Gefaehrliche Begierde
zu. Nian wurde nervös und wollte schon beiseite treten. Dem Nightfury den Weg zu versperren, schien ihm keine gute Idee zu sein. Besonders nicht angesichts der Verwüstung, die der gerade angerichtet hatte. »Mag er denn überhaupt jemanden?«
»Nicht wirklich.« Haider redete beruhigend auf die Frau ein und rieb ihr den Rücken. »Ich bin eine Ausnahme von der Regel. Meistens jedenfalls.«
»Na toll.« Sein Blick heftete sich auf die hellhaarige Frau. Da Haider sie eng an sich gezogen hatte, konnte er ihr Gesicht nicht erkennen, aber...
Nian zuckte zusammen. Ihr Kleid war zerrissen. Sie hatte nur noch einen ihrer Stilettos an, ihre Strümpfe waren auch kaputt, wiesen riesige Löcher an beiden Oberschenkeln und Knien auf. Aber das war nicht das Schlimmste. Kleider konnten repariert und Schuhe ersetzt werden. Beim Anblick der Blutergüsse an ihren Oberarmen drehte sich ihm jedoch der Magen um. Er ballte die Fäuste, während er die schlimmen Male auf ihrer hellen Haut anstarrte. Diese Schweinehunde. Sie hatten sie festgehalten, ihr die Kleidung zerrissen ... sie ohne Zögern verletzt.
Nian knurrte leise. »Ist sie in Ordnung? Haben sie ...«
»Nein«, versicherte Haider ihm und stützte die zarte Gestalt weiterhin, tröstete die Frau mit sanften Händen. »Wir haben rechtzeitig eingegriffen.«
Gott sei Dank. Er konnte den Gedanken, dass eine Frau vergewaltigt wurde, nicht ertragen. Natürlich nirgendwo, aber erst recht nicht in einem der Clubs, die ihm gehörten. Dieses ekelhafte Erzgarde-Festival. Wenn die Situation eine andere gewesen wäre, hätte er sich der Bitte des Hohen Rats widersetzt. Hätte ihnen nie gestattet, seine Türschwelle zu übertreten, ganz zu schweigen davon, seine Betriebe als Spielplatz für Festival-Partys zu nutzen. Er hatte es von Anfang an nicht gewollt, aber Augen und Ohren auf die anderen Mitglieder des Rats zu haben, war nützlich. Die beste Informationsquelle. Als neuestes Mitglied der Erzgarde musste er erst mal ein Teil der Gruppe werden. Vertrauen war schließlich etwas, das man sich verdiente und wurde nicht einfach gewährt.
Deshalb das Angebot, seine Clubs zu nutzen. Alle seine Nachtclubs und die vornehmen Zigarrenbars, die er bevorzugte, waren angesiedelt in der majestätischen Innenstadt von Prag. Perfekt für das Festival. Der stetige Strom weiblicher Clubbesucherinnen sorgte dafür, dass die Angehörigen des Drachenbluts, die die Reise zu Ehren der Traditionen ihrer Art gemacht hatten, nicht nur zufrieden, sondern auch befriedigt waren.
Dennoch missbilligte Nian es, dass sie Schindluder mit den Regeln trieben. Er hasste es, dass seine Spezies Frauen so schlecht behandelte. Egal, ob sie über niedrige oder hohe Energie verfügten. Frauen, unabhängig von ihrer Fähigkeit, seine Spezies zu nähren, musste man mit Respekt begegnen. Mit Wertschätzung. Mit Freundlichkeit. Die Tatsache, dass seine Ansprechpartner im Hohen Rat da anderer Meinung waren, zementierte nur Nians Wunsch nach wirklicher, nachhaltiger Veränderung.
Was nichts anderes hieß, als dass das Oberhaupt der Erzgarde von seinem Thron gestoßen werden musste. Je schneller, desto besser.
Während das Glühen in seinen Augen langsam abebbte, ging Gage um den Haufen bewusstloser Männer herum und näherte sich auf leisen Sohlen. Er streckte seine Arme aus, seiner und Haiders Blick trafen sich. »Gib sie mir.«
Haider zögerte nicht. Er drehte sie sanft um und wollte sie in Richtung seines Kameraden schieben. Immer noch total verängstigt, klammerte sich die Frau an ihn, schreckte zurück. Mascara lief ihr in Streifen über die Wangen. Sie schluchzte stockend. Murmelnd beruhigte Gage sie, und sie gab nach, schmiegte sich an seine breite Brust. Er hob sie hoch und drehte sich um, trug sie zur Sicherheitstür, die auf die Gasse dahinter führte.
»Ist schon gut, Talmina. Du bist jetzt in Sicherheit«, sagte Gage mit seiner tiefen rauen Stimme und streifte mit seinem Mund ihren Oberkopf. »Ich bringe dich nach Hause.«
Sie nickte. Und Nian staunte. Talmina... »Kleines« in der Drachensprache. Unglaublich. Nicht sosehr das Wort als Gages Sanftheit. Der Nightfury hatte gerade mühelos fünf Männer ausgeschaltet und war dennoch in der Lage, die Frau mit einer Fürsorge zu behandeln, die seine aggressive Natur Lügen strafte. Zeuge davon zu werden, war wie ein Schauspiel zu beobachten, eines mit einem unerwarteten Ende. Unerwartet und willkommen zugleich.
Es gab keinen Zweifel: Der Nightfury-Clan würde
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