Gedrillt
sagte ich.
»Ich bin verheiratet«, sagte er auf jene endgültige Weise, die Fatalismus ahnen läßt. Er hielt die Schlüssel so fest umklammert, daß seine Knöchel weiß wurden.
Das schmiedeeiserne Treppengeländer, ein zartes Gewebe aus Blättern und Blüten, wand sich hinauf bis zu einem großen Oberlichtfenster im Dach des Gebäudes. Durch sein Glas fiel das farblose, blendende Licht des schneebeladenen Himmels und füllte das oval geschwungene Treppenhaus bis hinab zu den Mustern des marmornen Fußbodens im Entree, ließ aber den Treppenlauf selbst im Schatten.
Ich war nie zuvor hier gewesen, hatte nicht einmal von der Existenz des Hauses gewußt. Als ich Teacher in eine Wohnung auf der zweiten Etage folgte, hörte ich das gleichmäßige Klappern einer mechanischen Schreibmaschine. Nicht den schweren Anschlag einer großen Büromaschine, sondern das leichte Geklapper einer kleinen Reiseschreibmaschine, wie Vernehmungsbeamte sie im Gepäck haben.
Zuerst dachte ich, die Vernehmung – oder das Debriefing, wie es taktvoll hieß – sei schon zu Ende und unser Besucher warte nur noch darauf, seine Aussage zu unterzeichnen. Aber da irrte ich mich. Teacher führte mich den Korridor entlang in ein Wohnzimmer mit hohen Fenstern, von denen sich eins auf einen kleinen Balkon mit schmiedeeisernem Gitter öffnete.
Man hatte hier eine Aussicht auf die kahlen Bäume des Parks und erblickte über den Dächern die goldene Fortuna, die auf der Kuppel des Schlosses aus dem 18. Jahrhundert steht, von dem dieser Stadtteil seinen Namen hat. Die meisten sicheren Häuser sind schäbig, ordentlich, aber vernachlässigt und
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schmucklos, dieses Vorzimmer jedoch war in tadellosem Zustand, Tapeten, Teppiche und Holzwerk offensichtlich mit dem Stolz und der Andacht gepflegt, die nur Deutsche ihren Wohnungen zuwenden.
Eine schlanke, robuste Frau von ungefähr fünfunddreißig Jahren betrat das Zimmer durch eine andere Tür. Sie begrüßte Teacher lässig und betrachtete dann erhobenen Hauptes und kurzsichtig mich, wobei sie laut schniefte. »Hallo, Pinky«, sagte ich. Sie hieß Penelope, war aber immer nur Pinky genannt worden. Einst in London war sie Assistentin meiner Frau gewesen, aber meine Frau hatte sie gefeuert. Fiona sagte, Pinky habe Mühe mit der Rechtschreibung.
Ein Lächeln des Wiedererkennens erhellte Pinkys Gesicht, und sie sagte: »Hallo, Bernard. Lange nicht gesehen.« Sie trug ein Cocktailkleid und Perlen. Man hätte sie leicht für eine der deutschen Angestellten halten können, die immer angezogen waren, als seien sie zu einer schicken Party unterwegs. Zu dieser Jahreszeit trugen britische weibliche Angestellte meist abgewetzte Cardigans und unförmige Tweedjacken. Vielleicht hatte sie sich in Schale geworfen, weil Sonntag war. Pinky schwenkte ihr Scheinwerferlächeln, bis es sich auf Teacher richtete, und sagte in ihrer schneidigen Sprechweise: »Na schön, Jungs, muß jetzt weiter, muß jetzt weiter.« Als sie zu der anderen Tür hinaus auf den Korridor ging, rieb sie sich die Hände, um die Durchblutung anzuregen. Das war auch charakteristisch für sichere Häuser: Es war immer eisig kalt dort.
»Er ist da drin«, sagte Teacher und nickte in Richtung des Raums, aus dem Pinky gekommen war. »Die Stenographin ist noch drin. Sie sagen uns Bescheid, wenn’s soweit ist.« Bisher hatte er mir nichts anvertraut, außer, daß ein Mann namens Valeri vernommen werden sollte – offensichtlich ein Deckname – und daß ich während der Vernehmung den Mund zu halten hätte, weder mit Valeri direkt sprechen noch mich an
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einer allgemeinen Diskussion beteiligen durfte. Ich ließ mich auf die Couch sinken und schloß für einen Moment die Augen.
Das konnte noch lange dauern. Teacher schien die schlaflose Nacht unbeschädigt überstanden zu haben, aber ich war müde.
Ich gab es nicht gerne zu, aber ich war zu alt, das Leben in einem Slum zu genießen. Ich brauchte regelmäßige heiße Bäder mit teurer Seife und dicken Handtüchern und ein Bett mit sauberem Laken und ein Zimmer mit einem Schloß an der Tür. Bis zu einem gewissen Grade identifizierte ich mich vielleicht mit dem Überläufer nebenan, der zweifellos all diese Annehmlichkeiten ebenfalls begehrte.
Ich saß dort fast eine halbe Stunde lang und nickte ein- oder zweimal ein. Vom Lärm eines Streits wachte ich auf. Er kam nicht aus dem Zimmer, in dem die Vernehmung stattfand, sondern aus dem Raum mit der Schreibmaschine. Das Klappern hatte
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