Gefährlich schön - Crazy in Love 1 (German Edition)
die Sicht auf einen schönen Abendhimmel mit den ersten Sternen freizugeben.
Ich bin etwas nervös, wenn ich daran denke, River gleich Grace vorzustellen. Grace ist zwar die Frau, die meine ganze Jugend über für mich da war – sie hat mir das Autofahren beigebracht, hat mit mir das Kleid für meinen Abschlussball gekauft, mir bei den Bewerbungen fürs College geholfen und mich sogar zu meinem ersten Termin bei meiner Gynäkologin begleitet, um mir die Pille verschreiben zu lassen –, aber sie ist nun einmal auch Bens Mutter. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie einen neuen Mann in meinem Leben akzeptieren wird, nein, ich weiß es, aber trotzdem wird es komisch sein, der Mutter meines einstigen Verlobten in ihrem Haus meinen neuen Freund vorzustellen. Aber weil sie eine tolle Frau ist und ich sie genauso liebe, als wäre sie meine eigene Mutter, möchte ich, dass sie ihn kennenlernt. Und ich möchte auch, dass er sie kennenlernt. Sie ist mein Vorbild.
Grace ist kleiner als ich und hat schulterlange blonde Haare. Ihre makellose weiche Haut scheint nie zu altern, und ihre tiefblauen Augen sind immer ruhig. Sie ist nicht nur wunderschön, sie sieht die Welt auch durch eine rosarote Brille. Nur sehr selten lässt sie sich durch irgendetwas runterziehen. Sie ist stark und unabhängig, immer gut gelaunt, herzlich und liebevoll. Sie ist genau so, wie sich ein Mädchen eine Mutter wünscht, und ich war froh, dass sie diese Rolle gerne übernommen hat, als meine Mutter es nicht mehr konnte.
Serena ist eine ebenso tolle Frau, und ich bin mir sicher, dass auch sie es problemlos akzeptieren wird, dass ich einen neuen Mann in meinem Leben habe. Sie hat mir nach dem Tod ihres Bruders so viel Liebe und Verständnis entgegengebracht, dass auch sie mittlerweile zu so etwas wie meiner Schwester geworden ist.
Ich gehe die gepflasterte Auffahrt hinunter River entgegen, doch da fällt mir auf, dass er im Auto noch am Telefonieren ist. Ich bleibe stehen, blicke mich um, und als ich das Meer sehe, muss ich lächeln. Ich liebe den Strand: den Geruch, die Geräusche, die Brandung. Ich bin schon so lange nicht mehr am Strand spazieren gegangen. Ich habe noch nicht einmal die Füße in den Sand gesteckt seit … Ich schüttle den Gedanken ab. Ich habe schon genug traurige Gedanken, die ich loszuwerden versuche. Das Meer erinnert mich immer an Ben. Wenn ich die letzten zwei Jahre Grace besucht habe, bin ich immer im Haus geblieben. Ich habe mich der stillen Schönheit dieses umwerfenden Naturschauspiels verweigert. Jetzt freue ich mich darüber. Ich habe das Meer vermisst. Ich würde am liebsten sofort hinlaufen.
»Hey, geht es dir gut?«, fragt River und lässt die Autotür ins Schloss fallen.
Ich drehe mich zu ihm um, und statt zum Strand zu laufen, laufe ich zu ihm. Ich beobachte ihn, wie er die klare, frische Luft einatmet, schlinge ihm die Arme um den Hals und atme seinen frischen Duft ein. Er fühlt sich an wie eine warme Brise, als er mich in den Arm nimmt und fest drückt.
»Es geht mir mehr als gut«, sage ich, als ich mich von ihm löse, mich wieder dem Meer zuwende und die Augen schließe. Ich breite die Arme aus, fühle die Schönheit des Ozeans und lasse die noch übriggebliebene Traurigkeit von der Seeluft davontragen. Ich höre River leise lachen, und plötzlich fühle ich, wie seine starken Arme mich halten. Jetzt weiß ich, dass er mein Zuhause ist. Das Haus, das wir gerade verlassen haben, ist nichts weiter als ein Haus. Ich ziehe ihn an der Hand hinter mir her zur Eingangstür. »Komm schon, ich will dir zwei ganz besondere Frauen vorstellen.«
Grace muss die Autos in der Auffahrt gehört haben, denn sie öffnet die Tür, noch ehe wir anklopfen können. Sie trägt ein schlichtes Wickelkleid und flache Sandalen, dazu ihre üblichen Diamantenohrringe und den Ehering, den sie nie abgelegt hat, obwohl ihr Mann schon seit über zwanzig Jahren tot ist.
Sie lächelt mich an und sieht ziemlich erleichtert aus, als sie die Arme ausbreitet, um mich zu umarmen. »Dahlia, Süße, geht es dir gut?«, fragt sie. Dann löst sie sich von mir und legt mir die Hände auf die Schultern.
»Grace, das Haus ist ein einziges Chaos«, sage ich und bemühe mich, nicht wieder zu weinen. »Aber mir geht es gut.«
Sie blickt mich für ein paar Sekunden an. Ich weiß, dass sie sichergehen will, dass es mir wirklich gutgeht, denn sie schaut mir tief in die Augen, so wie sie es immer tut, wenn wir uns sehen.
Als ich ihr River vorstellen
Weitere Kostenlose Bücher