Gefaehrliche Liebe
errungen.
Seitdem waren die Bewohner des Kapitols ihm verfallen.
Aufgrund seiner Jugend durften sie ihn in den ersten ein, zwei Jahren nicht anrühren. Aber seit er sechzehn ist, wird er während seiner alljährlichen Aufenthalte im Rahmen der Hungerspiele von glühenden Verehrerinnen geradezu belagert. Keiner schenkt er seine Gunst lange. Manchmal hat er in einem Jahr vier oder fünf Liebschaften nacheinander. Ob alt oder jung, hübsch oder hässlich, reich oder megareich - er leistet ihnen Gesellschaft und nimmt ihre extravaganten Geschenke an, aber er bleibt nie, und wenn er einmal fort ist, kommt er nie zurück.
Ich kann nicht bestreiten, dass Finnick einer der umwerfendsten und sinnlichsten Menschen auf unserem Planeten ist. Und doch ist es die Wahrheit, wenn ich sage, dass ich ihn nie anziehend fand. Vielleicht, weil er zu hübsch ist, vielleicht auch, weil er zu leicht zu haben ist - oder zu leicht zu verlieren.
»Nein danke«, sage ich zu dem angebotenen Zucker. »Aber dein Outfit würd ich mir gern irgendwann mal ausleihen.«
Er ist nur in ein goldenes Netz gehüllt, das geschickt in der Leiste zusammengeknotet ist, sodass man ihn streng genommen nicht als nackt bezeichnen kann. Viel nackter könnte er aber nicht sein. Sein Stylist hält es offenbar für vorteilhaft, wenn das Publikum so viel wie möglich von Finnick zu sehen bekommt.
»In dieser Aufmachung jagst du mir echt Angst ein. Was ist aus den hübschen Kleinmädchen-Kleidern geworden?«, fragt er. Er benetzt mit der Zunge leicht die Lippen. Wahrscheinlich macht das die meisten Leute völlig verrückt. Aber aus irgendeinem Grund muss ich an den alten Cray denken, der über einer armen, hungernden jungen Frau geifert.
»Bin rausgewachsen«, sage ich.
Finnick fasst an den Kragen meines Overalls und reibt den Stoff zwischen den Fingern. »Zu dumm, diese Sache mit dem Jubiläum. Du hättest im Kapitol wie die Made im Speck leben können. Schmuck, Geld, alles, was du willst.«
»Ich mag keinen Schmuck, und Geld habe ich mehr, als ich ausgeben kann. Wofür gibst du deins denn so aus, Finnick?«, frage ich ihn.
»Och, mit so gewöhnlichen Dingen wie Geld habe ich seit einer Ewigkeit nichts mehr am Hut«, antwortet er.
»Und womit lässt du dir dann das Vergnügen deiner Gesellschaft vergüten?«, frage ich.
»Mit Geheimnissen«, sagt er sanft. Er neigt den Kopf nach vorn, sodass sich unsere Lippen fast berühren. »Was ist eigentlich mit dir, Mädchen in Flammen? Hast du irgendwelche Geheimnisse, die meine Zeit wert wären?«
Aus irgendeinem albernen Grund werde ich rot, aber ich zwinge mich, nicht zurückzuweichen. »Nein, ich bin ein offenes Buch«, flüstere ich zurück. »Anscheinend glaubt jeder, meine Geheimnisse zu kennen, bevor ich selbst sie kenne.«
Er lächelt. »So leid es mir tut - aber ich glaube, das stimmt.« Sein Blick zuckt zur Seite. »Da kommt Peeta. Schade, dass ihr eure Hochzeit abblasen müsst. Ich weiß, wie niederschmetternd das für dich sein muss.« Er wirft sich noch einen Zuckerwürfel in den Mund und schlendert davon.
Peeta stellt sich neben mich, er ist genauso gekleidet wie ich. »Was wollte der denn?«, fragt er.
Ich drehe mich um, bringe meine Lippen ganz nah an Peetas und senke die Lider genau wie Finnick. »Er hat mir Zucker angeboten und wollte alle meine Geheimnisse erfahren«, sage ich, so verführerisch ich kann.
Peeta lacht. »Igitt. Das gibt's doch nicht.«
»Oh doch«, antworte ich. »Den Rest erzähl ich dir, wenn die Gänsehaut weg ist.«
»Meinst du, wenn nur einer von uns beiden gewonnen hätte, wären wir auch so geendet?«, fragt er und wirft einen Blick auf die anderen Sieger. »Als Teil dieser Freakshowr?«
»Na klar. Vor allem du«, sage ich.
»Ach, und warum vor allem ich?«, fragt er und lächelt.
»Weil du eine Schwäche für die schönen Dinge hast und ich nicht«, sage ich mit einem Anflug von Überlegenheit. »Wenn sie dich mit der Lebensart des Kapitols locken würden, wärst du vollkommen verloren.«
»Einen Sinn für Schönheit zu haben, ist doch keine Schwäche«, sagt Peeta. »Außer vielleicht, was dich betrifft.« Die Musik beginnt, die großen Tore öffnen sich für den ersten Wagen, die Menge tobt. »Wollen wir?« Er reicht mir die Hand und hilft mir auf den Wagen.
Ich klettere hinauf und ziehe ihn nach. »Halt still«, sage ich und richte seine Krone. »Hast du deinen Overall in eingeschaltetem Zustand gesehen? Wir werden wieder fantastisch aussehen.«
»Und ob.
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