Gefaehrliche Begierde
auf. Gut. Der Mann hörte ihm zu.
»Was schlägst du vor?« fragte Haider und griff in seine Brusttasche. Der Nightfury zog ein schmales Zigarrenetui aus Silber hervor. Mit einem Plop öffnete er den abgerundeten Deckel und entnahm dem Etui eine teure Zigarre. Innerhalb weniger Sekunden präparierte der Mann seine
Kubanische, knipste das Ende mit einem Zigarrenschneider ab, bevor er sie sich in den Mund steckte. Eilfertig hielt Nian ihm sein Feuerzeug hin. Die kleine Flamme flackerte auf. Die Zigarrenspitze brannte hellorange, und der Duft stieg auf in die Nachtluft. Haider richtete sich wieder auf und trat zurück. Nian schloss klickend sein Feuerzeug, während Rauch aus dem Mund des Mannes quoll und für einen Moment sein Gesicht verdunkelte, bevor er nach oben in den schneeigen Himmel schwebte.
Die kalte Luft drang durch sein dünnes Seidenhemd. Nian unterdrückte ein Frösteln, wollte auf keinen Fall Schwäche zeigen. Nicht vor einem Mann, der so unglaublich stark war. »Ich schlage einen Tausch vor.«
»Du hast nichts, was wir haben wollen.«
»Ich bin drinnen... direkt an der Spitze des inneren Kreises.«
»Na und?« Haider nahm einen weiteren Zug und blies einen Rauchring aus. »Willst du uns die Sitzungsprotokolle schicken?«
»Ich bin zu allen privaten Partys eingeladen. Bin vertraut mit allem, was der Rat sagt und tut innerhalb und außerhalb der Sitzungen. Seid ihr das?« Als der Mann schwieg, sah Nian ihn fragend an und nutzte seinen Vorteil. Er hatte Augen und Ohren überall. War willkommen an Orten, wo Haider und Gage als Nightfury niemals akzeptiert wären. »Rodin steckt bis zum Hals in etwas sehr Schlimmem. Ihr wisst es, und ich weiß es auch. Ich könnte euer Freund sein, Nightfury. Eine Bereicherung für euren Clan.«
»Und der Preis wäre?«
»Ein sehr geringer.«
»Spuck’s aus.«
»Unterstützung von Bastian und dem gesamten Nightfury-Clan«, sagte Nian. »Schutz und Rückendeckung, wenn ich es benötige.«
Haiders Blick verengte sich. Nian konnte beinahe sehen, wie sich seine Gedanken drehten, die Fakten abklopften, jede Möglichkeit durchkalkulierten. Schlauheit gepaart mit sehr viel Gerissenheit. Der Nightfury mochte ja ein Diplomat sein, aber er war kein Politiker. War unbestechlich. Schwer zum Narren zu halten. Und noch schwieriger zu manipulieren. Was bedeutete, dass er sein Blatt bedeckt halten musste. Es machte keinen Sinn, das Spiel offenzulegen, bevor es überhaupt begann.
»Denk darüber nach, Haider.« Nian klickte wieder den Deckel seines Feuerzeugs auf. Auf. Zu. Klick-klack-schnapp. Ein vernehmliches Geräusch in dem wachsenden Schweigen zwischen ihnen. »Bester Freund oder Gegner. Eure Wahl.«
»Ich überbringe es meinem Kommandanten.« Haider streifte seine Zigarre ab und drehte sich um zur Straße. Dahin, wo Gage der Frau in ein Taxi half. Auf halbem Wege zwischen ihm und seinem Kameraden, warf der Mann einen Blick zurück über seine Schulter, und die schimmernden blassen Augen nagelten ihn fest. »Aber versprechen kann ich nichts, Nian.«
Nian nickte. Das war alles, was er wollte. Eine Chance, Bastians Gunst zu gewinnen. Jetzt musste er nur noch abwarten ... beten und hoffen, dass der Mann seinen Köder schluckte und zustimmte. Er brauchte einen mächtigen Verbündeten, einen vom Kaliber des Nightfury-Komman-danten. Einen, der Rodin einen Schock versetzte und den Rest der Erzgarde in die Flucht schlug. Er konnte schließlich nicht den Hohen Rat übernehmen und die Macht ergreifen, ohne ein bisschen Hilfe von Freunden.
Ehrgeiz, dachte er, während er Haider nachblickte. Das war das Päckchen, das er zu tragen hatte. Andererseits war er der Sohn seines Erzeugers, und sein Vater hatte ihn gut unterrichtet.
16
Schwaches Sonnenlicht drang durch die Wolkendecke und streichelte J.J.s Schulter. Die Anfänge einer neuen Melodie huschten ihr durch den Kopf. Der Refrain ging im Zweier-Takt. Das Hauptinstrument? Eine akustische Gitarre. Es lief immer so ab. Zuerst kam das Schlagzeug und gab ihr den Rhythmus vor, bevor sich eine musikalische Schicht nach der anderen darüberlegte und Gestalt annahm. Und schließlich entstand das, was es werden sollte ... ein Song, zusammen mit dem Songtext. Mit dem Text, den sie in ihr Notizbuch gekritzelt hatte, das sie in der Zelle unter ihrer Matratze versteckt hielt. An diesen Punkt zu gelangen, konnte fünfzehn Minuten oder ein paar Tage dauern, aber...
Irgendwann. Würde sich das Stück zusammenfügen. Eine wunderbare Vereinigung
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