Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung
zuständige Strafvollstreckungskammer die Entlassung ab. Ludwig Roser scheint zu resignieren. Er sitzt im Bruchsaler Gefängnis ohne Beschäftigung, die er zwischenzeitlich für sich ablehnt.
Im Januar 1997 wird er in die Justizvollzugsanstalt Freiburg zurückverlegt, die für den Vollzug der Sicherungsverwahrung zuständig ist. Die Gründe für die Verlegung nach Bruchsal haben sich als haltlos erwiesen, trotzdem belegt ihn die Freiburger Vollzugsanstalt noch bis 2003 mit internen Sicherungsmaßnahmen.
1998 eröffnet ihm der zuständige Anstaltsleiter die neue Gesetzeslage zur Sicherungsverwahrung, die für Ludwig Roser eine Entlassung in weite Ferne rücken lässt: Die bisher gültige Höchstfrist von zehn Jahren für die Verwahrung ist aufgehoben. Mit Hinweis auf den früheren Verdacht der geplanten Geiselnahme, der gerichtlich ausgeräumt ist, wird ihm die erneute Teilnahme am Kurs zur Erlangung der Fachhochschulreife verweigert.
Von diesem Zeitpunkt an beschäftigt sich Ludwig Roser vorwiegend mit den rechtlichen Fragen seiner Situation. Er macht sich kundig und beschreitet mehrfach selbst den juristischen Klageweg. Zwei Mal zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, nachdem das Bundesverfassungsgericht 2004 die rückwirkende Aufhebung der Höchstfrist von zehn Jahren nicht für beanstandungswürdig ansieht. Zwischenzeitlich fühlt er sich im Gefängnis schikaniert. Sein Leben besteht nur noch aus der Hoffnung auf den Tag X, an dem er erfolgreich seinen Klageweg mit einer Entlassung krönen kann.
Und dieser Tag ist im September 2010 gekommen. Ludwig Roser, der niemanden umgebracht hat und dem die Richter im Urteil noch eine sehr zurückhaltende Tatausübung positiv anrechneten, verlässt das Gefängnis nach 26 Jahren ununterbrochener Inhaftierung.
Was hat Ludwig Roser in seiner Haftzeit falsch gemacht, dass er so lange inhaftiert bleiben musste und nur gegen den Widerstand der Vollzugsbehörden entlassen wurde?
Immerhin zeigte er von Beginn an gegenüber einem Tatopfer Reue. Ein deutlicher Hinweis hierfür ist sein misslungener Suizidversuch. Er nimmt die Angebote des Strafvollzugs an und meldet sich zur Aufnahme in eine Sozialtherapeutische Anstalt. Drei Jahre unterzieht er sich dort der stationären psychotherapeutischen Behandlung. Als er keine Möglichkeit des Weiterkommens mehr sieht, setzt er auf die Karte der beruflichen Wiedereingliederung, die sich jedoch nicht als der erhoffte Joker erweist.
Der Leiter der Freiburger Justizvollzugsanstalt ist einer der Verfechter des Konzepts „Chancenvollzug“. Damit wird umschrieben, dass man zwar nicht jeden Strafgefangenen bessern kann, dass man aber im Gefängnis jedem eine Chance biete, der sie annehmen will. Die Chance in der Freiburger Justizvollzugsanstalt liegt im ausgebauten, differenzierten Bildungssystem, das die vollzugsinterne Schule anbietet. Ludwig Roser nimmt diese Chance an, ohne dass sie für ihn zum erwünschten Ergebnis führt.
Risiko und Angst
„No risk, no fun!“
In unserer Gesellschaft, die einen besonderen Jugendkult pflegt und in der mancher seine gefühlte Jugend erst nach dem siebten Lebensjahrzehnt so langsam als beendet ansehen will, erscheint dieses Motto als ein Leitmotiv für viele. Wenn Sie den Satz „googeln“, erhalten Sie über vierzehn Millionen Treffer. In vielen Lebensbereichen sehen wir Risiken als alltäglich und als Voraussetzung für „Fun“ an – und nehmen sie in Kauf. Wenn Sie sich die Frage stellen „Welche Risiken nehme ich einfach so jeden Tag hin?“, fallen Ihnen sicher manche ein, die nicht strafbewehrt sind. Viele suchen sich extreme Risiken, kitzeln Ihre Nerven mit Bungee-Jumping, rauchen, trinken Alkohol ...
Sie können also mit Ängsten und Risiken umgehen, doch welche Ängste treiben uns wirklich um? Statistisch betrachtet ergibt sich folgendes Bild: 25
Die hauptsächlichen Ängste der Deutschen:
Steigende Lebenshaltungskosten: 68 Prozent
Schlechte Wirtschaftslage: 67 Prozent
Naturkatastrophen: 64 Prozent
Überforderung der Politiker: 62 Prozent
Pflegefall im Alter: 61 Prozent
Höhere Arbeitslosigkeit in Deutschland: 61 Prozent
Schwere Erkrankung: 57 Prozent
Terrorismus: 53 Prozent
Eigene Arbeitslosigkeit: 48 Prozent
Sinkender Lebensstandard im Alter: 47 Prozent
Drogensucht der eigenen Kinder: 46 Prozent
Spannungen durch Ausländer: 42 Prozent
Krieg mit deutscher Beteiligung: 42 Prozent
Vereinsamung im Alter: 36 Prozent
Straftate: 29 Prozent
Zerbrechen der
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