelle, wo die auszubildenden Politessen ihre Abschlußprüfungen in Menschenfeindlichkeit abzulegen pflegten. Aber Gloria kam ungeschoren davon. Ich nehme an, weil gerade Teezeit war.
    Der Wagen war fabrikneu, und sie war darauf erpicht, mir seine wunderbaren Eigenschaften vorzuführen. Ich lehnte mich zurück und beobachtete sie mit Vergnügen. Die schreckliche Wahrheit war, daß ich mich entspannt und wirklich daheim hier in London fühlte, mit Gloria in meinen Armen. Sie war jung und lebensvoll, und sie erregte mich. Meine Gefühle für Fiona waren andere – und vielschichtiger. Sie war nicht nur meine Frau, meine Kollegin und Rivalin, sie war auch die Mutter meiner Kinder.
    Werner Volkmanns scharfzüngige Frau Zena hat einmal zu mir gesagt, daß ich Fiona geheiratet hätte, weil sie alles war, was ich nicht war. Damit meinte sie vermutlich gebildet, weltläufig, mit Verbindungen zu den richtigen Kreisen. Ich sah das anders. Meine Bildung, Weitläufigkeit und die Kreise, in denen ich mich bewegte, waren zwar vollkommen verschieden von all dem, was Fiona kannte, aber nicht von geringerem

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    Wert. Ich hatte sie geheiratet, weil ich sie ernsthaft liebte, aber vielleicht war das eine allzusehr von Hochachtung gefärbte Liebe. Vielleicht hatten wir beide in dem Glauben geheiratet, daß es die Kombination unserer Talente und Erfahrungen war, worauf es ankam. Daß wir ein unschlagbares Team sein würden und unsere Kinder in jeder Hinsicht hervorragend.
    Aber solche Überlegungen führen in die Irre. Ehen lassen sich nicht durch gegenseitige Hochachtung zusammenhalten.
    Insbesondere wenn diese Hochachtung auf Unerfahrenheit beruht, wie das so oft der Fall ist. Jetzt kannten wir einander besser, und ich hatte entdeckt, daß Fionas Liebe zu mir nüchtern und intellektuell war, wie ihre Liebe zur Wissenschaft und ihre Liebe zu ihrem Land. Gloria war nur wenig mehr als halb so alt wie Fiona. Mein Himmel, was für ein deprimierender Gedanke! Aber Gloria hatte unbändige Energie und Lebenslust und Neugier und Widerspenstigkeit. Ich liebte Gloria, wie ich die Heiterkeit liebte, die sie in mein Leben gebracht hatte, und die grenzenlose Liebe, die sie mir und meinen Kindern gab. Aber auch Fiona liebte ich.
    »Gute Reise gehabt?« Sie versuchte, das Radio mit Sendersuche und den automatisch zurückspulenden Kassettenrecorder vorzuführen, während sie einen Bus auf der falschen Seite überholte. Sie war eine hemmungslose Autofahrerin, wie sie eine hemmungslose Geliebte war und hemmungslos in allem übrigen.
    »Der übliche Trott. Salzburg und Wien. Du weißt

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