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Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Titel: Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Asprion
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man Gerhard Kraus behandeln und unterstützen können. Auch er hat gesunde Anteile, die er nach seiner Entlassung zeigen wird. Und auch er hat Verletzungen erleiden müssen, die einer Heilung bedurft hätten. Dazu hätte es klare Zuwendung und Anteilnahme bei kritischer Distanz und Haltung gebraucht. Was er erfahren hat, war ablehnende Konfrontation, mit der keine persönliche Störung geheilt wird.
    Chancenvollzug
    „Du hast keine Chance, aber nutze sie!“

    Herbert Achtenbusch

    Ludwig Rosers Geschichte unterscheidet sich wesentlich von der des Gerhard Kraus. Bereits nach der letzten Tat überkommt ihn offensichtlich ein Gefühl der Reue. Er erzählt der Geschädigten seine Lebensgeschichte, fährt sie zurück, versucht, sich zu entschuldigen, und bietet ihr die Zahlung eines Schmerzensgeldes an.
    In den ersten Tagen der Untersuchungshaft unternimmt er einen Suizidversuch, was ihm misslingt, sodass er mit dem Geschehenen weiterleben muss. Nach der Rechtskraft des Urteils meldet er sich zur therapeutischen Behandlung in die Sozialtherapeutische Anstalt.
    Und die scheint zunächst auch erfolgreich zu verlaufen. Im Jahr 1987 beginnen erste vorsichtige Lockerungen, Ludwig Roser darf in Begleitung von Therapeuten die Anstalt zu Einkaufsgängen verlassen. 1988 wird diese Maßnahme ausgeweitet, er darf an freizeitpädagogischen Gruppenmaßnahmen in Begleitung von Bediensteten teilnehmen. Bei keiner dieser Maßnahmen fällt er durch Aktivitäten wie Missbrauch des Vertrauens oder Fluchtversuche auf. Er sieht die Chance, seinem Leben eine andere Richtung zu geben. Und dennoch kommt es ein Jahr vor Ende der Freiheitsstrafe und damit dem Eintritt der Sicherungsverwahrung zu einem Bruch. Ludwig Roser lässt sich in den sogenannten Regelvollzug zurückverlegen. Zum einen sieht er nach den drei Jahren, in denen er jetzt therapeutische Maßnahmen aktiv angenommen hat, keine weiteren Entwicklungsmöglichkeiten für sich. Zum anderen hofft er im „Normalvollzug“ auf bessere Chancen, seine beruflichen Fertigkeiten als gelernter Stahlbauschlosser aufzufrischen und so seine berufliche Wiedereingliederung zu erleichtern. DieseEntscheidung, verbunden mit seiner Weigerung, sich von einem psychiatrischen Sachverständigen begutachten zu lassen, führt dazu, dass er die Sicherungsverwahrung im Juni 1989 in der Justizvollzugsanstalt Freiburg antreten muss. In der ersten dort erfolgten Vollzugsplankonferenz ist die Einteilung zur Arbeit die einzige konkret festgehaltene Maßnahme; er hatte sich mehr erhofft und verweigert zunächst die Arbeit. Er erhält die Gelegenheit, die anstaltsinterne Realschule zu besuchen und bekommt eine erneute Chance zur Begutachtung zur Frage einer Entlassung in Aussicht gestellt. Die Begutachtung erfolgt 1992. Ergebnis sind neue Überlegungen zu Lockerungen, die einer Entlassungsvorbereitung vorausgehen sollen. Sowohl die anstaltsinterne Konferenz als auch die zuständige Strafvollstreckungskammer wollen diesen Schritt der Lockerungen ermöglichen. Da das Justizministerium die Zustimmung zum Lockerungsplan ablehnt, wird dieser nicht umgesetzt.
    Ludwig Roser schließt die Realschule erfolgreich mit der Mittleren Reife ab. Die Lehrer der Justizvollzugsanstalt halten ihn geeignet für weitere Bildungsmaßnahmen; er besucht einen Kurs zur Erlangung der Fachhochschulreife, die er innerhalb von zwei Jahren erreichen könnte. Eine Chance, die sich zerschlägt, als ihn im Dezember 1993 ein Mitgefangener beschuldigt, eine Geiselnahme zu planen. Aus den Schulprüfungen heraus wird er kurzfristig aus der Anstalt wegverlegt und findet sich mit entsprechenden Sicherungsmaßnahmen in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal wieder. Hier wird zumindest sein Bemühen um den Abschluss der Fachhochschulreife unterstützt. Er erhält Unterrichtsmaterialien, bereitet sich auf die Prüfungen vor; letztlich lässt ihn das Oberschulamt nicht zur Abschlussprüfung zu. Die Gründe dieser Ablehnung erschließen sich ihm nicht.
    Im November 1994 verhandelt das Amtsgericht Freiburg den Vorwurf der geplanten Geiselnahme; die Staatsanwaltschaft beantragt einen Freispruch und leitet ein Verfahren wegenfalscher Anschuldigung gegen den Anzeigeerstatter ein. Die Vorwürfe gegen Ludwig Roser stellen sich als nicht haltbare „Knastparolen“ heraus.
    In der Folge wird er im Rahmen einer Ausführung durch Vollzugsmitarbeiter in einer Übergangseinrichtung der Haftentlassenenhilfe vorgestellt. Eine Aufnahme zur Probe wird geplant, jedoch lehnt die

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