Gefährlich nah
arbeiten.«
»Okay«, sagte Joe. »Da ich annehme, dass du nicht so gerne mit Sanjay fahren würdest, hole ich dich so gegen sieben ab.«
»Nein«, sagte Abbie. »Ich kann nicht.«
»Warum nicht?«, fragte Joe. »Wenn Tom arbeitet, wo ist dann das Problem?«
»Da gibt’s kein Problem«, sagte Abbie. »Außer dass er mich manchmal in seiner Pause anruft.«
»Dann sprich halt von der Bowlingbahn aus mit ihm.«
»Kann ich nicht. Nicht richtig«, erwiderte Abbie. »Nicht mit dem ganzen Lärm und so.«
»Dann bleibst du also lieber zu Hause, als mit uns mitzugehen?«, fragte Joe. »Nur für den Fall, dass du möglicherweise einen fünfminütigen Anruf von Tom kriegst?
Na, dann wissen wir ja in Zukunft, wie wichtig wir noch für dich sind!«
»Genau!«, sagte Abbie. »Ist einfach so. Außerdem beruhigen sich meine Eltern vielleicht ein bisschen, wenn ich zu Hause bleibe und so tue, als würde ich Hausaufgaben machen.«
»Prima«, sagte Joe. »Viel Spaß dabei. Dann nehme ich eben Tasha mit. Sanjay kann Dee abholen. Hazel? Hallo? Erde ruft Hazel.«
»Was? Sorry«, sagte Hazel, als sie den sanften Stups in die Rippen spürte.
Sie hatte die Unterhaltung verfolgt und eigentlich gedacht, sie hätte richtig zugehört. Aber das konnte nicht sein. Irgendwie waren die Stimmen alle miteinander verschwommen und sie war wieder auf dem Parkplatz an der Straße und horchte auf eine andere Stimme. Sarahs Stimme.
»Jetzt erzähl mir nicht, dass du auch nicht mitkommen willst«, stöhnte Joe.
»Ich? Doch, schon«, murmelte Hazel. »Klar komm ich mit.«
»Benimm dich ganz normal«, hatte Sarah gesagt. »Lass Mum oder Dad nicht merken, dass du dir Sorgen machst. Behalte es einfach noch ein paar Tage für dich, bis wir am Dienstag bei dem Arzt waren.«
Das hatte irgendwie sinnvoll geklungen, als Sarah es gesagt hatte. Aber schon jetzt schien es ihr ganz und gar unmöglich. Sie wollte es jemandem sagen. Mit jemandem reden. Abbie. Abbie war diejenige, mit der sie über solche
persönlichen Dinge reden konnte. Okay, es war immer ein bisschen riskant, weil Abbie so eine Plaudertasche war und so, aber sie hatten schon seit dem Kindergarten ihre Geheimnisse miteinander geteilt, und so schien es irgendwie ganz natürlich zu sein. Mit der kleinen Einschränkung, dass Abbie momentan total von Tom mit Beschlag belegt war. Wie um diesen Punkt zu unterstreichen, hatte Abbie schon wieder ihr Handy hervorgeholt und versuchte, Joe für ihre Fotos zu interessieren.
Hazel ließ sich ein paar Schritte zurückfallen. Sie könnte es Joe erzählen. Joe war ein guter Zuhörer. In vielerlei Hinsicht besser als Abbie und bestimmt würde er es nicht weitererzählen. Oder vielleicht konnte sie einfach Sarah anrufen. Sie zog das Handy aus der Tasche und steckte es wieder weg. Als sie es zum zweiten Mal hervorholte, warf sie zufällig einen Blick auf die andere Straßenseite, wo eine kleine Gestalt hastig hinter einem Baum verschwand und versuchte, sich zu verstecken. Hazel eilte vorwärts, um die anderen einzuholen, und tippte Dee auf die Schulter.
»Äh, ich glaube, dein Bruder ist mal wieder abgehauen«, sagte sie.
»Oh, Scheiße«, sagte Dee und schoss sofort quer über die Straße zu Scott hinüber.
Hazel zögerte einen Augenblick und folgte ihr dann.
»Hey, Scott, was tust du da?«, fragte Dee.
»Ich geh nach Hause.«
»Warum? Was ist denn diesmal passiert? Hat dich jemand geärgert?«
Scott schüttelte den Kopf.
»Was dann?«
»Wir haben heute Nachmittag Sport.«
»Das ist doch in Ordnung«, sagte Dee. »Wir haben das alles geklärt, falls du dich erinnerst?«
»Ja«, sagte Scott. »Aber Jamie Smith hat gesagt, dass alle mitmachen müssen.«
»Nun, da hat Jamie Smith keine Ahnung«, sagte Dee bestimmt. »Hast du deine Entschuldigung dabei?«
Scott nickte.
»Gut«, sagte Dee. »Und ich werde Mr Jenson nachher bei der Anwesenheitskontrolle noch mal daran erinnern, okay?«
Scott wirkte noch immer nicht überzeugt. Während sie mit ihm zusammen zur Schule zurückgingen, fragte Hazel sich, warum er wohl keinen Sport machen durfte. Zugegeben, er war ein bisschen seltsam, aber rein körperlich wirkte er ganz fit. Er atmete normal, keine Spur von Asthma oder so. Vielleicht Epilepsie? Aber selbst damit konnte man doch Sport treiben, oder?
»Hast du schon gegessen?«, fragte Dee ihn.
Scott schüttelte den Kopf.
Hazel kramte in ihrer Tasche nach dem Schokoriegel, den sie sich in der Pause als Tröster gekauft, aber dann letztlich doch
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