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Gefährliche Freiheit

Gefährliche Freiheit

Titel: Gefährliche Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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stellte er fest, dass er nicht mehr den Willen hatte, sich sofort wieder aufzurappeln. Zusammengerollt lag er unter seinem Quilt und horchte.
    »Lu-uke! Lu-uke!«, rief jemand in der Ferne.
    Bildete er sich das ein? War es nur der Wind? Oder versuchte jemand aus dem Dorf, ihn zu finden?
    Wahrscheinlich wollen sie mich ausliefern, dachte er grimmig. Sie haben es sich anders überlegt.
    Um sich vor dem heulenden Wind zu schützen, zog er die Decke fester um sich. Er schlief unruhig, schreckte bei jedem Geräusch aus dem Schlaf. Anschließend lag er jedes Mal mit klopfendem Herzen in der Dunkelheit und seine Ohren versuchten, die Stille zu durchdringen.
    Da schleicht sich jemand an … Gleich stürzen sie sich auf mich … Er wartete und nichts geschah. Da ist niemand, versuchte er sich zu beruhigen. Es ist überhaupt niemand da.
    Schließlich erwachte er im hellen Tageslicht. Selbst durch die dicke Decke konnte er sehen, dass die Sonne inzwischen hoch am Himmel stand. Der Quilt bestand aus verschiedenfarbigen Flicken, die den gleichen Lichteffekt erzeugten wie farbiges Glas: das Tuch färbte das Sonnenlicht rot und blau, gelb und grün, orange und violett. Luke lag eine Zeit lang da und bewunderte die Farbenpracht. Aus irgendeinem Grund kümmerte es ihn nicht, gefasst zu werden; es war ihm egal, woher er kam oder wohin er gehen würde. Er dachte an gar nichts mehr.
    Dann wanderte die Sonne hinter einen Baum und der Zauberbann war gebrochen. Luke hob einen Zipfel des Quilts an und spähte hinaus.
    Bäume. Blätter. Himmel.
    Er streckte den Kopf weiter vor, um seine Umgebung besser in Augenschein nehmen zu können. Dann begann er zu lachen.
    Perfekt. Man könnte meinen, ich hätte es so geplant.
    Er befand sich am Fuß eines kleinen Hügels. Auf der dem Hügel zugewandten Seite war seine Decke von Blättern bedeckt, die der heulende Wind in der vergangenen Nacht dorthin geweht hatte. Jeder, der vorüberkam, hätte ihn und den Quilt für einen kleinen Buckel halten müssen, einen natürlichen Bestandteil des Waldes.
    Das muss ich mir merken, dachte er, ausreichend ermutigt, um weiterzugehen, und gewillt, diese kluge Tarnung ein weiteres Mal zu nutzen.
    Er stand auf und schüttelte die Decke aus. Er knabberte ein wenig von dem Brot, das Eli ihm in der Nacht gegeben hatte, band sich den Verpflegungsbeutel um die Hüfte und legte sich den Quilt um die Schultern. Die Sonne kam wieder hinter den Wolken hervor und das nahm Luke als gutes Omen.
    Alles bestens, sagte er sich, als er wieder nach Osten zu marschieren begann. Heute ist es wärmer, ich habe etwas Essen im Bauch und mir droht keine Gefahr. Trotzdem wäre es schön, jemanden zu haben, mit dem ich reden kann.
    Er dachte daran, wie es gewesen war, zwischen Eli, Adriana und den anderen Dorfbewohnern zu stehen. Schulter an Schulter, die Arme eingehakt, hatten sie sich so verbunden gefühlt. Vereint durch ein gemeinsames Ziel. Luke hatte viel weniger Angst empfunden als erwartet, weil er die anderen an seiner Seite wusste.
    Jetzt war er wieder allein. Und Eli und die anderen waren –
    Er beschloss, lieber an etwas anderes zu denken.
    Wer sich im Hauptquartier wohl um meine Pferde kümmert? Wer es auch sein mag, ich hoffe, er striegelt Jenny so, wie es sich gehört. Hoffentlich ist es nicht irgendein Faulenzer, der von Tieren keine Ahnung hat, wie …
    Das Gesicht, das er vor seinem geistigen Auge auftauchen sah, gehörte dem Jungen, der mit ihm nach Chiutza gefahren war, der ihm das Maisbrot weggenommen und sich geweigert hatte »sein Gebiet« mit ihm zu teilen. Der Junge, den Luke zuletzt inmitten einer Horde gefährlicher Männer gesehen hatte. Er konnte sich kaum vorstellen, dass diesem Jungen etwas an Pferden lag, aber auch über ihn wollte er lieber nicht weiter nachdenken.
    Worüber kann ich eigentlich noch nachdenken? Gibt es überhaupt noch etwas, das keine Fallstricke enthält oder das mich nicht über irgendwelche geheimen Kanäle unweigerlich auf Gedanken bringt, mit denen ich mich nicht beschäftigen will?
    Luke konnte sich lebhaft vorstellen, was Jen ihm darauf geantwortet hätte: Nein, den gibt es nicht, Luke. Solange dritte Kinder illegal sind, solange wir nicht das Recht haben, zu existieren, wirst du dir immer gefangen vorkommen. Wirst du immer gefangen sein. Und genau deshalb musst du für die Freiheit kämpfen.
    Luke wünschte, Jen wäre noch am Leben, und sei es nur, damit er ihr sagen konnte, dass sie den Mund halten sollte.
    Lange Zeit stand die Sonne

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