Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gefährlich nah

Titel: Gefährlich nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
Vom Netzwerk:
steh jetzt sofort auf. Ich will, dass du in fünf Minuten unten bist. Wir müssen reden.«
    »Ich dachte, das hätten wir schon«, murmelte Abbie,
während sie sich aus dem Bett schob und zum Badezimmer hinüberschlurfte.
    Sie putzte sich die Zähne und schrubbte mit der Zahnbürste über die Zunge. Sie hatte eigentlich gar nicht so viel getrunken, aber es fühlte sich trotzdem so an. Sie sah auch so aus, die Haut fahl und die Augen leicht blutunterlaufen. Hatte ihr etwa jemand was in den Drink gemischt? Ihr war ein wenig übel und schwindelig, deswegen ging sie rasch unter die Dusche und wusch sich die Haare. Keine Zeit zum Föhnen, also zog sie sich nur an und band die Haare zum Pferdeschwanz. Das war das Gute an langen Haaren. Die waren einfach zu frisieren und wandlungsfähig. Sie drehte sie zu einem engen Knoten und klemmte sie mit einer großen Spange fest. Irgendwo hatte sie gelesen, dass solche Haarklemmen wieder modern waren. Aber das spielte sowieso keine Rolle. Sie ging ja nur in die Schule. Da würde sie bestimmt nicht plötzlich Tom treffen oder so was.
    »Abbie. Ich hatte gesagt, fünf Minuten«, rief ihre Mutter von unten.
    »Okay!«, sagte Abbie und trug statt des üblichen vollen Make-ups nur ein klein wenig Lipgloss und Wimperntusche auf.
    Nur das Nötigste, aber das musste jetzt reichen. Sie setzte eine hoffentlich angemessen zerknirschte Miene auf und ging nach unten in die Küche.
    »Tut mir leid«, sagte sie und hoffte, damit den größten Ärger abzufangen. »Ich meine, ich konnte doch nicht wissen, dass Toms Wagen liegen bleibt, oder?«

    »Der Wagen ist um Mitternacht liegen geblieben, angeblich«, sagte ihr Dad. »Und was hat dann noch so lange gedauert? Warum hast du nicht getan, was wir gesagt haben, und dir ein Taxi genommen?«
    Wusste er Bescheid? Ahnte er, dass die ganze Geschichte nur ein Haufen Lügen war? Dass der Wagen gar nicht liegen geblieben war? Dass sie meilenweit von zu Hause weg gewesen war, als ihr klar wurde, wie spät es werden würde - viel zu weit, um ein Taxi zu nehmen.
    »Die Taxis waren alle vergeben«, sagte sie. »Außerdem hatte ich gedacht, es würde nicht so lange dauern, den Wagen wieder flottzukriegen. Jedenfalls zuerst. Und überhaupt, jetzt chillt doch mal. Das war eine Ausnahme. Es wird nicht wieder vorkommen.«
    »Ganz sicher nicht diese Woche«, sagte ihre Mutter. »Weil du nämlich Hausarrest hast.«
    »Jetzt seid doch nicht albern«, keifte Abbie. »Soll ich Tom etwa sagen, ich hätte Hausarrest, ja? Wie ein verdammtes Kleinkind.«
    »Es ist mir ganz egal, was du ihm erzählst«, sagte ihre Mutter, »aber du wirst diese Woche nicht noch einmal ausgehen.«
    »Ich tu, was ich will«, erwiderte Abbie, nahm ihre Tasche und drängte sich an ihrer Mutter vorbei. »Ihr könnt mich nicht dran hindern.«
    »Abbie, was ist mit deinem Frühstück?«, fragte ihr Dad, der gerade Tee und Toast auf den Tisch stellte.
    »Steck dir dein blödes Frühstück sonst wohin«, rief
Abbie, während sie hinausstürmte und die Tür hinter sich zuknallte.
    Trotz dem Gemecker ihrer Mutter, dass sie zu spät sei, war Abbie nun viel zu früh an der Bushaltestelle, und es hatte angefangen zu regnen. Da es kein Wartehäuschen gab, ging sie ein Stückchen weiter die Straße hinunter und suchte im Eingang einer kleinen Bäckerei Schutz. Dabei stellte sie sich vor, wie das Gespräch nun zu Hause weiterging. Mum würde vermutlich weinen. Eine total übertriebene Reaktion wie immer!
    »Ich weiß nicht, was im Moment mit Abbie los ist«, würde ihr Dad sagen. »So war sie doch sonst nicht. Nicht bevor sie diesen Tom kennengelernt hat.«
    »Warum konnte sie nicht bei Sanjay bleiben?«, würde ihre Mum hinzufügen. »Das ist so ein netter Junge.«
    Das Leben war ganz bestimmt einfacher mit Sanjay, das war mal klar. Seine Eltern waren sogar noch altmodischer eingestellt als ihre, und Sanjay selbst war eigentlich ein ziemlicher Langweiler, deswegen hatte sich die Frage nach dem späten Heimkommen nie gestellt. Es war sozusagen selbstverständlich, dass sie um halb elf zu Hause waren, mit wilden Ausnahmen an Freitagen und Samstagen. Aber wie zum Teufel sollte sie ihren Eltern beibringen, dass sie sich mit Toms Lebensstil arrangieren mussten?
    Oder vielleicht brauchte sie sich auch gar nicht die Mühe zu machen. Was sie ihnen gesagt hatte, stimmte doch. Sie konnten sie ja kaum daran hindern, wegzugehen, oder? Sie würden sie nicht wirklich fesseln oder die
Türen verbarrikadieren, oder? Okay, sie

Weitere Kostenlose Bücher