Gefaehrliche Gefuehle
ihre beste Freundin bin«, beharrte Jennifer.
»Ach ja? Und habt ihr euch auch SMS geschrieben?«, zeterte Kim. »Wir haben uns nach der Schule ständig gesimst!«
»Mich hat sie immer zuerst angerufen, wenn was war«, stellte Jennifer zufrieden fest.
»Ist mir doch egal«, erwiderte Kim. »Ich war ihre beste Freundin. Und ich habe in der Klasse neben ihr gesessen.«
»Ich doch auch, du …« Das Schimpfwort, das sich Jennifer gerade noch mal verkniffen hatte, hing stumm in der Luft. Ich für meinen Teil hätte einiges drauf gewettet, dass sie Schlampe hatte sagen wollen. Sie hatte es zwar nicht ausgesprochen. Aber irgendwie doch gesagt.
Bevor Jennifer erneut etwas erwidern konnte, griff ich ein. »Ey Mädels. Ich weiß nicht, ob das wirklich etwas ist, womit man angeben sollte«, warf ich ein. »Ich an eurer Stelle würde mir gut überlegen, ob ich mit so einer Story an die Öffentlichkeit gehe. Denn schließlich hat keine von euch was gemerkt.«
Kim und Jennifer warfen sich einen hasserfüllten Blick zu, aber immerhin verstummte diese idiotische Diskussion. Doch die Atmosphäre war auch nach dem Englischunterricht noch angespannt.
Die große Pause verbrachten wir auf Anordnung der Schulleitung im Klassenzimmer, weil die Journalisten das Feld immer noch nicht geräumt hatten. Die Ereignisse der vergangenen Woche waren weiter das Gesprächsthema und einige wollten von mir wissen, was am Freitagnachmittag denn geschehen sei, aber ich hielt meinen Mund. Nora saß verkniffen auf ihrem Platz und tat so, als ob sie in ihren Büchern lese. Sie hatte verständlicherweise auch kein Interesse, ihre Version der Geschichte zum Besten zu geben. Das hätte wohl auch noch jeden Rest an Sympathie bei ihren Mitschülerinnen weggesprengt. Zum Glück kamen aber irgendwann andere Gesprächsthemen auf. In der Umkleidekabine der Sporthalle erzählte Irina, dass sie am Wochenende mit ihren Eltern auf einer Feier der russischen Botschaft gewesen sei, und Kim wurde gleich neugierig, weil sie meinte, das wäre doch der richtige Ort, um sich einen reichen Mann zu angeln.
»So einen Abramowitsch. Das wäre cool! Der würde einem das Leben vergolden«, schwärmte sie. Jennifer verdrehte die Augen und raunte Coco eine Bemerkung zu. »Kannst du mich nicht mal auf so eine Feier mitnehmen, Irina?«, fragte Kim.
»Da waren gar keine reichen Männer«, sagte Irina. »Okay, vielleicht ein oder zwei. Aber die waren in Begleitung ihrer Frauen da.«
»Ihrer zukünftigen Exfrauen, meinst du wohl.« Kim kicherte. »Wenn die Männer so was haben können«, sie zeigte stolz an sich hoch und runter, »dann vergessen sie die anderen Tussen ganz schnell.«
»Niemals«, murmelte Jennifer giftig. »Welcher Milliardär würde dich nehmen, wenn er jede Menge Supermodels haben kann?«
»Das ist eine Frage des Stils, Jennifer«, gab Kim spitz zurück und schüttelte ihr blondes Haar mit den schwarzen Strähnen. »Aber davon verstehst du natürlich nichts.«
»Nächste Woche Donnerstag gibt meine Tante eine kleine Weihnachtsfeier«, sagte Irina langsam. »Da kommen viele Geschäftsleute. Da könntest du mitkommen, Kim.«
»Echt jetzt?«, fragte Kim begeistert. »Das wäre doch Wahnsinn. Dann suche ich mir dort einen Partner für den Schulball.«
»Was für ein Schulball?«, fragte ich ahnungslos. Alle starrten mich an. »Hey«, sagte ich. »Ich bin neu hier, vergessen?«
»Der Schulball ist seit über zwanzig Jahren eine Institution«, klärte mich Jennifer auf. »Jedes Jahr an dem Samstag vor den Weihnachtsferien veranstaltet die Schule einen Ball für die Oberstufe und die Ehemaligen. Und jedes Mädchen darf einen Begleiter mitbringen.«
Einen Begleiter mitbringen. Sofort sah ich Enzo und mich über das Tanzparkett schweben. Nicht dass ich Walzer oder so einen Schrott tanzen könnte. Ich hatte mich standhaft geweigert, als meine Mutter mich in eine Tanzschule schleifen wollte, die tatsächlich der Ansicht war, jeder sollte Walzer tanzen können. Aber es wäre so schöööön, dort mit Enzo zusammen sein zu können! Und romantisch. Und bis dahin hätte ich es auf jeden Fall durchgezogen, ihn bei meinen Eltern als Freund vorzustellen und ihn gleichzeitig als Bodyguard zu behalten.
»Die Einnahmen werden für einen wohltätigen Zweck gespendet«, erläuterte Alina.
»Und es ist ein Kostümball«, rief Diana.
Ratsch! Die Traumsequenz von Enzo und mir riss ab. »Ein Kostümball?«, fragte ich skeptisch. Mal ehrlich: Wie albern war das denn? »Und als
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