Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefaehrliche Gefuehle

Gefaehrliche Gefuehle

Titel: Gefaehrliche Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
Vom Netzwerk:
wäre. Sie saß am Küchentisch in ihrer ganzen Pracht. Die schwarzen Haare aufgesteckt, eine anthrazitfarbene Strickjacke mit weißem fellbesetztem Kragen, der ihr aufdringliches Dekolleté umrahmte. Vor ihr eine Packung Taschentücher. Sie hatte rot geränderte Augen. Offensichtlich hatte sie geweint. Aber natürlich kein richtiges Heulen von Herzen, sondern ein Ich-zeige-dir-wie-verletztich-bin-und-trotzdem-wunderschön-bitte-nimm-mich-zurück-Weinen. Ihre getuschten Wimpern flatterten kurz auf, als sie mich sah.
    »Hi! Ich bin Natascha«, sagte ich und streckte ihr die Hand hin. »Enzos Freundin«, fügte ich hinzu, aber leider gingen die Worte in dem Geschepper der Tasse unter, die ich beim Handausstrecken zu Boden geworfen hatte. Sie zersprang in tausend Scherben. Mist! Ich schaute verlegen auf den Kaffeesee mit den weißen Scherbenbooten und ließ ein dümmliches »Ups« verlauten. Violetta stand auf und zog gezielt aus einer Schublade im Küchenschrank einen Handfeger. Natürlich, dachte ich. Sie kannte sich in Enzos Wohnung bestens aus. Bediente sich selbst am Kühlschrank. Wusste, wo der Handfeger war. Und vermutlich auch, wo seine Unterhosen waren. Eine Welle des Grolls stieg in mir auf, als Violetta sich mit einem mitleidigen Lächeln zu mir umdrehte und mir den Handfeger in die Hand drückte. Enzo hatte eine Küchenrolle geholt und begann, den Kaffee damit aufzuwischen. Ich hockte mich neben ihn und fegte die Scherben zusammen. So hatte ich mir den Besuch bei Enzo nicht ausgemalt. Enzo schmiss das vollgesogene Papier in den Mülleimer und stellte uns noch einmal offiziell vor: »Violetta, das ist Natascha. Natascha, das ist Violetta.«
    Wie ich da auf dem Boden kauerte, kam ich mir vor wie Aschenputtel und Violetta wie die böse Stiefschwester. Deswegen betonte ich noch mal: »Ich bin Enzos Freundin.« Irgendwie schien mir das bisher noch nicht klar genug gemacht worden zu sein.
    »Hallo, Natascha«, sagte Violetta völlig unbeeindruckt.
    »Hallo, Violetta«, sagte ich ebenso kühl. Violetta setzte sich wieder an den Tisch und goss sich eine weitere Tasse Kaffee ein, während ich den letzten Rest meines Malheurs beseitigte. Dabei überlegte ich, was ich jetzt tun sollte. Natürlich ging ich keiner Auseinandersetzung aus dem Weg. Schon gar nicht mit so einer doofen Schnepfe, die sich an meinen Freund ranmachte. Auf der anderen Seite wollte ich auf keinen Fall ein erneutes Eifersuchtsdrama abliefern. Ich wollte ruhig und gelassen und erwachsen und unkompliziert sein. Deswegen schüttete ich die Scherben in den Mülleimer, legte Handfeger und Kehrblech weg und sagte souverän: »Ich muss wieder los. Wollte nur kurz mal Hallo sagen. Tschüss, Violetta.«
    Sie trank erst in Ruhe einen Schluck, dann setzte sie die Tasse ab, nickte mir zu und sagte: »Ciao.« Es klang so ölig wie ein Salatdressing. Ich ging zur Tür, Enzo folgte mir. Im Treppenhaus warf ich ihm einen fragenden Blick zu. Ich wollte ihm vertrauen, aber trotzdem gefiel es mir nicht, dass seine Ex zum Kaffee vorbeischaute und er es mir am liebsten verheimlicht hätte.
    »Sie braucht jemanden zum Reden«, flüsterte er mir zu. »Ihre Eltern lassen sich scheiden.«
    »Und wieso ist das dein Problem?«, fragte ich leise. »Sie hat doch einen Freund.«
    »Von dem hat sie sich getrennt.«
    »Na, was für ein Glück, dass sie dich hat«, sagte ich spitz. »Schade, dabei wollte ich mit dir feiern, dass ich dich jetzt ganz offiziell besuchen darf, wann immer ich will.«
    »Echt?«, rief er erfreut. »Sind deine Eltern einverstanden?«
    »Jep.« Ich drehte mich um und ging zur Treppe.
    »Wollen wir uns nachher treffen?«, fragte er.
    »Ich weiß nicht«, sagte ich eingeschnappt.
    »Hey Natascha«, rief er mir leise hinterher.
    Ob ich es wollte oder nicht, die heiße Hühnersuppe fing sofort wieder an, in mir zu brodeln. Ich drehte mich zu ihm um.
    »Ich vermisse dich«, sagte er leise.
    »Ich dich auch«, sagte ich und wäre am liebsten wieder zurückgelaufen und hätte ihn noch mal geküsst, aber da rief Violetta von drinnen: »Enzo, wo hast du denn die Cantuccini versteckt? Im Schrank sind sie gar nicht!« Das Wort Cantuccini sang sie mehr, als dass sie es sprach.
    »Hilf ihr lieber schnell, bevor sie wieder anfängt zu flennen«, sagte ich zu Enzo und wusste, wie biestig es klang.
    »Natascha«, sagte Enzo noch einmal, aber ich winkte nur und lief die Treppe runter. Es war seine Entscheidung, was ihm wichtiger war. Dass Violetta ihre Cantuccini bekam

Weitere Kostenlose Bücher