Gefaehrliche Liebe
Wange. Als er sich zurückzieht, die Finger in meinen Arm gräbt und mir ins Gesicht lächelt, wage ich es, die Brauen zu heben. Sie stellen die Frage, die ich nicht über die Lippen bringe.
Habe ich es geschafft? Hat es gereicht? Hat es gereicht, dass ich dir alles gegeben habe, dass ich das Spiel weitergespielt und versprochen habe, Peeta zu heiraten ?
Zur
Antwort schüttelt er fast unmerklich den Kopf.
6
In dieser winzigen Bewegung erkenne ich das Ende der Hoffnung, die beginnende Zerstörung all dessen, was mir lieb ist auf der Welt. Ich habe keine Ahnung, wie meine Strafe ausfällt, wie weit das Netz ausgeworfen wird, doch am Ende wird höchstwahrscheinlich nichts mehr übrig sein. Also sollte man meinen, dass ich in diesem Moment am Boden zerstört sein müsste. Aber es ist ganz merkwürdig. Ich empfinde vor allem eine Art Erleichterung. Dass ich das Spiel aufgeben kann. Dass die Frage, ob ich dieses Unternehmen gewinnen kann, beantwortet ist, selbst wenn die Antwort ein dröhnendes Nein ist. Und wenn verzweifelte Zeiten verzweifelte Maßnahmen erfordern, dann kann ich mich so verzweifelt aufführen, wie ich will.
Allerdings nicht hier, noch nicht jetzt. Das Wichtigste ist, dass ich zurück in den Distrikt 12 komme, denn zu meinem Plan werden auf jeden Fall meine Mutter und meine Schwester, Gale und seine Familie gehören. Und Peeta, wenn ich ihn überreden kann mitzukommen. Auch Haymitch setze ich auf die Liste. Das sind die Menschen, die ich mitnehmen muss, wenn ich in die Wildnis fliehe. Wie ich sie überzeugen soll, wo wir im tiefsten Winter hinkönnen, was es bedeutet, auf der Flucht zu sein, das sind unbeantwortete Fragen. Aber wenigstens weiß ich jetzt, was zu tun ist.
Anstatt also weinend zu Boden zu sinken, merke ich, dass ich so aufrecht und selbstbewusst dastehe wie seit Wochen nicht. Mein Lächeln ist zwar etwas idiotisch, aber nicht gezwungen. Und als Präsident Snow das Publikum zum Schweigen bringt und sagt: »Was halten Sie davon, wenn die beiden hier im Kapitol ihre Hochzeit feiern?«, da verwandle ich mich mühelos in das Mädchen, das vor Freude fast ausrastet.
Caesar Flickerman fragt den Präsidenten, ob er schon einen Termin ins Auge gefasst habe.
»Oh, ehe wir uns auf einen Termin festlegen, sollten wir uns lieber mit Katniss' Mutter einigen«, sagt der Präsident. Das Publikum grölt und der Präsident legt einen Arm um mich. »Wenn alle im Land es ganz fest wollen, dann kommst du vielleicht unter die Haube, bevor du dreißig bist.«
»Wahrscheinlich müssen Sie dafür ein neues Gesetz erlassen«, sage ich kichernd.
»Wenn's weiter nichts ist«, sagt der Präsident mit einem verschwörerischen Grinsen.
Ach, wie wir zwei uns miteinander amüsieren.
Das Fest, das im Bankettsaal von Präsident Snows Anwesen stattfindet, sucht seinesgleichen. Die weit über zehn Meter hohe Decke ist in einen Nachthimmel verwandelt worden und die Sterne sehen genauso aus wie zu Hause. Vom Kapitol aus sehen sie vermutlich auch so aus, aber wer weiß? In der Stadt ist immer zu viel Licht, um die Sterne zu sehen. Irgendwo in der Mitte zwischen dem Fußboden und der Decke schweben die Musiker auf etwas, das aussieht wie bauschige weiße Wolken, aber ich kann nicht erkennen, was sie in der Luft hält. Statt der großen Tische sind überall im Saal Sofas und Sessel gruppiert, einige um Kamine herum, andere an duftenden Blumengärten oder Teichen mit exotischen Fischen, und die Gäste können in aller Bequemlichkeit essen und trinken und tun, was ihnen gefällt. In der Mitte des Saals ist eine große geflieste Fläche, die zum Tanzen, als Bühne für die unterschiedlichsten Künstler und einfach als Treffpunkt für die extravagant gekleideten Gäste dient.
Doch der eigentliche Star des Abends ist das Essen. Tafeln voller Köstlichkeiten sind an den Wänden entlang aufgebaut. Alles, was man sich nur vorstellen kann, steht dort bereit, Speisen, die man sich nie hätte träumen lassen. Ganze gebratene Rinder, Schweine und Ziegen, die sich noch am Spieß drehen. Riesige Platten mit Geflügel, gefüllt mit herrlichen Früchten und Nüssen. Meerestiere, die mit Soßen beträufelt sind oder darauf warten, in würzige Dips getunkt zu werden. Zahllose Käsesorten, verschiedene Brote, Gemüse, Desserts; Kaskaden von Wein und Ströme von Spirituosen, auf denen die Flammen züngeln.
Mit meinem Kampfgeist ist auch mein Appetit wieder erwacht. Nachdem ich wochenlang vor lauter Sorgen kaum essen konnte, habe ich
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