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Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Titel: Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Asprion
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Oberlandesgericht die Justizvollzugsanstalt gerügt, nachdem dort die Vorgaben des Gerichts aus dem Jahr 2005 nicht umgesetzt wurden. Unabhängig von den kritischen Worten des Oberlandesgerichts hat ein Gutachter im März 2009 deutliche Worte gefunden und ausgeführt: „Vorab sollte eine Überzeugungsbildung bei den verantwortlichen Mitarbeitern der JVA Freiburg stattfinden, dass, bzw. ob man Herrn K. tatsächlich resozialisieren will und bereit und in der Lage ist, die personellen und finanziellen Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. Hintergrund für diese eigentlich banale Empfehlung ist, dass es manchmal an der inneren Haltung der Helfer bzw. Therapeuten liegt, ob eine Planung gelingt oder nicht. Eine solch positive Haltung müsste Herr K. spüren, um überhaupt wieder aus seiner Verweigerung herauszukommen. (…) Mit der von wohlwollender Bereitschaft getragenen Vorstellung des Resozialisierungskonzepts und der damit verbundenen Bedingungen hätte die Vollzugsanstalt den ersten Schritt getan. Nunmehr läge es an Herrn K., das Angebot und seinen Beitrag dazu zu akzeptieren.“
    Es ist zu fürchten, dass es an diesen aktiven Angeboten 35 Jahre lang gefehlt hat. Dass Gerhard Kraus in der Lage ist, Angebotezu nutzen und für sich anzunehmen, hat er mehr oder weniger im Verborgenen bewiesen. Er war daran interessiert, Kontakt zu einem ehrenamtlichen Betreuer der Justizvollzugsanstalt aufzunehmen. Ehrenamtliche Betreuer sind Bürgerinnen und Bürger, die sich bereit erklären, Gefangene zu besuchen und ihnen während der Haftzeit einen Kontakt nach draußen zu bieten. Sie werden nach einer Überprüfung durch die Justizvollzugsanstalt für diese Tätigkeit zugelassen und haben die Möglichkeit, den ihnen zugewiesenen Inhaftierten unbeaufsichtigt zu besuchen und Briefkontakt zu pflegen.
    Gerhard Kraus bekommt Hedwig Schilling zugeteilt. Eine Besonderheit bei ihr ist, dass sie ihre Tätigkeit parallel zu einer gestalttherapeutischen Ausbildung ausübt. In Aufzeichnungen fasst sie die Erfahrungen der Begleitung zusammen und reflektiert sie für ihre Abschlussarbeit zur Gestaltberaterin. Freundlicherweise hat sie mir Auszüge aus ihren Aufzeichnungen überlassen, die ich im Anhang dokumentiere.
    Mich hat beim Lesen dieses Berichts beeindruckt, mit wie viel Herz und Verstand Hedwig Schilling Gerhard Kraus begegnet ist. Sie nimmt auf, was er an Gesprächsstoff und Verhalten bietet und zeigt eine freundliche Klarheit und Distanz. Ihr abschließender Satz zur Begleitung von Gerhard Kraus ist: „Mein Anliegen war vor allem eine menschenwürdige Begegnung, die möglicherweise die Chance zur Veränderung in sich birgt!“
    All das war offensichtlich von offizieller Seite nicht möglich, ausschließlich begründet mit dem Hinweis auf die konsequente Tatleugnung. Dabei gibt es durchaus Experten, die ein Eingeständnis des Verurteilten zur Tat nicht als Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie sehen. In einem Gutachten namhafter psychiatrischer, psychologischer und juristischer Experten zur Frage der Behandlung von Sexualstraftätern im Maßregelvollzug führen die Autoren unter anderem aus: „Darüber hinaus macht es die Vielschichtigkeit der Diagnosen verständlich,dass es ‚die‘ Therapie für gefährliche Sexualstraftäter nicht geben kann; dies selbst dann nicht, wenn bestimmte Methoden für Gruppen von ihnen ‚gebündelt‘ anwendbar scheinen. (…) Ihn (den Schritt der Tataufarbeitung; Anm. d. Verf.) zu gehen, ist bei Sexualstraftätern sowohl für den Patienten als auch für den Therapeuten mit all den Schwierigkeiten belastet, die aus der besonderen Art des Delikts folgen, vor allem mit den Scham- und Schuldgefühlen, die ein Ansprechen des Delikts bei dem Patienten auslöst und die es ihm erschweren, wirklich offen zu sein. Mit aus diesem Grunde ist daher einschränkend zu sagen, dass die individuelle ‚Tatbearbeitung‘ nicht zwingend und unabdingbar am Beginn einer jeden Behandlung stehen muss. Denn der Täter ist möglicherweise zu einer Konfrontation mit dem Tatgeschehen zunächst gar nicht in der Lage. (…) In solchen Fällen, namentlich bei besonders gravierenden Verbrechen, aber auch aus anderen Gründen kann es sinnvoll sein, die Aufarbeitung des Tatgeschehens auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben und mit der Behandlung zunächst bei den ‚quasi-gesunden‘ Persönlichkeitsanteilen des Patienten anzusetzen, mit denen er seinen Lebensalltag bewältigt.“ 24
    Unter diesen Prämissen hätte

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