Gefährliche Gefühle - zu schön zum Sterben
Ich wurde nervös. Schaute auf mein Handy. Keine Anrufe. Eigentlich gut, dass Dimitri sich verspätete, dann wäre Bastian vielleicht endlich da, wenn er käme. Wo blieb er denn? Ein Motorradfahrer auf einer schwarzen Maschine näherte sich, einen Parkplatz suchend. Obwohl er so langsam fuhr, tuckerte der Motor unheimlich laut und durchdringend wie ein völlig übersteuerter Bass, der einem die Eingeweide aufwühlte. Sehr unangenehm. Und dann blieb der Motorradfahrer auf seiner Knatterkiste mit einem gigantischen silbernen Auspuff auch noch vor dem Eingang stehen. Etwa fünf Meter von mir. Sein Visier war runtergeklappt. Es war schwarz. Wie sein ganzes Lederoutfit. Er sah aus wie der schwarze Ritter. Er guckte zu mir herüber. Mir fiel auf, wie komisch er auf dem Motorrad hing. Dämlich, dachte ich. Und dann schaute ich noch mal hin. Es sah so komisch aus, weil der Fahrer so groà war. Bestimmt zwei Meter. Dimitri, schoss es mir durch den Kopf. Ich zeigte auf ihn, dann auf die Tasche. Er nickte langsam. Ich ging auf wackligen Beinen zu ihm.
»Sind wir dann quitt?«, fragte ich ängstlich. Aber Dimitri streckte stumm seinen Arm aus und packte mit den schwarzen Handschuhen die Tasche am Griff, riss sie mir fast aus der Hand, legte sie vor sich auf den Tank, griff wieder seinen Lenker und drehte den Gashebel auf.
»Sind wir jetzt quitt?«, schrie ich noch einmal. Aber er schoss einfach davon, eine Wolke dunklen Rauchs quoll aus dem Auspuff. Er preschte auf die zweispurige StraÃe und war in wenigen Sekunden auÃer Sichtweite. Sein Nummernschild war so dreckig gewesen, dass man es nicht hatte lesen können. Benommen starrte ich ihm hinterher.
Dann konnte ich endlich wieder klar denken. Es war geglückt! Die Ãbergabe war geglückt! Und mir war kein einziges Haar gekrümmt worden! Auch wenn ich mich nicht bei Dimitri hatte versichern können, dass die Angelegenheit jetzt erledigt war, war ich doch erleichtert. Bastian, dachte ich. Er wird sich genauso freuen wie ich. Ich schaute mich um. Aber ich konnte ihn nirgendwo entdecken. Wo war er? Ich lief über den Parkplatz, checkte den Haupteingang und den Westeingang. Aber nirgendwo auch nur eine Spur von Bastian oder der Polizei. Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Ich hätte jetzt auch tot auf dem Asphalt liegen können, während er sicher in seinem Versteck hockte und kiffte oder was auch immer er da tat. Nicht zu fassen! Mein Bruder war wirklich so ein Penner! Dieses Arschloch hatte mich tatsächlich im Stich gelassen!
Ich rief Enzo an, dessen Erleichterung ich durch das Telefon spüren konnte. Er hatte trotz meiner Ermahnung, es nicht zu tun, gewendet und war auf dem Weg zurück.
»Gehtâs dir wirklich gut?«, fragte er.
»Ja, hat alles geklappt. Du kannst beruhigt nach Hamburg fahren.«
»Ehrlich?«
»Absolut. Ich möchte nicht, dass du noch mal wegen mir einen Job verlierst.«
»Also gut«, sagte er erleichtert. Ich versprach ihm, mich den Rest des Wochenendes ruhig zu verhalten, und wir verabredeten uns für morgen, bevor wir uns verabschiedeten. Auf dem Weg nach Hause schickte ich Bastian eine E-Mail.
Ãbergabe geglückt. Wo bist du?
Am Nachmittag rief er dann tatsächlich an. Seine Stimme klang verschlafen. »Sorry, Nats, hab es vorhin nicht geschafft«, sagte er lapidar. »Mein Auto ist nicht angesprungen und dann war es schon halb elf und da habe ich gedacht, ich komme eh zu spät.«
»Ich habe mich auf dich verlassen, Bastian«, knurrte ich.
»Hättest du eben früher anrufen müssen«, sagte er. »Dann hätte ich wenigstens Zeit gehabt, mich vorzubereiten. Und dann hätten wir uns auch einen besseren Plan ausdenken können, ohne die Polizei.«
»Ich dich anrufen? Wie denn, bitte schön?! Aber natürlich, Bastian. Das nächste Mal, wenn ich deine Schulden bei der Russenmafia bezahle, dann schicke ich dir eine schriftliche Einladung zwei Wochen im Voraus. Wäre dir das angenehm?«
»Brauchst gar nicht so schnippisch zu werden.«
Ich schnaubte vor Empörung. »Und wenn er mich umgebracht hätte?«
»Ãbertreib mal nicht, die haben doch gekriegt, was sie wollten.«
»Du bist so ein Arsch, Bastian.«
»Mann, jetzt stell dich nicht so an! Ist doch alles gut gegangen!«
Ich schloss die Augen und atmete tief ein und aus. »Ja, Bastian, das ist es. Und jetzt musst du wieder nach
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