Gefaehrliche Gefuehle
starrte sie an. »Mein Vater hat dir gesagt, du sollst aufpassen, dass ich nichts Verbotenes tue?«
Sie nickte.
»Na, keine Sorge«, brummte ich. »Ich hole nur was ab.« Was dachte mein Vater eigentlich von mir? Ich musste mal ein ernstes Wörtchen mit ihm reden. Tsess. Ich klopfte.
»Wer ist da?«, fragte Lars von innen. Er klang irgendwie alarmiert.
»Natascha, die Schwester von Bastian.«
Die Tür wurde einen Spalt geöffnet. Lars streckte seine Nase heraus. Er war klein und kräftig, seine Locken kräuselten sich wie immer unter seiner speckigen Armycap hervor. Er hielt eine Eisenstange in der Hand. Er checkte die Umgebung, dann beäugte er Hedi misstrauisch.
»Das ist nur mein Bodyguard«, sagte ich.
»Du hast einen Bodyguard? Scheiße, wieso das denn?« Er klang aufgewühlt. Und ängstlich.
»Übertriebene Vorsichtsmaßnahme meiner Eltern«, seufzte ich. »Kann ich reinkommen?«
Er gab den Durchgang frei und legte die Eisenstange auf einem alten Drehstuhl ab. In der Garage roch es durchdringend nach Klebstoff. Hedi schnüffelte und erstarrte. Unwillkürlich fasste sie sich an die Schulter. Dann fing sie sich und fragte förmlich: »Frau Sander, ist es Ihnen recht, wenn ich von dieser Position Ihre Sicherheit gewährleiste?« Sie baute sich im Türeingang auf.
»Natürlich«, sagte ich erleichtert. »Sehr sogar.« Aversion gegen den Geruch von Lösungsmitteln, notierte ich mir im Gedächtnis. Musste ich mir merken, falls ich sie noch einmal loswerden wollte. Ich folgte Lars zur anderen Seite der Garage, wo auf einem Ständer ein Surfbrett lag, was offensichtlich gerade repariert wurde. »Kannst du mir erklären, was hier heute los ist?«, fragte er. »Und wer dieser unheimliche Kerl war?«
»Was für ein Kerl?«, fragte ich alarmiert. »Ich wollte nur ein paar Sachen von Bastian abholen.«
Lars zeigte auf die Wand, wo Bastis alter Kleiderschrank stand, dessen Tür nur noch an einem Scharnier baumelte. »Das wollte dieser Russe auch.«
Ein Schauder lief mir über den Rücken und ich bekam Gänsehaut. »Ein Russe war hier?«, hauchte ich.
Lars nickte. »Fast zwei Meter groß. Solche Arme.« Er umfasste einen imaginären Baumstamm. »Von oben bis unten tätowiert. Tiefe Stimme.« Lars verstellte die Stimme und sagte mit russischem Akzent: »Du, wooo ist Schrrrank von Bastian Sander?« Mit normaler Stimme sagte er: »Ich habe nicht einen Pieps gesagt, sondern nur stumm darauf gezeigt.«
»Scheiße.«
»Das kannst du laut sagen. Er hat gesagt, ich soll Bastian sagen, Dimitri war da.« Lars strich über eine Stelle an dem Board, die er gerade geklebt hatte, nahm sich ein Schmirgelpapier und fing an, damit wie ein Besessener zu schmirgeln, dass der Staub nur so flog. »Ich mach das nur noch schnell fertig, dann hau ich ab«, murmelte er.
»Hat dieser Dimitri denn was gefunden?«, fragte ich.
»Ich würde mal tippen, nein. Denn er hat den Schrank aufgemacht, alles rausgeschmissen, dann Scheiße gesagt und noch irgendwas auf Russisch, dann hat er wütend den Schrank zugedonnert.« Er zeigte auf die demolierte Tür. »Sag deinem Bruder, er soll das in Ordnung bringen. Ich will nicht noch mal Besuch von diesem Typen haben!«
»Mach ich«, sagte ich und versuchte, meine Stimme nicht zittern zu lassen. »Also dann, Tschüss.«
»Mach die Tür hinter dir zu«, mahnte Lars.
Als ich hinter Hedi nach draußen trat, war mir äußerst mulmig zumute. Die Russenmafia war schon hier gewesen. Vielleicht beobachtete dieser Dimitri gerade jetzt die Garage. Ich war froh, als wir wieder im Auto saßen.
»Kannst du eigentlich auch Kampfsport? Karate oder Kickboxen oder Krav Maga oder so?«
»Ja«, antwortete sie knapp.
»Und wenn da so ein, sagen wir mal, Zweimetermann käme. Könntest du dann gegen den was ausrichten?«
»Das Wichtigste ist, Gefahrensituationen im Voraus zu erkennen und zu vermeiden«, dozierte Hedi.
Na super! Tolle Antwort. »Aber wenn man ganz unvermittelt in Gefahr kommt, was dann?«
»Dann werde ich Ihnen zu helfen wissen«, sagte sie ruhig. Ich seufzte. Wie toll wäre es, wenn Enzo bei mir wäre! Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Hedi auch nur das Geringste gegen diesen Dimitri ausrichten könnte. Na ja. Aber mit einer Sache hatte sie recht: Ich sollte alles tun, damit Dimitri mich gar nicht erst ins Fadenkreuz nehmen würde. Ich musste so schnell wie möglich die Tasche finden und Philipp zurückgeben. Auf dem ganzen Weg nach Hause grübelte ich, wo sie sein könnte. Bastian hatte so
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